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»Jules Sicht«
Mein Kopf rattert und rattert. Hatte er damit gerade sagen wollen, dass wir niemals heiraten werden und nicht zu meinen Eltern sollen? Ich meine ja ich hatte auch Angst, aber ich würde niemals auf die Idee kommen ihm etwas zu verbieten. Was denkt er denn jetzt? Das ich jetzt direkt aufspringe und ihm wie ein Hund folge? Alles mache was er gerne hätte? Mich packt auf einmal die Wut und ich stehe auf. Ohne ihm noch einen Blick zugeben packe ich meine letzten Sachen ein und gehe aus der Tür heraus. „Willst du jetzt wirklich direkt wieder gehen? Ist das dein ernst?! Wirst du mich jetzt jedesmal verlassen wenn wir mal streiten? Ich wusste es war ein Fehler...", höre ich Kai plötzlich, aber auch irgendwie erwartet, hinter mir sagen, wobei seine letzten Wörter immer leiser werden.

Reflexartig bleibe ich stehen und fange an über seine Wörter nachzudenken. Hat er recht? Natürlich hat er recht! Übertreibe ich gerade? Wenn ich ehrlich bin ich weiß es nicht. Vielleicht bin ich immer noch verwirrt von der Dominanz, welche er plötzlich ausstrahlt. Vielleicht will ich innerlich eher die männliche Rolle sein? Aber was meint er mit Fehler?! Ich möchte ihm doch eigentlich genau das Gegenteil beweisen!

Erst ein leichtes schluchzen bringt mich wieder in die Realität. Sofort lasse ich meine Sachen fallen und drehe mich zu meinem Freund um. Doch ich erschrecke direkt. Er schluchzt zwar, aber seine Augen strahlen Zorn aus. Kurz darauf spüre ich auch schon einen Schmerz auf meiner rechten Wange. Mein Freund will sich gerade umdrehen als ich einfach mein Gehirn ausschalte und ihn zu mir drehe. Ohne ihm nochmal in die Augen zuschauen lege ich meine Hände an seine Wangen  und ziehe ihn leidenschaftlich zu meinen Lippen. Seine Lippen schmecken salzig, während Regen anfängt auf uns zu prasseln. Ich versuche all meine Gefühle in den Kuss zudrücken, während von Kais Seite anscheinend genau das selbe passiert.

Als wir uns lösen sind unsere Haare schon längst durchgenässt, aber wir stehen trotzdem schwer atmend Stirn an Stirn vor seinem Familienhaus. „Es tut mir leid", sprechen wir wie aus der Kanone geschossen gleichzeitig los, weshalb wir beide kichern müssen. Kai gibt mir das Zeichen zuerst zusprechen, weshalb ich auch beginne: „Kai es tut mir leid, du hast recht. Ich laufe immer vor meinen Problemen davon, aber ich möchte mich wirklich ändern! Du bist immer noch meine erste und einzige Beziehung und ich weiß einfach nicht wie ich mich in manchen Situationen verhalten soll. Ich war gerade irgendwie ein bisschen überfordert mit deiner Dominanz, die du auf einmal ausgestrahlt hast und ich schätze, ich habe dann einfach überreagiert. Aber ich möchte wirklich zu meinen Eltern, beziehungsweise meiner Mutter. Ich habe mich früher nicht getraut ihr meine Meinung ins Gesicht zusagen und genau das will ich jetzt machen. Ich habe selber Angst Kai, aber ich kann nicht ewig davor weglaufen oder?"
Kai nickt immer wieder Verständnisvoll, fährt dann aber selber mit seiner Entschuldigung fort: „was ich da gerade gesagt habe war absoluter Bullshit! Du bist natürlich kein Fehler und wirst auch nie einer sein! Ich hatte einfach eher damit gerechnet, dass du mich zumindest verstehst. Weißt du, ich habe noch keinem von meinen Träumen erzählt, habe nie daran geglaubt es sei ein Stück Wahrheit in diesen und wenn ich ehrlich bin, ich glaube auch immer noch nicht daran, dass alles von ihnen Wahrheit ist. Ich denke jeder träumt mal Unwahrheiten. Ich würde niemals von dir Verlangen alles zutun was ich von dir verlange! Wenn du gerne dorthin möchtest komme ich definitiv mit."

Aber was uns dort erwarten wird graust uns beiden trotzdem sehr...

In jedem Traum steckt ein Stückchen Wahrheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt