Epilog

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Epilog


Er ging seine Dokumente ein letztes Mal durch, stapelte Akten aufeinander, die er in den Gerichtssaal mitnehmen würde und zählte Blätter ab, die er in und auswendig kannte. Ein Klopfen an seiner Tür ließ ihn aufblicken, gerade als Kyungsoo alles ordentlich beisammen hatte.

„Herr Do? Frau Bae Joohyun wartet auf Sie."

„Danke, ich komme sofort." Er zeigte auf den Stapel an Unterlagen, der neben seiner Computertastatur lag. „Würdest du diese Sachen später in den Gerichtsaal mitbringen? Und den unterzeichneten Brief von Frau Kim, der noch am Empfang liegt."

„Natürlich." Sein Assistent, Serim Hwang, blieb einen Moment länger in der Tür stehen. Kyungsoo kannte ihn gut genug um zu wissen, dass er etwas auf dem Herzen hatte, wenn er auf der Innenseite seiner Wangen herumkaute. „Herr Do?"

Da war es. „Was ist?"

„Ich will Ihnen für später viel Erfolg wünschen. Ich weiß, wie lange Sie an diesem Fall gearbeitet haben."

Kyungsoo richtete sich auf und nahm seine Anzugsjacke von der Rückenlehne seines Stuhls. Es war Herbst und die Luft heute Morgen knisternd und stechend gewesen, als er tief eingeatmet hatte. Er war mit einem Schal aus dem Haus gegangen, aber hatte ihn auf halbem Weg zu seinem Wagen an Baekhyun weitergegeben, der nur einen dicken Pullover angezogen hatte. „Danke Serim, das bedeutet mir viel."

Serim leuchtet auf wie eine Glühbirne im Dunkeln. „Bringen sie diese Verbrecher hinter Gitter!" Damit machte er auf den Absätzen kehrt – hoffentlich um den Brief abzuholen, den Kyungsoo vorhin angesprochen hatte.

Er traf Joohyun im Wartebereich der Kanzlei, eine schmale Tasse Tee zwischen den Händen, die ihr wahrscheinlich von einem von Kyungsoos Kollegen aufgedrückt wurde, obwohl sie abgelehnt hatte. Das war ihr schon mehrfach passiert, weil jemand aus der Kanzlei offensichtlich aggressives Tee ausschenken als Flirtmethode benutzte. Noch hatte sie ihm nicht gesagt, wer es war, aber Kyungsoo vermutetet, dass es Serim war. Im Moment hielt sie sich an der Teetasse fest, als würde sie ansonsten in einen Abgrund hinunterfallen.

Er überbrückte die letzten Meter zwischen ihnen und drückte ihr zum Gruß einen Kuss auf die Wange. „Wie geht es dir?"

„Schrecklich. Ich habe mich heute Morgen schon zwei Mal übergeben." Kyungsoo konnte die roten Augenränder sehen, die für Tränen und eine schlaflose Nacht plädierten. „Ich weiß nicht, wie ich die nächsten Stunden aushalten soll."

„Du bist schon so weit gekommen." Er setzte sich auf die Ledercouch neben sie. Das Material knisterte unter ihrem Gewicht. „Es ist nur noch dieser letzte Schritt."

„Was wenn wir verlieren? Wenn ich all diese Leute ans Licht gezerrt habe und nun herauskommt, dass wir nie eine Chance hatten?"

Es tat ihm weh seine beste Freundin seit so vielen Jahren so verletzlich zu sehen, wenn sie sonst in einem weißen Kittel in Universitäts-Laboren herrschte und überwältigten Erstsemestern von den Facettenaugen von Libellen erzählte, die sich aus 30 000 Einzelaugen zusammensetzen oder Kakerlakenkörper sezierte, ohne einmal das Gesicht zu verziehen.

Er drückte ihre Hand. „Ich weiß, dass du nervös bist, und du hast alles recht dazu, aber wir beide wissen, wie wichtig ist, was wir hier tun. Du stimmst mir doch zu, oder?"

Sie seufzte. „Natürlich. Ich weiß. Ich wünschte mir nur manchmal, dass jemand mutigeres meine Rolle übernehmen würde."

Kyungsoo schloss sie in den Arm, bis ihr schulterlanges Haar seine Wange kitzelte. „Du bist die mutigste Person, die ich kenne, Joohyun. Es gibt niemanden, der besser für die Aufgabe geeignet wäre."

Die vier Seiten eines PuzzleteilsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt