4. ⛷️ Stephan Leyhe

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Charakter: Stephan Leyhe (Skispringer)
Für's Verständnis ein ganz kurzer Dialekt-Crashkurs: "Wasserweckle" sind die hellen Brötchen, die sind wie so kleine Baguettes... Weckle sind Brötchen ;)

"Stephan, warte doch mal auf mich...", jammere ich schnaufend. "Ich hasse wandern und vor allem im Schnee", füge ich hinzu, allerdings so leise, dass Stephan es nicht hört. Nicht sonderlich schwierig, der ist mir ja auch ungefähr 200 Meter voraus und sieht trotzdem noch topfit aus. Aber immerhin jetzt ist er stehen geblieben. Als ich kurz darauf zu ihm aufschließe, lacht er.
"Alles gut bei dir? Du siehst bisschen fertig aus..."
Wenn Blicke töten könnten, dann läge Stephan jetzt vermutlich leblos im Schnee. Aber er grinst mich immer noch an und zwar auf Augenhöhe. "Mein lieber Stephan..." Ich lasse mich erschöpft in den Schnee senken. "Das ist das Ende. Ich habe diesen letzten Berg erklommen und werde wohl meinen Lebensabend hier verbringen. Ich danke dir, dass du ein Teil meines Lebens warst und mich auch in diesem schwierigen Moment unterstützt."
Stephan lacht schon wieder. Warum nimmt der mich nicht ernst? "Wir sind seit 20 Minuten unterwegs... Wie kannst du jetzt schon so am Ende sein?"
"Mir ist kalt, die Schneeschuhe sind schwer und außerdem hasse ich wandern. Ich bin doch eh nur dir zuliebe dabei."
Wortlos streckt Stephan mir zwei Handwärmer entgegen. Für ihn nichts weiter als eine nette Geste unter Freunden, für mich so viel mehr.
Dann streckt er mir seine Hände entgegen. "Na komm, ich hab dir versprochen, dass du heute deine Heimat mal aus nem anderen Blickwinkel siehst, aber dafür musst du's auch bis zum Gipfel schaffen."

Ich nehme seine Hilfe also entgegen und lasse mich von ihm wieder hochziehen. In mir kribbelt alles bei der Berührung. "Aber wehe du rennst nochmal vor... Dann dreh ich um und lass mich den Berg wieder runter rollen", drohe ich ihm, was ihn wieder zum Lachen bringt. Ich liebe dieses Lachen, genauso wie praktisch alles an ihm, nur dass er das bestenfalls nicht wissen sollte.

Anderthalb Stunden später stehen wir dann tatsächlich am Gipfel und ich muss zugeben, Stephan hat nicht übertrieben. Die Aussicht ist wirklich atemberaubend. Stephan legt von hinten seinen Kopf auf meine Schulter. "Gefällt's dir?", fragt er.
Dieser Körperkontakt trägt nicht gerade zur Beruhigung meiner Atmung bei, aber ein: "Es ist wirklich wunderschön", schaffe ich dann doch noch.
"Wie du...", flüstert Stephan vor sich hin.
Ich verschlucke mich an meinem Wasser. "Bitte?"
Mit seinem Kopf immer noch auf meiner Schulter wiederholt er das eben gesagte etwas lauter.

Ich drehe mich um und meine Augen begegnen seinen. Zum ersten Mal seit ich festgestellt habe, dass ich mehr als "nur" Freundschaft für Stephan empfinde, erlaube ich mir intensiveren Blickkontakt mit ihm. In seinen Augen könnte ich mich wirklich verlieren.
"Emma, das hat jetzt gleich vielleicht nen sehr unangenehmen Rückweg zur Folge, aber..." Er bricht ab und nimmt meine Hände in seine. "Ich hab mich in dich verliebt. In deine Augen, in diese unglaublich lustige Art und wie du immer für die Menschen in deinem Umfeld da bist. Von Überforderung beim Bäcker wegen dem Wort "Wasserweckle" bis hin zu Sportverletzungen, die einen nicht nur physisch, sondern auch psychisch mitnehmen, du kannst irgendwie mit allem umgehen. Ich bin schwer beeindruckt von dir und ich wünschte, wir könnten ein Paar sein."

Erst als seine Hand meine Wange erreicht und mir Tränen aus dem Gesicht streicht, merke ich, dass seine unglaublich liebevollen Worte mich wohl zum Weinen gebracht haben. Mit immer noch brüchiger Stimme antworte ich ihm: "Du hättest so viel mehr verdient als das was jetzt kommt, aber ich bin einfach sprachlos. Mir fehlen wirklich die Worte. Ich revanchiere mich mal noch, versprochen. Aber für's Erste fänd ich es auch wirklich schön, wenn wir ein Paar wären."

Stephans Wangen nehmen eine leicht rötliche Färbung an, bevor er mir immer näher kommt. Ich genieße die Tatsache, dass ich mir jetzt keine Gedanken mehr dabei machen muss und gebe mich ganz dem Moment hin. Als Stephan dann seine Arme um mich und schlussendlich seine Lippen auf meine legt, gehen bei mir alle Lichter aus. Ich lasse mich fallen und genieße einfach die Nähe zwischen uns.
Ich kann seine kalte Nasenspitze fühlen und als wir uns wieder lösen, bleiben wir trotzdem so eng beieinander stehen, dass ich die Schneeflocken auf seinen Wimpern erkennen kann.

Als es anfängt, wieder stärker zu schneien, schlägt mein jetzt Freund vor, sich langsam mal auf den Rückweg zu machen. Der ist dann auch deutlich leichter als der Weg nach oben. Es geht bergab, Stephan hält meine Hand und außerdem fühlt es sich immer noch an als würde ich auf Wolke 7 schweben. Und so schnell holt mich da auch niemand mehr runter.

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