Türchen 2 einKrankesWurst

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Island, Weihnachten 1998

„Jonathan!" Der kleine Junge lachte und umarmte die Beine der Frau, die in einem dunkelvioletten, langen Rock steckten, denn dort kam er gerade an.

„Tante Runa!" Er schielte zu ihr hoch, präsentierte in einem stolzen Grinsen seine erste Zahnlücke.

„Oh Johnny!", rief sie aus. „Dann bist du ja jetzt ein großer Junge."

„Das bin ich doch schon vorher gewesen."

„Aber natürlich, Schatz. Wo ist dein Vater?"

„Er ist draußen, im Garten. Er baut einen Schneemann für mich", erklärte Jonathan. Tante Runa lächelte und strich ihrem Neffen durch die blonden Haare.

„Wie lieb von ihm. Dann werde ich ihn erst einmal begrüßen, und du", sie tippte seine Nase mit ihrem kalten Finger an, „du gehst deiner Mutter in der Küche helfen. Und danach spielen wir etwas, Deal?" Jonathan nickte begeistert.

„Deal!" Während Tante Runa im Garten ihren Bruder begrüßte, und ihm half, den Schneemann für Jonathan zu bauen, begab sich der Junge in die Küche, zu seiner Mutter.

„Mama!" Sie drehte sich um und lächelte, wischte die Hände an der Schürze ab, die sie trug.

„Hallo, mein Schatz."

„Tante Runa ist da!"

„Ich weiß, Liebling. Ich habe ihr doch eben die Tür geöffnet." Jonathan schien für ein paar Sekunden zu überlegen, zuckte dann jedoch mit den Schultern und streckte seine Arme in die Höhe, damit seine Mutter ihn auf den Arm nahm. „Dafür bist du eigentlich schon zu schwer", lachte sie, nahm ihn aber trotzdem hoch.

„Mir egal. Du Mama, Tante Runa, wieso kommt sie immer allein?" Seine Mutter lächelte ihn zaghaft an.

„Nun ja, sie ist ein wenig anders. Sie ist mit einer anderen Frau zusammen, verstehst du?"

„Also so als wäre Paps eine Frau und ihr wärt trotzdem verheiratet?"

„Ja genau, Liebling. Nur dass sie nicht verheiratet sind."

„Oh, warum denn nicht?" Jonathan legte den Kopf schräg.

„Weil ... sieh mal, Schatz, viele Menschen sind der Meinung, dass das falsch ist. Eine Beziehung mit einer Person gleichen Geschlechts. Also bei dir zum Beispiel Hannes." Jonathan kicherte.

„Aber Mama, Hannes und ich sind doch beste Freunde. Wir küssen uns doch nicht. Stell dir das nur mal vor." Sie schmunzelte.

„Naja, aber wenn. Wenn du in ihn verliebt wärst, und er in dich. Daran wäre nichts falsch, aber manche Menschen verstehen das nicht so ganz. Dein Vater ist kein Fan von Homosexualität."

„Was ist denn jetzt schon wieder Homo ... Homo ..."

„Homosexualität, Schatz. Das ist das, von dem wir die ganze Zeit reden. Wenn ein Mann einen anderen Mann liebt, oder eine Frau eine andere Frau."

„Oh."

„Nun ja, ich weiß von ihrer Beziehung zu Emma, ich habe die beiden gesehen als sie ... naja und dann-"

„Als sie was?", unterbrach Jonathan.

„Als sie Sex hatten."

„Was genau ist Sex, Mama?"

„Das erkläre ich dir ein anderes Mal, Liebling. Also, ich habe sie gesehen und dann hat sie mir alles erzählt und auch, dass es ihrem Bruder, deinem Vater, nicht sonderlich gefallen würde. Sie hat mich gebeten, es niemandem zu sagen. Also musst du es für dich behalten, okay Johnny? Versprochen?" Sie hielt ihm ihren kleinen Finger hin. Er hakte seinen ein.

Adventskalender || Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt