Ich mache das hier ansonsten nie und deswegen - just in case - entschuldige ich mich jetzt schon einmal vorweg für das nachfolgende emotionale Chaos.
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An manchen Tagen ertrinke ich in Erinnerungen. Nicht nur versinken. Es ist keine gute Art der Melancholie. Ich denke so lange an die Vergangenheit, bis ich vergesse, wie man im Jetzt atmet.
Wenn ich mir Bilder von früher angucke, dann sind es so viele glückliche Erinnerungen. Zumindest lache ich auf den Bildern. Zugegebenermaßen - es war nicht alles schlecht -, aber heute lache ich darüber, wie viele unterschiedliche Menschen auf den Bildern neben mir stehen und weiß nicht, ob es vielleicht doch nur Verzweiflung ist, die sich einen anderen Weg an die Oberfläche bahnt. Da stehen so viele unterschiedliche Menschen neben mir und sehen glücklich aus. Sie alle haben eins gemeinsam: Ich habe sie unglücklich gemacht (aber davon gibt es dann natürlich keine Fotos mehr).
Für ein paar von euch Lesern & Leserinnen mag es nicht überraschend sein, aber natürlich ist "Schöner Scheitern" wieder wahnsinnig autobiographisch geprägt. Die Geschichten, die mir am wichtigsten sind, erzählen immer von mir selbst. Ganz schön egozentrisch von mir, oder?
Wenn ich vergesse, wie man im Jetzt atmet, dann schreibe ich.
Deswegen ist das wohl auch der Unterton, der in den meisten von meinen Geschichten herrscht: irgendwie erstickt.
"Schöner Scheitern" ist letztendlich ein Werk geworden, mit dem ich unglaublich unzufrieden bin. Nicht auf diese "schreibt mir jetzt bitte, was ich für ein großartiger Autor bin"-Art und Weise. Ich denke, wie es geschrieben ist, ist schon in Ordnung. Der Inhalt macht mich traurig. Auf die gleiche Art und Weise, wie mich manchmal meine Vergangenheit traurig macht.
Ich wünschte, ich wäre der Jungkook in dieser Geschichte. Oder der Taehyung. Oder der Jimin. Wenn ich es mir aussuchen dürfte, dann wäre ich vermutlich Jin. Aber natürlich kann ich es mir nicht aussuchen und natürlich muss ich Yoongi sein (es wäre ja auch nur halb so egozentrisch, wenn ich nicht selbst die Hauptfigur wäre - haha).
Ich bin unzufrieden mit "Schöner Scheitern" auf diese "Ich-schäme-mich-dafür" Art und Weise.
Ich versuche es zu erklären:
Angefangen zu schreiben habe ich an einem besonders dunklen Tag im Februar (oder war es noch Januar?) und es war wirklich nur als kurzes Projekt geplant. Als kurzes Luft-Holen. Einmal Einatmen. Kein Marathon.
Nachdem das Jahr 2021 nicht sonderlich gut gestartet ist, habe ich mich aus vielerlei Gründen plötzlich mental wieder in der Vergangenheit befunden. Vielleicht deswegen, weil ich mit meinem Jimin von damals wieder zusammen war und wir uns Anfang des Jahres getrennt haben. Oder er mich verlassen hat - was auch immer. Ich habe keine Luft mehr bekommen und habe angefangen zu schreiben.
Nach und nach habe ich gemerkt, dass ich viel mehr Sauerstoff brauche, als ich am Anfang gedacht habe. Aus dem einmaligen Luft-Holen wurden stundenlange Atemübungen. Ich wollte nur einen kurzen Abschnitt aus meiner Vergangenheit aufschreiben, um ihn endlich loszulassen. Aber die Geister waren viel größer, als dass sie irgendwie auf zwanzig Seiten hätten passen können.
Ich hab mich schon früher und oft genug mit diesem Thema auseinander gesetzt. Während meiner Studienzeit war ich... ziemlich gemein. Wie Yoongi, einfach ein Arschloch. Es nicht so, als hätte ich nicht darüber nachgedacht, was ich mit meinem Handeln meinen Mitmenschen antue, aber... es hat mich schlicht und ergreifend nicht interessiert (und irgendwie hat es das wirklich nie besser gemacht). Irgendwie habe ich es nicht gefühlt, so wie Yoongi es auch in der Geschichte beschreibt.
Es gibt meinen eigenen Hoseok, meinen eigenen Jimin, meinen eigenen Taehyung, meinen eigenen Namjoon, meinen eigenen Jungkook und noch so viele mehr. Während ich die Namen schreibe, habe ich all' ihre Bilder im Kopf.
Das Gefühl zu Ersticken, was mich zu diesem Marathon angetrieben hat, ist letztendlich aus Reue geboren. Ich habe so viel falsch gemacht. Vieles (alles?) davon kann ich nie wieder gut machen (nicht, dass ich es nicht versucht habe, aber auch davon waren viele Dinge einfach nur falsch).
Irgendwann habe ich dann entschieden, dass es darum in "Schöner Scheitern" gehen soll: um Reue. Der Erzähler gibt ihr eine Stimme.
Es geht um unsere eigenen Fehler (bzw. in diesem konkreten Fall wohl doch nur um ein paar von meinen) und darum, wie wir damit umgehen können. Wir können sie immer und immer wieder machen, so wie Yoongi zu Beginn. Aber das Ergebnis davon ist nur, dass wir immer und immer wieder scheitern. Das Scheitern macht uns unglücklich, also wünschen wir uns, ein anderer zu sein. Jemand, der glücklich ist. Aber um ein anderer sein zu können, müssen wir auch etwas anders machen. So wie Yoongi - zumindest am Ende (hoffentlich?).Ich war grausam. Wirklich und leider. Das klingt vielleicht überdramatisch, aber im Endeffekt denke ich trotzdem, dass es stimmt. Ich habe Herzen gebrochen nur um zu sehen, ob ich es kann. Ich habe sie dann wieder repariert, nur um zu sehen, ob ich es kann. Dann habe ich sie wieder gebrochen - weil es mich einfach nicht interessiert hat. Ich könnte konkrete Beispiele nennen, aber das wäre irgendwie zu persönlich (wie ironisch).
Einen Fehler zu machen ist leicht. Selbst einen schweren Fehler zu machen ist federleicht. Aber alles, was danach kommt, ist tonnenschwer. Und damit meine ich - sich selbst zu verzeihen ist tonnenschwer. Es war zumindest das Schwerste für mich. Noch heute erwische ich mich dabei, wie meine Freunde zu mir sagen: "Du musst das aber nicht tun, nur weil du denkst, du müsstest noch irgendetwas gut machen. Das weißt du, oder?" und ich nicke, aber eigentlich weiß ich es nicht.
Dieses Gefühl etwas wieder-gut-machen-zu-müssen hat mich sehr, sehr lange begleitet. Zwischendurch habe ich es mit dem Gefühl von Verzeihen verwechselt. Es ist aber nicht das Gleiche.
"Schöner Scheitern" ist für alle, die in der Vergangenheit etwas so falsch gemacht haben, dass sie sich noch Jahre später für das eigene Verhalten schämen.
Ich bin mir sicher, dass ich mit diesem Gefühl nicht alleine bin. Wenn ich eines bis hier hin gelernt habe, dann ist es, dass wir nie alleine mit den dunkelschwarzen Gefühlen sind.
Sich selbst zu verzeihen ist ein langer Weg. Yoongi steht am Ende von "Schöner Scheitern" gerade erst am Anfang. Aber immerhin hat er begriffen, dass er selbst es wert ist, sich selbst zu verzeihen. Und ich denke (weiß), dass das ein riesiger Schritt ist. Diesen möchte ich euch mit dieser Geschichte auch mit auf den Weg geben.
Ihr seid es wert, euch selbst zu verzeihen.
Ihr müsst nicht alleine daran arbeiten. Ihr habt Freunde. Familie. Es gibt Hilfsangebote. Lebensberatungen. Therapien.
Ich arbeite seit Jahren daran. Ich weiß nicht, ob ich es verdient habe. Ich weiß aber auch nicht, ob ich es verdient haben muss, damit ich mir selbst verzeihen kann. Ich denke nicht (manchmal).
Fakt ist aber, ich muss es tun. Ich muss es tun, um mir selbst zu erlauben, wieder glücklich zu sein. Lange Zeit war ich unglücklich, weil ich der festen Überzeugung war, dass ich es verdient habe, unglücklich zu sein, weil ich andere unglücklich gemacht habe.
Und das ist das zweite, was ich euch mit "Schöner Scheitern" mit auf den Weg geben will:
Erlaubt euch selbst, wieder glücklich zu sein. Das ist in Ordnung.
Danke.
In Liebe,
Vikki
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Schöner Scheitern
FanfictionYoongi versucht nach all den Jahren immer noch aus dem "daran scheitern", ein "daran wachsen" zu machen. Das Psychologiestudium hilft ihm dabei nicht. Eine Therapie hätte es vielleicht getan. Auf seinem Weg sieht er dauernd aufgespießte Herzen. Da...