seven

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Kai


"Ich...", begann ich zögernd," Ich habe von dir geträumt letzte Nacht."
" Bin ich so schlimm oder was?", fragte Julian daraufhin schmunzelnd.
"Du bist gestorben", murmelte ich, ohne auf das von ihm Gesagte einzugehen.
"Ohh", kam es von Jule und ich hatte das Gefühl, dass er nicht wusste, was er sagen sollte.

"Immer wenn ich aufgewacht und mich dann wieder schlafen gelegt hab, bist du wieder gestorben, nur auf eine andere und viel grausamere Art und Weise", fuhr ich leise fort," Du wurdest gequält, hattest Schmerzen, hast geweint, mich angeschaut und mich angefleht, dir zu helfen, aber ich konnte nichts machen."
Automatisch musste ich daran zurückdenken.
Jules Blick, seine Schmerzen, seine Augen, die sich immer und immer wieder unter gequältem Gesichtsausdruck schlossen und sich nicht mehr öffneten.
Es war so schlimm; so verdammt schlimm.

"Warum hast du mir das nicht erzählt?"
Die Stimme des Älteren triefte nur so vor Fassungslosigkeit.
"Ich wollte dich nicht belasten, du hast doch auch eigene Probleme und....-"
"Echt jetzt? Das hatten wir doch schon tausendmal. Wir sind in einer Beziehung, verdammt nochmal. Da sind deine Probleme auch meine. Du belastest mich doch nicht.", regte er sich auf.
Seine blauen Augen, die mich sonst immer so liebevoll anschauten, strahlten nun Enttäuschung und auch ein bisschen Wut aus.
"Wahrscheinlich war das noch nicht mal das erste Mal,dass du sowas träumst.Du hast es mir nur nie gesagt", fügte er ironisch an.
Ich senkte schuldbewusst den Kopf und biss mir auf die Lippe.
Ja, Jule, genauso ist es, verdammt nochmal.

Ungläubig schüttelte Jule seinen Kopf, als er bemerkte, dass er mit der Bemerkung, die eigentlich ein Scherz sein sollte, recht hatte.
"Ist das dein scheiß Ernst?", hauchte er komplett fassungslos," Dir geht es seit Monaten schlecht und du erzählst mir nicht ein fucking Wort davon? Man, was ist denn los mit dir? So warst du doch früher nicht!"
Eigentlich war ich schon immer so gewesen, ich hatte noch nie gerne über meine Probleme oder über das was mich belastet gesprochen, aber das wollte ich ihm jetzt nicht auch noch auf die Nase binden.
Irgendwie verletzten mich seine Worte; vor allem der letzte Satz.
Ich spürte einen schmerzhaften Stich in meinem Herzen, aber den habe ich vielleicht auch verdient.

"Wie soll das denn weitergehen, wenn du nicht mit mir über sowas sprichst, hm?", fragte er weiter; nun doch etwas sanfter, aber dennoch verständnislos und wütend.
Ich schwieg noch immer; mittlerweile waren mir Tränen in die Augen gestiegen.
"Kai?"
"Bist du sauer?", fragte ich mit zitternder Stimme und sah direkt in seine meerblauen Augen.
"Ein bisschen vielleicht ", antwortete er," Aber vor allem mache ich mir Sorgen um dich. Wenn es das nächste Mal mehr als Albträume sind und du alles in dich hineinfrisst, kann das böse enden. Aber ich liebe dich mehr als alles andere und weißt du, was das heißt? "
Ich schüttelte den Kopf und zog die Nase hoch.
Irgendwie war das gerade alles viel; viel zu viel für mein müdes Hirn.

"Das heißt, dass ich dich nicht alleine lasse und wir gemeinsam irgendwas gegen diese scheiß Albträume unternehmen müssen und dann daran arbeiten, dass du mir mehr anvertraust und lernst, dass du mich nicht belastest", erklärte er mit ruhiger Stimme.

Verdammt Jule, warum bist du so?
Warum bist du du?
Womit hab ich dir verdient?

Ich musste aufschluchzen , so sehr hatte mich unsere Unterhaltung mitgenommen.
"Wenn ich jetzt bei dir wäre, würde ich dir die Tränen aus dem Gesicht wischen, dir die Haare kraulen und dich küssen", sagte er sanft.
Ich musste leise auflachen.
"Guckst du mich morgen Abend?", fragte ich hoffnungsvoll und blickte wieder zu ihm auf.
"Klar, wie könnte ich mir entgehen lassen, wie du die da fertig machst und eine Bude nach der nächsten reinhaust?", lachte er und brachte mich damit auch gleich wieder zum Schmunzeln. Es war unglaublich, egal wie traurig ich war, er musste nur da sein und sein 'Ich liebe dich ' sagen und schon ist alles nicht mehr ganz so schlimm.
"Danke Jule", flüsterte ich dankbar.
"Für dich immer. Wir telefonieren morgen nochmal okay?"
Ich nickte. "Ich habe um zehn Abschlusstraining. Wie wär's mit eins?", fragte ich.
Jule stimmte zu und wir verabschiedeten  uns voneinander.
Er fehlte mir.
Klar, wir telefonierten jeden Tag. Manchmal sogar mehrmals am Tag, aber telefonieren ist einfach nicht dasselbe wie als wenn ich ihn jeden Tag live und in Farbe sehen könnte.
Scheiß Entfernung.

Meine traurigen Gedanken verdrängend machte ich mich schließlich daran,meine Sachen für später zu packen.
Ich freute mich auf dieses Spiel.
Hoffentlich würde ich auch von Anfang an spielen dürfen. Normalerweise war ich fast immer in der Startelf zu finden,  aber nach dem heutigen Gespräch mit Thomas war ich mit nicht sicher, ob er nicht doch auf Nummer sicher gehen würde und mich erstmal auf die Bank setzen würde.
Aber er hatte mir vorhin doch eigentlich mehr oder weniger gesagt, dass er mich in die Startelf aufnehmen würde, oder?
Hatte ich mich getäuscht und es falsch verstanden?
Ich konnte nur hoffen, dass ich ihn überzeugt hatte.

Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch, als es klingelte.
Schnell rannte ich runter und öffnete die Tür,  hinter der Timo stand, um mich abzuholen.
Das machten wir immer. Wenn wir zu Spielen flogen, holte Timo mich ab.

Nachdem wir uns begrüßt hatten, nahm ich meine Tasche und folgte ihm zum Auto.
"Habt ihr alles klären können?", fragte er neugierig und gleichzeitig bekümmert, während er das Auto startete. "Ja", antwortete ich schlicht. Auch wenn das Thema jetzt geklärt war, wollte ich nicht darüber reden, verstand noch immer nicht so ganz, warum alle so ein Drama darum gemacht hatten.
"War er sauer?"
"Ein bisschen. Timo sei mir nicht böse, aber ich möchte da gerade nicht so gerne drüber reden. Die Sache ist jetzt geklärt und nicht mehr der Rede wert", versuchte ich ihm klar zu machen, dass ich von der Sache nichts mehr hören und wissen wollte.
Timo nickte nur.
Manchmal wurde ich aus ihm echt nicht schlau; er war ein wandelndes Mysterium.
"Wie du meinst. Aber wenn wieder sowas ist, dann kommst du zu mir und lässt dir nicht alles aus der Nase ziehen, okay?"
"Klar", seufzte ich kurz und lehnte mich im Beifahrersitz zurück, um die Augen etwas zu schließen.
Timo war halt etwas überfürsorglich .Das würde ich ihm wohl nicht austreiben können, aber um ehrlich zu sein, wollte ich das auch gar nicht. Schließlich war er immer da, wenn ich ihn brauchte.
Wir verfielen in ein Schweigen, welches keineswegs unangenehm war.
Ich versank in meinen Gedanken und kam erst in die Realität zurück, als Timo den Wagen zum Stehen brachte.

"Schlaf doch ein bisschen Kai", sagte Timo zu mir,als das Flugzeug in der Luft war.
Müde nickte ich und machte es mir etwas gemütlicher.
Ich war froh,dass Timo mich,entgegen seiner Natur, in Ruhe ließ.
Tatsächlich konnte ich ein bisschen schlafen und wurde erst kurz vor der Landung wieder wach.
"Na du Schlafmütze? Ausgeschlafen?", grinste mein Sitznachbar mich an.
"Mehr oder weniger ", murmelte ich schläfrig.
Leise lachte er auf.
Ich wollte noch etwas erwidern, wurde jedoch von Thomas unterbrochen, der seine Rolle als Trainer mal wieder mit der eines Lehrers, der mit seinen Schülern auf Klassenfahrt war, verwechselte.
"So Jungs, aussteigen und ab in den Bus. Wenn wir nicht in den Stau kommen, sind wir in zwanzig Minuten im Hotel."

Auch im Bus saßen Timo und ich glücklicherweise zusammen, denn so war ich etwas von meinen hibbiligen Teamkollegen abgeschirmt.
Ich spielte etwas an meinem Handy rum und schrieb irgendwann Jule, dass wir gut angekommen waren. 
Er antwortete mir kurze Zeit später mit einem einfachen Daumen nach oben und einem Herzchen, was ich erstmal so zur Kenntnis nahm und nicht antwortete, da wir am Hotel angekommen waren und die Zimmer bezogen.
Seit einer Weile loste Thomas die Zimmerpartner aus, damit man auch mal mit anderen auf ein Zimmer kommt und nicht immer mit demselben.
Mit Mason als meinen Zimmerpartner bin  ich mehr als zufrieden. Wir  verstanden uns gut und waren gut befreundet.

"Ich nehme die linke Seite", verkündete ich gleich, als wir das Zimmer betraten.
Es war ein ungeschriebenes Gesetz, dass ich immer die linke Seite eines Bettes bekam.
"Ich weiß, ich weiß", schmunzelte er wissend und legte seine Tasche neben dem Bett ab.
Ich hingegen ging erstmal ins Bad, um mich etwas frisch zu machen.
Mittlerweile war es acht Uhr und ich wollte einfach nur ins Bett. Kein Abendbrot. Keine Sachen in der Mannschaft machen. Einfach nur ins Bett und schlafen. Und vielleicht nochmal mit Jule schreiben.
Als ich im Bad fertig war, ging ich zurück und setzte mich neben Mase auf das Bett.
"Wann gibt's nochmal Abendessen?", fragte ich an ihn gewandt.
"Ähh, in 45 Minuten", antwortete er und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf sein Handy.
Ich seufzte auf. Es würde sich nicht lohnen sich jetzt noch hinzulegen und zu schlafen.
Dann konnte ich auch kurz Jule schreiben.
'Was machst du gerade?'
Während ich auf seine Antwort wartete, scrollte ich etwas durch Instagram. Hier ein Bild liken, da kommentieren.

'Bin mit Erl noch was trinken', blinkte die Antwort auf. ' Und was machst du so?', ergänzte er.
'Nichts. Ich warte,dass es Abendessen gibt und ich dann endlich in mein Bett kann.'
'Dann guten Appetit. Und Schlaf gut .Ich freue mich schon dich morgen zu sehen. Vermisse dich, Engel'
Ich musste lächeln. Wie süß konnte jemand sein?
'Dir auch noch viel Spaß.', war meine schlichte Antwort.
"Komm Kai, wir müssen runter", meldete Mase sich dann zu Wort und ich stand auf, um mit ihm runter zu gehen und etwas zu essen, um dann hoffentlich schnell ins Bett zu kommen.

Love of my life   Brandt×HavertzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt