VI. The first step 💐💖

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"Ich wusste nicht... Ich dachte du wärst nicht da", erkläre ich mich kläglich und drehe mich langsam zu der Gestalt, deren schemenhafte Umrisse deutlich von meinem Blumenfreund sind.

"Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns so schnell wiedersehen. Kaum zu glauben, dass du den Haupteingang genommen hast. Ich dachte ja, dass du Gefallen daran hast über fremde Gartenzäune zu hüpfen", entgegnet mein Gegenüber amüsiert. Ich weiß nicht, was ich darauf erwidern soll und fühle mich seltsam unbehaglich.

"Machst du dich gerade über mich lustig?", presse ich leicht angesäuert hervor. Nun scheine ich die volle Aufmerksamkeit des jungen Mannes zu haben. Er mustert mich aufmerksam und kommt mir ein paar Schritte entgegen.

"Natürlich nicht. Okay, vielleicht ein bisschen. Versteh mich bitte nicht falsch, aber so etwas wie heute Nachmittag ist mir wirklich noch nie passiert", gesteht mir dieser Mann, dessen Vornamen ich noch immer nicht kenne.

"Glaub mir, für mich war das auch eine Premiere", murmle ich wenig begeistert über diese Feststellung.
"Also, was verschafft mir die Ehre? Verrätst du mir, jetzt wo du hier bist, auch endlich deinen Namen?"

'Will er ihn wirklich wissen oder einfach nur höflich sein? Alec oder Alexander?' Aus seinem Mund klingt alles besonders samtig, vermutlich auch mein voller Name, der bisher von niemandem aus meinem Umfeld Beachtung erhalten hat.
"Alexander. Alexander Lightwood."

"Es ist mir eine Freude, Alexander", entgegnet mein Gegenüber und reicht mir seine Hand, die ich zögerlich ergreife. Sie ist warm und weich.
"Magnus Bane", stellt er sich mir nun vor.

'Wer hätte gedacht, dass ich so schnell seinen richtigen Namen erfahren würde?' Ihn auf ewig 'Blumenfreund' zu nennen, hätte mich auf Dauer sicherlich frustriert.

"Ich wollte dir etwas geben, Magnus", erkläre ich mich nach einem Räuspern und entlasse Magnus' Hand nur ungern. "Ein kleines Dankeschön für heute Nachmittag. Du warst großartig."

"Deine Schwester hat sich also gefreut", schlussfolgert er und lächelt sichtlich zufrieden.
"Sehr", flüstere ich und deute auf die Haustür.
"Du legst mein Geschenk einfach auf den Boden? Woher hätte ich wissen sollen, dass es von dir ist?", will Magnus wissen und geht geradewegs auf den Strauß Blumen zu.

"Ich hatte da so ein Gefühl, dass du den Wink verstehen würdest."
"So, dachtest du das?", murmelt er grüblerisch und mit dem Rücken zu mir gewandt.

"Du hast dir meine Lieblingsblumen gemerkt?", stellt er erstaunt fest.
"Ich hoffe, du bist dafür nicht in fremden Gärten umher gesträunert."
Vielleicht soll mich diese Aussage wieder provozieren, anderseits habe ich Magnus wohl die beste Vorlage durch mein Verhalten gegeben.

"Nein. Sie sind aus dem Garten meiner Mutter", gestehe ich ihm.
"Sie sind wunderschön, Alexander."
Mich überkommt ein wohlig warmes Gefühl, als Magnus meinen Namen derart sanft ausspricht, dass es mich zutiefst berührt.

Vorsichtig hebt er die Hyazinthen auf und kommt geradewegs auf mich zu. Dabei schnuppert er genießerisch an den Blüten.
"Weißt du, viele mögen den intensiven Geruch von Hyazinthen nicht, doch ich kann nicht genug davon bekommen. Er ist so pur und rein."

"Dann werde ich wohl jetzt immer an dich denken, wenn ich Hyazinthen blühen sehe", verkünde ich lächelnd.
"Nur dann? Ich hatte gehofft noch mehr Platz in deinen Gedanken einnehmen zu können", entgegnet Magnus verdutzt und nahezu enttäuscht.

"Was?" Es überfordert mich, dass er dermaßen direkt ist, anderseits treibt er dieses Gespräch auch weiter voran und lässt mich damit auch mutiger werden.

"Ich dachte, es war heute Nachmittag offensichtlich, dass du mir sehr gefällst. Allerdings scheinst du noch recht unsicher im Umgang mit anderen Männern zu sein. Wenn du noch dabei bist, dich zu finden...", erklärt mir Magnus und legt behutsam seine Hand um meinen Oberarm.

Die Wärme seiner Hand spüre ich selbst unter den Stoff meines Hemdes. Wie es sich wohl anfühlt, wenn dieses Stückchen Stoff schwinden würde.
"Bin ich nicht. Ich weiß, wer ich bin und was ich will", stelle ich nach einem kurzen Moment des Starrens klar. Magnus ist wirklich wahnsinnig attraktiv.

"So, so. Was willst du denn, Alexander?", hakt er provokant nach und kommt mir mit seinem Gesicht deutlich näher. So nah, dass der Hauch seines Atems auf meinem Gesicht zu spüren ist. Ich schlucke schwer und erwidere mit ungewöhnlich rauer Stimme:

"Ich möchte diesen Abend gerne mit dir verbringen und dich besser kennenlernen." Mit der Stirn lehne ich mich sanft gegen Magnus' und blicke ihm entschlossen in die Augen.
Trotz Angst erneut einen Korb zu bekommen, frage ich ihn ein weiteres Mal an diesem Tag:
"Möchtest du mich vielleicht begleiten?"

"Zu der Geburtstagsfeier deiner Schwester?", erkundigt er sich überrascht und streicht mir zärtlich mit dem Daumen über die Wange. Zustimmend nicke ich leicht mit dem Kopf, verursache durch diese minimale Bewegung, dass Magnus' und meine Nasenspitze aneinanderreiben.

Ein ungewohntes, aber auch schönes Gefühl ihm auf diese Weise nahe zu sein.
"Es wäre mir eine Ehre, Alexander", erwidert Magnus mit sanfter Miene. Erleichterung weicht den drückenden Zweifeln in meinem Innern und lässt mich Hoffnung schöpfen, dass die Begegnung mit Magnus der Anfang von etwas Großem sein könnte.

"Ich stelle die Hyazinthen nur schnell ins Wasser und hole dann mein Fahrrad", erklärt er mir mit einem Augenzwinkern.

Verträumt blicke ich ihm nach und komme nicht umher einmal freudig auf der Stelle zu hüpfen. Vielleicht hat das Damenfahrrad meiner Mutter dazu beigetragen, dass ich mich hier gerade wie ein verliebtes Mädchen aufführe. 'Das wird es sein, ganz klar ', komme ich zum finalen Schluss.

Dennoch glücklich über den Verlauf des Abends blicke ich zum Himmel und bestaune unverhofft eine leuchtende Sternschnuppe, die so schnell über den Himmel jagt, dass ich fast glaube, sie mir nur eingebildet zu haben. Der Wunsch ist verstrichen.

'Seis drum', denke ich mir und seufze. 'Was könnte ich mir heute Abend noch wünschen?'

Flowers First - Der Blumendieb 💐🏃🏻‍♂️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt