Quatre.

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Angefressen stand ich am Flughafen und wartete darauf, dass man mich abholte. Nur aus irgendeinem Grund kam kein Mensch. Ich rief auch schon gefühlt zum 20ten mal Raphael und Judith an, aber die nahmen nicht ab. Ich schnappte mir meinen Koffer und lief zu den Taxis, bis ich lautes gekreische und Jujus Songs von weitem hörte. Als sie dann vor mir standen, die übertriebene Weibergruppe die ich schon seit Jahren immer wieder versuchte zu meiden, wurde ich erstmal lauthals begrüßt. Ich wusste doch auch nicht wieso Juju mit mir befreundet war. Ich passte absolut nicht in ihre Welt. Naja, abgesehen von ihren irren Freundinnen, war sie ja wirklich Lieb und hörte immer zu, unterstützte mich bei meinen Plänen und konnte einiges aus mir raus holen.
Jedenfalls wurde mir erstmal Sekt in die Hand gedrückt und dann wurde ich auch schon in das große Auto gedrängt, in dem die Party von ihnen weiter ging.

An der Villa angekommen war ich doch schon sehr erstaunt. Ich wusste ja was ich da gebucht hatte, allerdings es nochmal in echt zu sehen war ein ganz anderes Kaliber. Juju brachte mich direkt in die Küche, wo dann auch schon Raf, Hadi und Shaho waren. Raf kochte grade Pasta und es roch köstlich. Hadi drehte sich natürlich einen Joint und Shaho sah sich vermutlich das Rohmaterial an, das er später nur noch editen musste. „Ma Chérie! Endlich bist du da." Raphael ließ sofort alles stehen und liegen, nur um mich in eine Umarmung zu ziehen. „Hadi ist komplett verloren ohne dich! Er braucht dringend dein Nüchternes Köpfchen." seine Stimme und sein lachen im Anschluss vibrierte durch meinen Körper und ließ mich tatsächlich total weich werden. „Hab gehört John hat gut auf dich aufgepasst?" er hielt mich an den Armen fest und musterte mich. Er grinste und zwinkerte dabei. Das einzige was ich konnte war dabei rot anzulaufen. Ich erinnerte mich nicht gerne daran zurück.
In den letzten Tagen war ich mehr betrunken, wie ich in meinem ganzen Leben jemals war! Und ich war zuvor tatsächlich noch nie betrunken. Und ich hatte mehr Sex mit Bonez als mir lieb war. Oh Gott, ich hoffte nur das Raf nichts davon wusste.
„Hab ich was verpasst? Muss ich John doch ne Bombe geben?" Raphael musterte mich, grinste dabei trotzdem. Ich schüttelte nur den Kopf. „Dann ist ja gut. Ich freu mich auf jeden Fall dass du nun hier bist Chérie. Ich mache grade Pasta al Tonno, hast du Hunger?" diesmal nickte ich und freute mich total auf die Nudeln. Natürlich begrüßte ich noch die anderen beiden und unterhielt mich erstmal locker mit den Männern, während die Weiber zum Pool gingen und sich bräunten bis das Essen fertig war.

An meinem ersten Tag hier in Dubai, durfte ich von meinem Chef aus erstmal ankommen und mich entspannen. Sie hatten sowieso einen Offday geplant, so kam ich ihnen ganz recht. Ich hatte mich dann auch mal umgezogen und hatte den Bikini den Kay mir ausgesucht hatte angezogen. Ich band mir noch ein weißes durchsichtiges Tuch um die Hüfte damit ich mich noch einen kleinen ticken wohler fühlte.
Etwas eingeschüchtert tapste ich auf die Terrasse, noch hatte mich keiner bemerkt, also schlich ich leise weiter zu den Liegen. „Erina! Oh la la! Heiß siehst du aus, so hab ich dich ja noch nie gesehen!" Juju pfiff mir hinterher und auch ihre Mädels jubelten zustimmend. Ich sah mich um und entdeckte Raf und Hadi auf dem Balkon stehen, sie rauchten eine Zigarette und sahen zu uns runter. „Steht dir wirklich!" rief Hadi und zwinkerte mir zu. Ich nickte nur schüchtern und legte mich auf die Liege um die Sonnenstrahlen einsaugen zu können. Doch ich hatte ständig das Gefühl beobachtet zu werden und das Gefühl gefiel mir nicht. Trotzdem versuchte ich mir einen schönen Tag zu machen.
Es wurde um mich herum ruhiger, fast schon meditativ. Ich war lange nicht mehr von zuhause weg und genoss die Zeit hier, auch wenn ich größtenteils mehr arbeiten musste.

Ich schreckte auf als sich plötzlich starke Arme um meinen Körper schlängelten. Rafs breites Grinsen entging mir nicht als ich bemerkte das er grade dabei war, mit mir auf den Armen, auf den Pool zu zu rennen. „Nein bitte nicht!" rief ich panisch, doch es war zu spät. Das kühle Wasser umhüllte meinen Körper. Raphael, an den ich mich vor einigen Sekunden festgeklammert hatte wie ein Äffchen war nicht mehr da. Mein Körper versteifte sich und natürlich bekam ich keine Luft. Panik breitete sich in mir aus, die Dunkelheit überkam mich langsam und ein Schatten legte sich über mich.
Etwas griff um meine Taille und zog mich mit sich. Ich hatte keine Ahnung in welche Richtung, Aber irgendwie fühlte ich mich dabei wohl und schloss die Augen.

„Atme! Komm schon! Atme, verdammt!"
Ich hustete und atmete tief Luft ein. Mein Hirn und meine Lunge füllten sich mit Sauerstoff, mein Herz schlug kräftig gegen meinen Brustkorb. Meine Brust schmerzte. Ich blinzelte benommen gegen die Sonne und dann schob sich Raphael in mein Blickfeld. „Scheiße, Gott sei dank." er riss mich sofort hoch und drückte mich fest an sich. „Boah, ich dachte schon wir haben dich verloren." sagte Hadi und ging in die Hocke um mich zu mustern. Plötzlich griff jemand meine Hand, Judith sah kreide bleich aus, aber auch erleichtert. Raf hatte mich noch immer nicht los gelassen, mittlerweile bemerkte ich das er irgendwas auf Französisch murmelte. Ich drückte ihn sanft von mir weg und sah ihm in die Augen. „Es tut mir so leid! Ich hab dich fast ersaufen lassen." wieder drückte er mich an sich ran. Diesmal legte ich meine Hände an seinen Rücken um ihn beruhigend über den Rücken zu fahren. „Herzdruckmassage und Mund zu Mund Beatmung sind wirkliche Lebensretter. Gott sei Dank hat dein Boss früh genug geschalten, nachdem Juju gesagt hat das du nicht schwimmen kannst."
Mund zu Mund... Ich war noch tot und das würde ich mir sicher nur vorstellen. Da war ich mir ganz sicher. „Komm wir bringen dich mal aufs Zimmer." sagte Hadi nun und so bewegte sich Raf auch endlich. Ich lebte.

