Chapter Nine

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Es ist eine Woche vergangen. Seit dem Vorfall am Galaabend habe ich mich weder im Bundestag blicken lassen, noch auf die unzähligen Nachrichten geantwortet. Ich habe gelogen, dass ich Kontakt zu einem Corona positiven hatte und erstmal in Quarantäne bleiben muss. Ich habe noch nie gefehlt und schon gar nicht in der Arbeit gelogen. Die Presse will ein Statement, die Kollegen wollen Antworten, doch die weiss ich doch selbst nicht einmal. Ich habe keine Ahnung wie und wann ich mich jemals wieder blicken lassen soll. Das Display meines Handys leuchtet auf, vielleicht sollte ich doch mal wieder ein Lebenszeichen von mir geben, wenigstens an meine Engsten. Ich sehe die Nachricht meines Kollegen und öffne sie. Es ist eine Sprachnachricht und ich höre sie ab. „Ehm hallo Sahra, ich weiß du bist in Quarantäne, aber ich wollte mal sicher gehen, dass alles in Ordnung ist. Du wirst sicher gerade mit vielen Vorwürfen konfrontiert, aber das lässt sich bestimmt alles klären. Wenn du einfach aufdeckst wie es wirklich war, ist das alles bald wieder vergessen. Meld dich doch mal, bis bald!"

Aufdecken wie es wirklich war?! Ja wie war es denn? Wie soll ich bitte erklären, dass ich lauthals vor allen Menschen über einen rechtsradikalen Witz meiner Erzfeindin gelacht habe. Mittlerweile bin ich schon fast am Sofa festgewachsen, in der Küche steht das dreckige Geschirr zu berge und in der Ankleide wartet die Schmutzwäsche darauf, endlich gewaschen zu werden. Ich gebe mir einen Ruck, laufe in meiner Leggins und meinem Hoodie Richtung Küche und fange an die Spülmaschine einzuräumen. Dieses bisschen Ablenkung wird mich sicher auf andere Gedanken bringen. Doch auch wenn ich nun weniger an meinen unfassbaren Fehler denken muss, spukt nun Alice in meinem Kopf herum. Ich kann immer noch ihre Hände an meinen Hüften spüren und ihre Lippen, welche energisch nach mehr verlangen. Immernoch in Gedanken mit Alice in der Klokabine, sammle ich die schmutzige Wäsche vom Boden auf. Mir fällt der Blazer in die Hände, welchen ich am Galaabend trug und werfe ihn in den Korb zur anderen Schmutzwäsche. Nach und nach werfe ich lustlos Kleidungsstück für Kleidungsstück in die Waschmaschine. Wieder halte ich den Blazer in den Händen. Ich halte ihn an mein Gesicht. Der Duft von Seidels Parfüm steigt mir direkt in die Nase und wieder spielen sich die Bilder in meinem Kopf ab. Ich befreie mich nach einer Zeit aus meinen Gedanken und kontrolliere noch schnell, ob noch etwas in meinem Blazer ist, bevor ich ihn zu den anderen Klamotten in die Wäschetrommel werfe. Verwundert ziehe ich einen kleinen, zerknüllten Zettel aus der Tasche. Ich lasse den Blazer fallen und falte das Stück Papier auf. Eine Handynummer steht darauf, mit einem kleinen, lächelnden Smiley versehen. 

UNPOLITICAL TENSIONS //WeidelknechtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt