1. College Party

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Als ich aus ihrem begehbaren Kleiderschrank trat, sprang sie auf und quietschte wie ein Meerschweinchen. Sie war eine echte Frohnatur, immer gut gelaunt und freundlich zu jedem und das, obwohl sie eine Cheerleaderin war und einige ihre Cheergirls alles andere als nett und freundlich zu jemandem wie mir waren.

"Gaby, du solltest dich nicht immer hinter deinen Schlabberklamotten verstecken. Du siehst so toll aus und deine Figur ist der Hammer!" es war Freitagabend und meine beste Freundin Mika hatte mich mal wieder aus meiner Comfortzone rausgeholt und mich mit ihren Klamotten und ihrem Make up aufgebrezelt. Sie war zu einer dieser typischen College-Partys eingeladen worden und hatte mal wieder nur dazu zugestimmt weil sie mich mitbringen durfte, denn ich wurde NIEMALS zu solchen Partys eingeladen. Mika meinte ich gehöre ja eigentlich auch zum Sportteam, dadurch, dass ich ja immer die Fotos und die Artikel für die Collegezeitung machte. Sie war die einzige mit dieser Meinung, die meisten Sportfreaks kannten nicht mal meinen Namen. "Ich weiß nicht Mika, es wird ja eh wieder sein wie immer, du bist innerhalb von Minuten von deinen Sportfreunden umgeben und ich verkriech mich in irgendeine Ecke, trinke Wein und lese oder zeichne und das kann ich auch in meinem Zimmer tun." ich fummelte nervös an dem viel zu kurzen Rock rum und machte mir eine Hirnnotiz, damit ich meinen E-Reader mitnehme. "Gaby, er wird da sein!" sie grinste wie ein Honigkuchenpferd und wackelte mit ihren Augenbrauen. Er, das war Lance, Lance Tucker, Sportfreak, Leichtathletik-Ass, Frauenschwarm und einer der wenigen, der meinen Namen kannte. "Jaaah, mit seiner Freundin Hope, mit der er den ganzen Abend rumknutschen wird und welche mich immer fertig macht!" jetzt hatte ich erst Recht keine Lust mehr auf diese dämliche Party zu gehen. "Er hat sich von ihr getrennt, anscheinend hat sie ihn betrogen." und jetzt konnte ich mir das Grinsen auch nicht mehr verkneifen. Mein Schwarm war wieder single und so hatte ich, zumindest in meiner Fantasy wieder Chancen bei ihm. In Wirklichkeit wird es nie so kommen, aber man darf ja wohl noch träumen.

Wir schnappten uns also unsere Jacken und Taschen, tranken noch einen Shot und machten uns auf den Weg zur Party. Mika lachte mich zwar wegen des E-Readers aus aber das war mit egal, sie kannte mich und wusste, dass ich immer ein Buch oder eine Mappe zum zeichnen dabei hatte, damit ich mich jederzeit in meine eigene kleine Welt flüchten konnte.

Der Vorgarten war bereits überfüllt mit Leuten, welche schon ordentlich was intus hatten und nicht nur Alkohol, man konnte das Gras schon von Weitem riechen, typische Collegeparty eben. Chad der Gastgeber und Footballstar unserer Schule kam auf uns zu, umarmte Mika und lies mich, wie immer Links liegen. Er hatte schon lange ein Auge auf Mika geworfen und war seit knapp zwei Jahren hinter ihr her. Sie fand es lustig wie er immer alles für sie tat und versuchte ihr die Welt zu Füßen zu legen, deswegen sagte sie ihm auch nicht, dass sie lesbisch war. Das wusste niemand auf dem College außer ich und von mir würde es auch nie jemand erfahren. Mika sollte selbst entscheiden wann sie dazu bereit ist ihr Comming-Out zu haben. Auf der High-School damals war es ein Desaster gewesen und Mika wollte so etwas niemals wieder durch machen. Er führte uns rein und ich bekam erstmal Schnappatmung, das Haus war riesig und sehr stilvoll eingerichtet, so wie Häuser von reichen Schnöseln eben sind. Aber mir fielen sofort die Gemälde und Bilder an den Wänden auf, Dali, Monet und ein paar andere wirklich teure Kunstwerke hingen dort, sie waren wunderschön und diese party-machenden Neandertaler hatten keine Ahnung davon. Wie immer war Mika innerhalb von Minuten von ihren Sportfreunden umgeben und ich stand da und betrachtete die Kunstwerke. Es machte mir nichts aus, wenn meine beste Freundin mich zu einer Party schleppte und mich dann den ganzen Abend alleine ließ, sie konnte ja eigentlich nichts dafür, dass sie ständig von allen belagert wurde. Ich ging langsam durch das Wohnzimmer und den Flur, völlig fasziniert von den Bildern und den Kunstwerken, in der Küche holte ich mir gleich eine Flasche Weißwein aus dem Regal und trank ziemlich primitiv aus der Flasche, so wie immer, Gläser gingen schnell zu Bruch und Wein aus einem Pappbecher schmeckte einfach nicht. In der Lounge spielte keine Musik und so setzte ich mich auf einen bequemen Sessel, blendete die beiden knutschenden Paare auf der Couch aus und packte meinen Reader aus. Wiedermal verkroch ich mich in die Welt von Claire und Jamie aus der Highland-Saga von Diana Gabaldon.

"Du weißt schon, dass Partys dazu da sind um Spaß zu haben, Alkohol zu trinken und dumme Entscheidungen zu treffen oder?" ich erkannte seine Stimme sofort und die Tatsache, dass er sich direkt neben mich auf die Lehne des Sessels setzte ließ mein Herz schneller schlagen. Shit, ich war echt verknallt in ihn. Mit seinem schelmischen Grinsen sah er zu mir herab, seine tiefblauen Augen durchbohrten mich förmlich. "Mika hat mich mitgeschleppt, mal wieder." murmelte ich und ließ dabei sie Schultern hängen, ich war nicht in der Lage ihm in die Augen zu sehen. "Ich habe noch nie jemanden gesehen, der in Chads Haus kommt und tatsächlich die Kunst bestaunt, welche hier hängt. Und du latschst hier rein, bemerkst keinen den du kennst und fängst an zu lesen. Auf einer gottverdammten Party von Chad!" lachte er und schüttelte den Kopf. Na toll, jetzt lacht er mich auch noch aus, dachte ich und das bisschen Selbstbewusstsein das ich hatte war weg. "Tja, ich bin halt kein Partygirl. Ich interessiere mich nicht dafür." zischte ich, klappte meinen Reader zu und stand auf um schnellstmöglich zu gehen. Auf dem Weg nach draußen schnappte ich mir meine Jacke und noch eine Flasche Wein für den Nachhauseweg. Der Campus war nicht weit weg, also hatte ich keine Bedenken alleine zu laufen.
In meinem Zimmer pfefferte ich meine Tasche in die Ecke, zog mir was bequemes an und schrieb Mika eine Nachricht, dass ich gegangen war und dass ich gut Daheim angekommen war. Mit dem Wein und meinem Handy setzte ich mich auf mein Bett und surfte noch ein wenig im Netz und auf Instagram. Alle meine Studienkollegen waren am feiern und posteten Bilder ihrer wilden Nacht. Gegen 2 Uhr schlief ich ein, dank der fast zwei Flaschen Wein war es ein entspannter und traumloser Schlaf.

The Girl next DoorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt