10. Kuscheln

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Mit tränenden Augen sah ich am nächsten Morgen meinen Vater an, welcher müde auf der Couch saß und auf mich zu warten schien. Liebevoll hatte der Braunäugige mich am Abend auf die Stirn geküsst, bevor er mich in Ruhe gelassen hatte und aus meinem Zimmer verschwand. Offenbar hatte meine Mutter ihm aufgetragen einmal nach mir zu sehen, sie machte sich Sorgen um mich und mein Vater tat das ebenso, womit ich nicht wusste umzugehen. Ich wollte die beiden nicht verängstigen oder verletzen, besonders mein Vater hatte nichts damit zu tun und wollte nur, dass ich glücklich war, aber ich brauchte Zeit für mich, bevor ich mit ihm sprach. Es dauerte lange bis ich endlich eingeschlafen war, ich überlegte lange ob ich mich einfach zu dem Braunhaarigen legen sollte und ihn mich umarmen lassen sollte, tat es allerdings doch nicht. Mein Vater beruhigte mich gerne, er strich mir oft liebevoll über den Rücken und gab mir still seine Nähe, da war er schon immer sehr spendabel gewesen. Selbst jetzt noch, ich war fast erwachsen, bot er mir immer an sich um mich zu kümmern und ich war ihm dankbar dafür, da war meine Mutter ganz anders. Sie würde mich zwar auch jederzeit trösten, aber trotzdem war sie noch lange nicht so liebevoll und sanft wie mein Papa.

Verwundert sah mich mein Vater von unten an, stand jedoch augenblicklich auf als er meine Tränen bemerkte und zog mich in seine Arme, drückte mich an sich heran. „Paddy, hey...schon gut, alles okay! Nicht mehr weinen, ja? Ich bin für dich da...", murmelte der Mann sanft, dabei begann er mir beruhigend durch das Haar zu streichen und ich genoss es gehalten zu werden, fühlte mich nicht mehr ganz so einsam wie am vorigen Tag noch. Schutzsuchend hielt ich mich an dem Braunäugigen fest und vergrub meinen Kopf in seiner Halsbeuge. Dieser Mann würde mich immer so akzeptieren wie ich war, er sah mich noch immer als seinen kleinen, geliebten Jungen und ich liebte ihn dafür, so sanftmütig konnte niemand anderes sein. Egal was ich sagte oder tat, der Ältere stand zu mir und würde mich immer verteidigen, egal was war. „Ich wollte nicht so böse klingen...das was ich gesagt habe ist mir einfach so herausgerutscht! Und es tut mir leid, dass ich dich gestern ignoriert habe, Papa!", versuchte ich zu erklären, was offenbar gar nicht nötig war. Zärtlich streichelte mich der Kurzhaarige, nickte verstehend.

„Schon gut, manchmal braucht man eben Zeit zum nachdenken! Deine Mutter weiß, dass du das nicht böse gemeint hast und es ist okay...mach dir keinen Kopf mehr darum. Wie wäre es, wenn wir einfach entspannt etwas essen, hm? Du hast gestern ja nichts mehr gegessen, das passt einfach nicht zu dir! Ich habe uns ein paar Frenchtoasts gemacht mit extra viel Schokolade!", grinste mein Vater und ich lächelte dankbar, nun war ich derjenige der nickte. Er wusste einfach wie er mich glücklich machen konnte, mein Papa war toll.

(...)

Mit interessierten Augen betrachtete ich den Bildschirm meines Handys, auf welchem eine Website zu sehen war die sich mit verschiedenen Sexualitäten beschäftigte. Meine Hausaufgaben waren mir ganz egal, ich hatte begonnen zu recherchieren was es mit all diesen Sexualitäten und Geschlechtern auf sich hatte, wollte wissen wie man sich sicher sein konnte einer gewissen Sexualität anzugehören, doch war meine Suche erfolglos. Ich hatte mich nie wirklich mit diesem ganzen Thema beschäftigt, Manu hatte mir oft etwas darüber erzählt und mir erklärt wie er zu dem Schluss gekommen war, dass er schwul war, das hatte mich schon zu diesem Zeitpunkt sehr irritiert. Er hatte unglaubliche Angst davor sich vor mir zu outen, ganz unsicher sah er mich an, als er mir erzählte wie er fühlte und ich versprach ihm sofort, das er sich nicht zu fürchten brauchte, ich würde ihn dennoch lieb haben wie immer. Seit diesem Tag behandelte ich den Jüngeren so liebevoll wie möglich, wenn ihn jemand auch nur anstarrte hielt ich ihm sofort meine Hand hin und gab ihm Zuflucht, war für ihn da. Wir waren seitdem noch viel enger zusammen gewachsen, behandelten uns gegenseitig so liebevoll und sanft wie nur irgendwie möglich, unsere Beziehung zueinander war besonders.

Manchmal erkannte ich mich in den Beschreibungen selbst wieder, aber ob das gleich hieß, dass ich genau das war worin ich mich wieder erkannte, das bezweifelte ich stark. Wie nur war es möglich etwas komplett auszuschließen? Man veränderte sich im Laufe der Zeit, was ich in diesem Moment mochte konnte ich im nächsten wieder hassen und demnach war es möglich, dass ich gerade auf eine bestimmte Weise empfand, später jedoch komplett anders dachte. Ich konnte nicht sagen wie man sich bei etwas derartigen sicher sein konnte. Es wäre nicht schlimm, wenn man von sich dachte, dass man am ehesten auf Männer stand, so empfand man nunmal, aber schloss man damit nicht potenzielle Partnerinnen aus, mit denen man vielleicht gerne zusammen sein würde? Niemals könnte ich klar sagen, dass ich nur auf Frauen stand, denn sowohl Frauen als auch Männer konnten wundervolle Partner sein, es kam dabei ganz auf die Person an sich an und nicht auf ihr Aussehen oder Geschlecht. Mir fiel es schwer mich auf eine Sexualität festzulegen, besonders da ich noch nie verliebt gewesen war und somit auch nicht wusste wen ich generell attraktiv finden könnte, es war einfach verwirrend.

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