Verleugnung

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Ich wünsche euch wunderschöne Weihnachten. Geniesst die Zeit mit euren Liebsten. 

Eure Nola 

Total gerädert verließ ich das Bett. So gerne ich liegen bleiben würde, konnte ich nicht. Dann gäbe ich mich geschlagen. Würde akzeptieren, dass Nash irgendetwas in mir bewegt hatte. Doch ich wollte nicht glauben, was er erzählt hatte. Also musste ich mein gewohntes Leben weiterleben, auch wenn dies bedeutete, mich den Menschen auszusetzen. Alleine damit klarzukommen. Nash durfte mir nicht mehr helfen. Ich wollte ihn nicht mehr sehen.

Müde erledigte ich meine Morgenroutine und in der Küche war ich alleine. Meine Eltern waren wie gewohnt bereits am Arbeiten und hatten nicht nach mir gesehen. Nicht einmal gestern Abend geweckt für das Abendessen hatten sie mich. Seufzend suchte ich mir Frühstück zusammen.

Mit einer Brotscheibe mit Käse beladen verließ ich das Haus. Niemand wartete draußen auf mich und einsam machte ich mich auf den Schulweg. Unterwegs ass ich mein Frühstück und beobachtete meine Mitmenschen. Entweder wurden Gespräche geführt oder sie hasteten alleine an mir vorbei. Doch die Schüler war nicht wirklich alleine. Manch einer lief hinter zweien her, aber das war wegen des Platzes so. Nicht, weil er ausgegrenzt wurde.

Mein Herz stach und ich fragte mich, was Nash machte. Kaum hatte ich realisiert, worüber ich nachdachte, schlug ich mir gegen den Kopf und verbot mir solche Gedanken.

Nash konnte machen, was er wollte. Solange er mich in Ruhe ließ. Ohne ihn war ich besser dran. Er war plötzlich in meinem Leben aufgetaucht und genauso schnell sollte er auch wieder verschwinden.

Ich drückte mich an allen Menschen und Schüler vorbei ins Innere des Schulhauses. Mit niemandem wollte ich reden. Sie sollten mich weiterhin so ignorieren wie früher. Ich wartete sogar auf ihre Sprüche. Ihre Witze, welche nur sie verstanden. Suchte die Flure nach Celine und ihren Freundinnen ab.

Durch die vorbeiströmenden Schüler konnte ich sie entdecken. Zu dritt standen sie vor ihren Spinden und unterhielten sich. Zielstrebig ging ich auf sie zu. Ich wollte herausfinden, ob sie sich wieder blöde Sprüche einfallen ließen oder sich benahmen. Und ob sie immer noch nichts von Nash wussten. Wieso mich diese Fragen nicht in Ruhe ließen, konnte ich mir nicht erklären.

Immer näher kam ich ihnen. Ich rempelte absichtlich Michelle an. Wie von der Nadel gestochen fuhr sie herum.

»Was fällt dir ein, mich anzurempeln? Verschwinde und komm nicht wieder her sonst gibt's was!« Sie hatte die Hand erhoben und drohte mir. Tränen stiegen in mir hoch und wandte mich schnell ab. Ohne auf etwas zu achten, rannte ich in den Mädchenwaschraum.

Die Tür fiel hinter mir zu und die Tränen rollten über mein Gesicht. Es war alles wieder wie vor der Begegnung mit Nash. Es war so, als hätte es ihn nie gegeben. Aber es hätte ihn gegeben. Auch wenn ich es nicht wahrhaben wollte.

Sollte ich echt nachgeben und mit ihm gehen? Mein ganzes Leben wegen einer Aussage von ihm umkrempeln? Das könnte ich nicht. Ich könnte doch nicht ihm einfach so glauben, dass es Dämonen gab. Es war unmöglich. Wieso sollte es diese geben?

Eine leise Stimme in meinem Kopf meldete sich zu Wort. Was wenn er recht hatte? Du wolltest dein Leben sowieso beenden? Wieso also nicht ein letztes Abenteuer erleben? Vielleicht geht es gut oder total in die Hose. Dann sind wir aber dieses Problem hier los.

Wie sehr ich auch diese Stimme hasste, irgendwie hatte sie recht. Aber ich konnte doch nicht einfach so mein Leben hinter mir lassen?

Doch. Was hält dich hier? Deine Eltern? Deine Freunde? Die Stimme prustete hämisch los. Sie lachte mich aus.

Widerwillig musste ich ihr Recht geben. Niemand interessierte sich für mich. Aber ich konnte deswegen nicht einfach Nash recht geben. Dann würde ich mich geschlagen geben. Das ging nicht. Egal, was meine innere Stimme sagte. Ich schüttelte den Kopf und ging in den Unterricht. Vielleicht brachte der mich auf andere Gedanken.

Er schaffte es nicht. Meine Gedanken schweiften weiterhin um Nash und seine Aussage über Dämonen. Ich konnte diese Überlegungen nicht abschalten. Egal wie sehr ich es versuchte. Der Unterricht war nicht fesselnd genug. Und der Fensterplatz nicht förderlich. Ich erwischte mich ständig dabei, wie ich den Pausenhof nach ihm absuchte. Ich konnte ihn nicht entdecken. Meine Stimme sagte mir aber, dass er mich beobachtete. Dass er nicht einfach verschwunden war. Dass er nur darauf wartete, dass ich zu ihm zurückkehrte.

Frustriert ließ ich den Kopf auf den Tisch fallen. Es war ein ewiger Teufelskreis. Egal wie ich mich entscheiden würde, irgendwas musste ich zurücklassen. Und dieses Leben hier bat mir nichts Neues. Alle verachteten mich. Ohne Grund. Oder ich habe es nie erfahren. Wieso also nicht? Meine innere Stimme hatte recht. Es gab nichts. Sollte ich Nash nicht einmal anhören?

Ich wusste es nicht. Wie sollte ich mich entscheiden? Fragen konnte ich auch niemand. Ich hatte keine Freunde. Verzweiflung stieg in mir auf.

Bevor ich vor Gefühlsüberflutung auflachen konnte, klingelte es zur Mittagspause. Endlich konnte ich dem Unterricht entfliehen und meine Maske für einen Moment fallen lassen.

Ich schmiss die Tasche über meinen Rücken und stürmte raus. Nur weg hier. Ich brauchte keine verwunderten Blicke oder gar jemanden, der mich auf mein Handeln ansprach. All meine Emotionen zurückhaltend, rannte ich durch die Schulflure. Ich wollte bloß hier raus und vom Campus verschwinden. Einen Moment alleine sein. So richtig alleine. Nicht Menschen um mich herumhaben, welche mir seltsame Blicke zuwarfen oder gar auf mich zukamen.

Erleichterung durchfuhr mich, als ich endlich die große Tür aufstieß und auf den Pausenhof trat. Alleine. Kein Nash in der Nähe, welcher auf mich wartete. Mein Herz zog sich zusammen. Einmal mehr war ich allein. Blind rannte ich über den Hof und verließ das Schulgeländer. Im Park würden mir wohl am wenigsten Schüler begegnen und alle anderen Menschen waren mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt.

Ich fiel erschöpft und überfordert auf eine Bank. Den Rucksack zu meinen Füssen und das Gesicht in den Händen vergraben sass ich da. Die Tränen flossen ungehindert über mein Gesicht. Woher all das Wasser kam, war mir schleierhaft. Aber mein Herz zog sich bei jedem Schluchzen zusammen und der Gedanke, dass ich allein war, ließ mich nicht mehr los.

Bevor ich Nash kennenlernte, war mir das nicht weiter bewusst. Klar wusste ich, dass ich mit niemandem nach der Schule ins Kino ging oder in das Freibad. Aber es kam mir nicht so vor, als ob ich es vermissen würde. Und jetzt?

Die wenige Zeit, welche ich mit Nash verbracht hatte, zeigte mir eine neue Welt. Nicht einmal Dave hatte so viel Zeit mit mir verbracht. Obwohl wir ja angeblich zusammen gewesen waren. Damals wusste ich nicht, was Zusammensein hieß. Ich hatte geglaubt, endlich jemanden gefunden zu haben. Dabei war dem nicht so. Ich war damals genauso alleine gewesen. Er hatte mich als Zeitvertreib gehalten.

Wenn ich jetzt an diese Zeit zurückdenke, verspüre ich Wut ihm gegenüber. Und mir selber. Wie konnte ich so blind sein? Nur weil ich mich immer einsam gefühlt hatte und endlich einmal das Gefühl nach Zuneigung genießen wollte. Die Clique hatte mir das Vertrauen Menschen gegenüber ebenfalls zunichtegemacht. Dave war dann das nächste Fettnäpfchen gewesen. Verzweifelt lachte ich auf. Was hatte ich eigentlich richtig gemacht? Irgendetwas?

Ich richtete mich auf und sah in den wolkenlosen Himmel. Hoffte auf eine Antwort. Wenn es Dämonen gab, konnte mir vielleicht der Himmel eine Antwort geben. Wer wusste das schon so genau? Mit meinem tränennassen Gesicht blickte ich hoch und wartete auf irgendein Zeichen. Keine Ahnung, was ich genau erwartete. Irgendetwas. 

Falling deep to fligh highWo Geschichten leben. Entdecke jetzt