„Er hat was?! Er hatte seine Lippen auf deinen und du warst nicht da?!" Kay flippte grade völlig aus. „Entschuldige, dass ich grade mit dem Tod gekämpft habe!" ich rollte mit den Augen. „Ach... Eri, vielleicht tust du nächstes mal einfach nur so." ich sah Kay böse durch mein Handy an, doch er grinste nur wie ein Engel. „Hach, ich liebe Facetime, da kannst du mich nicht schlagen." grinste er und ich rollte wieder mit den Augen, schmunzelte aber trotzdem.
Plötzlich klopfte es an der Tür und Raphaels Kopf lugte herein. „Ich muss auflegen." und ohne auf eine Antwort zu warten, drückte ich Kay weg. „Alles Okay?" fragte er und ich nickte mit einem lächeln. „Bonez ist am Handy, der würde dich gerne sprechen." sagte er und ich nickte erneut. Dann kam er langsam herein, reichte mir sein Handy und setzte sich neben mich auf das Bett.
„Hallo?"
„Ey, was machstn du für Sachen?" Johns besorgte Stimme drang durch den Hörer.
„Ich sollte wohl mal dringend Schwimmenlernen, oder?" ein unsicheres lachen tönte aus meinem Mund und ich sah im Augenwinkel Raphael streng nicken.
„Mach mal laut, Mäuschen." ich zögerte für einen Moment, doch drückte auf Lautsprecher.
„Yo Raf, bring ihr Schwimmen bei! Das geht mal gar nicht fit, dass du sie mir nach nicht mal einem Tag fast umbringst, während ich sie in all der zeit wo du nicht da warst ablenken und aufpassen musste!" Johns Stimme hatte einen hauch von Humor, so dass wir wussten, dass er es nicht Ernst meinte.
„Ablenken? Wieso ablenken? Ist was passiert?" fragte Raphael sofort, ohne auf den Rest einzugehen. Oh Mist.
„Äh... Äh... Ne-Nein! Alles war gut! John und ich hatten viel Spaß zusammen, da hab ich ein bisschen meine Arbeit vergessen." log ich und ritt mich dabei immer mehr in die Scheiße.
„Spaß? Warte mal, warte." Raf schüttelte verwirrt den Kopf und sah mir in die Augen. Seine dunklen Knopfaugen sahen... enttäuscht aus?
„Ey Raf, es-..."
„Ich ruf dich zurück Bonez." er schnappte sich sein Handy und legte auf.
„Du und Bonez also." er wirkte kalt, viel zu kalt. So hatte ich ihn zuletzt erlebt, da hatte ich frisch bei Indipendenza angefangen. „Nein! Nein, um Gottes Willen nein!" rief ich sofort aus, doch ich musste mich korrigieren, denn ich wollte ihn auch nicht anlügen. „Also doch, ja aber es war nichts ernstes und... und ich war immer total betrunken! Ich weiß nicht... Keine Ahnung warum grade er... Ich-..."
„Schon gut. Wir klären das noch." er stand ruckartig auf, dabei zerdrückte er fast sein Handy, seine Fingerknöchel wurden schon ganz weiß. Er stapfte dann einfach aus meinem Zimmer raus und knallte die Tür hinter sich zu.
Nun saß ich da und war das kleine Flittchen. Aber wieso hatte er so reagiert?

Ich tapste grade den Flur entlang, ich wollte nämlich in die Küche um mir was zum trinken zu holen. Grade als ich die Treppe erreicht hatte, hörte ich eine tiefe Stimme und wie mein Name fiel. „Erina wird noch wegen dir kündigen!" verwirrt horchte ich und setzte mich leise auf die Treppe. „Ey, es ist immer so! Jedes mal kommst du meinen Angestellten zu nah, dann brichst du ihnen das Herz und dann kündigen sie, weil sie nicht drauf klar kommen, dass wir zusammen arbeiten."
Tatsächlich zog sich mein Herz ein wenig zusammen. Ich hatte ein wenig die Hoffnung, dass Raf eifersüchtig war. Allerdings war ich ihm einfach mur wegen der Arbeit wichtig.
„Sie ist die einzige die, diese Arbeit wirklich gut macht. Wenn ich sie wegen dir verliere, dann hast du mir was gut zu machen." brummte Raphael, konnte aber einen hauch von Humor raus hören. Tatsächlich hatten die beiden sich schon oft in die Haare bekommen, aber sie konnten sich immer wieder zusammen raffen. Sie waren zumindest schon seit paar Jahren beste Freunde. Da zählt natürlich 'Bros before Hoes'.

Sensazioni. || Raf CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt