Neuer Freund

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Ein bisschen Verspätet kommt das neue Kapitel. Ich wünsche viel Spass. Schreibt doch ein Kommentar, wie ihr das Kapitel findet.
Eure Nola
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Meine Gedanken hatten mich so eingenommen, dass der Verkehr hinter mir immer leiser wurde. Ich stand in einer Blase der Stille. Der Wind strich über mein Gesicht. Die Sonnenstrahlen schienen und die Aussicht war atemberaubend. Einzig meine Gedanken zerstörten das Gesamtbild. Seufzend ließ ich die Trauer kommen. Das Leben war ungerecht. So schien es mir.

»Willst du noch lange so unentschlossen hier stehen?«

Erschrocken fuhr ich herum. Hinter mir stand ein Junge, etwa in meinem Alter, und blickte mich herausfordernd an. Obwohl er ein Fremder war, fühlte ich mich nicht angegriffen.

Eher so, als wäre er mir ... vertraut. Ich öffnete den Mund, doch wusste nicht, was ich sagen sollte. Die Wahrheit? Das ich darüber nachdachte, über das Gelände zu klettern? Nein, das konnte ich definitiv nicht sagen. Nicht diesem Fremden und sonst niemandem.

»Ich weiß es nicht. Wie lange stehst du schon hier?« Ich legte den Kopf schief und behielt ihn genau im Auge. Er zuckte mit den Schultern.

»Ich weiß nicht genau. So lange nicht, aber ich bin auch nicht gerade erst gekommen.« Er grinste schelmisch zu mir rüber. Trotz seiner schwammigen Antwort, wurde ich nicht aggressiv, wie ich es gerne in der Clique geworden bin oder bei Dave. Ich fühlte mich nicht angegriffen. Fragend hob ich die Braue.

»Du weißt schon, dass deine Aussage schwammig ist?« Seine Frage hatte mein Vorhaben und meine Gedanken sehr weit in den Hintergrund gedrängt. Jetzt galt es erst herauszufinden, wie viel er mitbekommen hatte.

»Ich weiß. Und du bekommst keine bessere. Finde dich damit ab und sag mir, was du hier willst. Wieso starrst du in den Himmel und ins Tal, während du dich im Geländer festkrallst?« Er trat neben mich und lehnte mit dem Rücken gegen das Geländer. Die Arme hatte er locker darauf abgestützt und blickte zu mir rüber.

Seufzend drehte ich mich zurück und sah über das Tal. Schweigen legte sich über uns. Ich war mir nicht sicher, ob ich einem wildfremden Menschen wirklich sagen sollte, dass ich daran dachte, über das Gelände zu klettern. Er würde mich für verrückt erklären und verschwinden. Also vielleicht doch eine gute Idee?

»Stimmt, ich bin unentschlossen. Aber es gibt auch eine wichtige Entscheidung zu treffen. Das macht man nicht mal eben schnell.« Ich blickte zu ihm rüber. Sein Kopf hatte er zu mir gewandt. Seine Miene konnte ich nicht lesen. So verschlossen war doch kein Mensch sein? Aber nicht die kleinste Regung war darauf zu sehen.

Er stieß sich vom Geländer ab und drehte sich zu mir. Kurz schien er etwas abzuwägen.

»Was hältst du davon, wenn wir jetzt Glace essen gehen?« Das erste Mal lächelte er. Verdutzt starrte ich ihn an. Wieso wollte er jetzt mit mir Glace essen gehen? Und wieso kam er ausgerechnet jetzt auf diese Idee?

»Und wieso?« Skeptisch hob ich eine Augenbraue und verschränkte die Arme vor der Brust.

»Einfach so. Damit du nicht weiter auf den Fluss starren musst?« Gelassen zuckte er mit den Schultern und lief los in Richtung Stadt.

Er war schon ein paar Meter weit gekommen, als ich ihm nachsprintete und zu ihm aufschloß. So seltsam der Kerl auch war, fühlte ich mich wohl in seiner Nähe. Wieso also nicht? Was konnte ich schon verlieren? Nichts.

»Wie heißt du?« Ich sah ihn aus dem Augenwinkel an. Bis jetzt wusste ich noch gar nichts über ihn. Er sah sich suchend um.

»Nash und du? Und wie kommen wir am schnellsten zu unserer Glace?« Leicht verloren stand er auf dem Fußweg und drehte sich im Kreis.

»Sina. Kennst du dich hier nicht aus? Du hast die Glace vorgeschlagen.« Amüsiert über sein Verhalten deutete ich hinter mich. »Aber Glace gibt es gleich dahinten.« Zielstrebig lief er an mir vorbei, ohne auch nur eine Antwort zu geben. Seltsamer Kautz. Aber er stieß mich nicht gleich weg und somit war er schon besser als alle Bekannten. Über meine Argumentation schmunzelnd folgte ich ihm.

