18. Dezember 18.47 Uhr

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Schrödings Nasenflügel bebten.
"Mach das du hier rauskommst! Wie kannst du es wagen so mit mir zu reden, du kleiner respektloser Rotzlöffel! Du hast doch keine Ahnung wovon du redest, wie auch, du bist noch nicht mal volljährig. Wenn du eines Tages selbst Kinder hast, dann wirst du das vielleicht verstehen."
Er sprach zu sich selbst, sah Ethan nicht an. Ein Anfall an Selbstbetrug. Herr Schröding versuchte sein altes, flüchtiges Selbst einzufangen, welches Ihm bei Ethans Monolog abhanden gekommen war.
"Genau, was weißt du schon von meiner Ehe! Was weißt du schon von Liebe? Vom Leben? Gar nichts, richtig, gar nichts."
Unter der Tischplatte suchten Ethans Finger verzweifelt den kleinen Knopf, als sie ihn fanden, drückten sie ihn aufatmend.
Während Schröding fortfuhr sich über Unabänderlichkeiten an Ethans Person aufzuregen, ging die Tür auf und das altbekannte Gesicht von Herrn Meyer spickte durch die Tür.
"Herr Schröding, ich kann Ihnen nicht erlauben so mit meinen Patienten zu sprechen."
Schröding drehte sich um, die Augen wutentbrannt zusammengekniffen, dann, langsam, wieder sein typisches verführerisch ehrlich wirkendes Lächeln auspackend.
"Natürlich, Verzeihung Dr. Meyer. Ich werde nur schnell emotional, sobald es um meinen lieben Sohn geht."
Grinsen.
"Ich muss Sie dennoch bitten zu gehen."
"Nun Ihr "Patient" ist wohl ganz offensichtlich nicht bei klarem Verstand, er hat ja auch eine soziale Phobie, oder? Verständlich, dass er da ab und an Unsinn redet."
Den Kopf schüttelnd blickte Ethan den beiden nach, während Dr. Meyer eine Hand auf Schrödings Schulter legte und diesen mit sanfter Gewalt vor die Tür schob. Wie konnte ein erwachsener Mann so sehr in seiner Fantasiewelt leben? Obwohl Ethan es nicht zulassen wollte, musste er zugeben, dass ihn das Gespräch verärgert hatte. Eine solche Gemeinheit von einem Erwachsenen war ihm noch nie widerfahren.
Unbewusste krallten sich seine Finger in die Tischplatte. Seine innere Hitze hätte den Tisch entflammen müssen und er bildete sich ein kleine Rauchschwaden aufsteigen zu sehen, doch als er blinzelte waren sie verschwunden.
Als die Tür ins Schloss fiel, atmete Ethan auf. Es war als bekäme er nach Jahren wieder das erste Mal Luft. Schnell wurde das Zimmer durchquert und das einzige Fenster aufgestoßen. Kühle, kalte Nachtluft strömte ihm entgegen, umhüllte sein Gesicht, ganz so als wolle der Mond einen alten Freund begrüßen. Ethans Gedanken klammerten sich allerdings noch immer an Herr Schröding. Sein trügerisches Lächeln. Dieser Mensch erinnerte Ethan an einen tiefen Sumpf. Morast. Dreck. Schlamm.
Sobald man gelockt von seinen Worten auf ihn hereinfiel, war es beinahe unmöglich seinem betörenden Lügennetz zu entkommen. Wie seine Frau das geschafft hatte war ihm ein Rätsel.
Der Junge streckte den Kopf aus dem Fenster. Eine steife Briese durchfuhr seine Haare. Hier am Fenster was alles gut, die Welt geordnet, sobald das Fenster sich schloss würde er zurückgeworfen werden in eine undankbare, bittere Welt voller Sorgen, Ängste und dreister Erwachsener. Verdammt, da war Schröding wieder!
Der Mond sah heute besonders hübsch aus. Verstrubbelte Haare, eine Hand die versuchte den Wind zu fassen und eine Bürotür, die sich zum wiederholten Male öffnete.
"Verzeih mir, Ethan."

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