18. Dezember 12.00 Uhr

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Die blonde Frau drückte die Stop Taste auf dem Aufnahmegerät.
„Vielen Dank, mehr brauche ich nicht."
Ethan saß, eingewickelt in eine graue Wolldecke, auf einem harten Plastikstuhl. Er war hundemüde, hatte seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr richtig geschlafen und sein Schädel brummte. Abgesehen davon hatte ihm auch noch keiner erlaubt neue Kleidung aus seinem Zimmer zu holen, da das ganze Gebäude von Polizisten nur so wimmelte, also saß er immer noch in seinen blutverschmierten Klamotten da und dachte an Valentin, um genau zu sein daran wie sie Valentin von ihm weggezogen hatten. Ethan hatte sich geweigert den Jungen loszulassen und so wurde er kurzerhand von zwei Beamten aus dem Raum getragen, anschließend fand er sich in einem der Krankenwägen unten im Park wieder. Nachdem sich jeder vergewissert hatte, dass es ihm körperlich gut ging wurde er in die Cafeteria verfrachtet, wo er nun mit einem Kakao vor sich einer Polizistin die Geschehnisse der vergangenen Nacht erzählt hatte.
Die junge Frau schüttelte gerade den Kopf. „Unglaublich, was ihr durchmachen musstet."
Sie streckte eine Hand aus, ganz als wollte sie Ethans Arm tätscheln, doch besann sich inmitten der Bewegung und zog ihre Hand zurück. Vermutlich hatte ihr irgendwer Ethans Diagnose gesteckt.
Um die peinliche Stille zu durchbrechen, nestelte sie an dem Aufnahmegerät herum.
„Du darfst vermutlich nicht im Gerichtssaal anwesend sein, darum würden wir, also wenn du das erlaubst, diese Aufnahme als Zeugenaussage nutzen. Dafür musst du hier (sie deutete auf eine, wie Ethan fand, willkürliche Stelle auf einem Stück Papier) und hier (noch ein Fingerzeig auf das Papier) unterschreiben."
Sie hielt Ethan den Stift hin und dieser gab sich größte Mühe zwei mal eine möglichst gleich aussehende Unterschrift aufs Papier zu bringen. Als er der Polizistin den Stift zurückreichte schien ihr etwas einzufallen.
„Moment, du bist doch schon volljährig?"
Ethan schüttelte den Kopf. „Sechzehn."
„Sechzehn..." wiederholte sie leise, in  Gedanken ganz offensichtlich nicht mehr bei Ethan. Doch dann besann sie sich und reichte ihm den eben genutzten Stift wieder zurück.
„In diesem Fall brauche ich hier nochmal deine persönlichen Daten. Später muss dann ein Erziehungsberechtigter unterschreiben."
Während sich Ethan daran machte das viel zu klein bedruckte Blatt auszufüllen, sprach die blonde Frau schon weiter.
„Bitte beeil dich, ich hab mir begrenzt Zeit, dein Arzt steht schon in der Tür. Offiziell haben wir for die Befragung nur 10 Minuten, und auch die mussten wir und schon hart erkämpfen. Du bist quasi der einzig Ansprechbare, nur der andere Kerl mit dem Gotteskomplex redet und das unaufhaltsam."
Sie hielt sich die Hand vor den Mund, vermutlich war ihr selbst aufgefallen wie sehr sie abgeschweift war. Sie riss Ethan das gerade fertig beschriebene Blatt aus der Hand.
„Vielen Dank für deine Zeit und gute Besserung."
Gute Besserung? Sagte man das so?  Doch bevor er weiter darüber nachdenken konnte hastete die Polizistin aus dem Raum und ließ Ethan alleine sitzen, aber nicht lange, denn schon gesellte sich jemand zu ihm.
„Na Ethan, anstrengende Nacht gehabt."
„Kann man so sagen," antwortete dieser und lächelte schwach.

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