Wir überquerten die Straße und auf der anderen Seite standen wir direkt vor dem Café. Das Gebäude war ein kleines Häuschen und die Besitzer bekannt für ihr hausgemachten Desserts.

Nash betrat vor mir das Café und blickte sich ehrfürchtig um. Man konnte fast meinen, er hätte noch nie ein Café von innen gesehen.

»Such dir an der Theke was aus.« Auffordernd deutete im auf die vielen Leckereien. Mir lief beim bloßen Anblick schon das Wasser im Mund zusammen. Er ließ sich keine zwei Mal bitten und klebte fast am Thekenglas. Über ihn schmunzelnd bestellte ich mir zwei Zitronensorbet Kugeln. Bei diesen Temperaturen genau richtig. Nash hatte sich inzwischen für Erdbeere und Pistazien entschieden. Mit der Abkühlung bewaffnet suchten wir ein Schattenplatz. Doch draußen war fast alles voll. Einzig einen Sonnenplatz war noch frei. Ich drehte mich zu ihm um.

»Gehen wir wieder hinein?« Ich wollte nicht an der herunterbrennenden Sonne sitzen. Er nickte und verschwand gleich im Inneren. Ich folgte ihm und wir setzen uns neben den Tresen hin. Das Café war sehr gut besucht.

Während ich mein Sorbet genoss, beobachtete Nash mich aus Argusaugen. Nervös rutschte ich auf meinem Stuhl hin und her. Gemütlich ass er sein Eis und ich nahm den nächsten Bissen. Gerade zog ich den Löffel aus dem Mund und ließ den Zitronengeschmack auf der Zunge vergehen, als er urplötzlich eine Frage stellte.

»Was hast du für eine schwere Entscheidung zu treffen?« Voller Neugier schielte er über seinen Rand zu mir. Perplex ließ ich meine Hand mit dem Löffel sinken und starrte ihn unverblümt an.

»Ich wüsste nicht, was dich das angeht.« Kalt wie meine Glace blickte ich ihn an und nahm einen weiteren Bissen. Er zuckte mit den Schultern.

»Ich dachte nur, du könntest ein offenes Ohr brauchen. Oder hast du sonst jemanden, mit dem du sprichst? Wichtige Entscheidungen sollte man nie alleine treffen.«

Ich wusste nicht, was ich von der ganzen Situation halten sollte. Er war ein Wildfremder und ich kannte ihn nicht einmal eine Stunde. Aber anderseits hatte er recht.

»Vielleicht erzähle ich es dir irgendwann. Aber zurzeit bist du noch ein Fremder. Und einem Fremden erzählt man doch nicht gleich alles. Vor allem nicht eine der wichtigsten Entscheidungen im Leben. Es ist schon ein Wunder, dass ich hier mit dir sitze.« Mit hochgezogener Braue blickte ich ihn an und nach einem Moment nickte er zustimmend.

»Einverstanden. Dann werden wir jetzt mehr unternehmen. Ich will wissen, was du auf der Brücke getrieben hast, und außerdem bist du die erste Person, welche mich freundlich auf meiner Durchreise aufnimmt.« Leicht lächelnd prostete er mir mit dem beladenen Glace Löffel zu. Verwundert hielt ich inne.

»Welche Durchreise? Und du bist doch neu hier. Wusste ich es doch.« Mit dem Löffel auf ihn deutend, grinste ich. Ertappt blickte er auf die Tischplatte.

»Okay, ja du hast recht. Aber wärst du mit mir hier, wenn du von Anfang an gewusst hättest, dass ich auf der Durchreise bin?« Abwartend kratzte er die Reste seiner Glace zusammen.

Für einen Moment beobachtete ich ihn. Pingelig genau schabte er über den Schüsselrand und leckte immer wieder den Löffel ab. Dass er nicht gleich die Schüssel ausschleckte, war fast ein Wunder.

»Das kann ich dir nicht sagen. Es sind jetzt diese Umstände und wir sitzen hier. Vielleicht wäre ich mit dir mit, vielleicht aber auch nicht.« Nachdenklich legte ich den kalten Löffel an meine Lippen und blickte zu Nash rüber. Er hatte in der Zwischenzeit seine Schale hingestellt und lehnte sich zurück. Der Rand war so sauber ausgelöffelt, wie es nur ging. Nickend sass er da.

»Verständlich. Aber gut. Können wir trotzdem etwas unternehmen? Auch wenn ich ein Fremder auf der Durchreise bin? Ich kenne sonst niemanden.« Er zog einen Schmollmund und klimperte mit den Wimpern. Ich kicherte und nickte.

»Können wir. Bis jetzt bist du mir sympathisch. Solange sich das nicht ändert, können wir gerne etwas unternehmen.« Ein warmes Gefühl breitete sich in mir aus. Das erste Mal hatte ich wieder einen Bekannten.

Falling deep to fligh highWo Geschichten leben. Entdecke jetzt