eleven

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Julian

"Was machen wir noch so bis wir los müssen?", fragte Erl mich am nächsten Morgen, als wir vom Frühstückssaal durch den großen Hotelgang schlenderten, um wieder zu unserem Zimmer zu gelangen. 
Edin hatte uns ein bisschen Freizeit vor dem Losfahren gegönnt; ausnahmsweise.
Auch wenn ich sagen muss, dass ich lieber früher nach Hause gefahren würde.
Aber es war auch schön, Zeit mit Erl und den anderen zu verbringen.

"Keine Ahunng , ich wollte dann nochmal mit Kai telefonieren. Sonst einfach ein bisschen chillen,oder?", schlug ich vor.
"Hört sich gut an", stimmte der Norweger zu und öffnete die Zimmertür mit meiner Zimmerkarte,da er seine mal wieder verloren hatte. Wie er das in so kurzer Zeit immer schaffte, war mir unbegreiflich.

"Wann willst du mit deinem Kai telefonieren?", fragte er und legte sich auf das Bett.
"Um neun."
Ich folgte ihm, nachdem ich mein Handy vom Ladekabel abgestöpselt hatte.
"Dann gehe ich dann zu Jude oder so", gab er seinen Plan preis.
"Kannst du machen. Musst du aber auch nicht. Du kannst auch gerne hier bleiben,  mich stört das nicht und Kai bestimmt auch nicht.", erwiderte ich.
"Ja aber alles gut. Ich wollte mich eh mit ihm treffen", wiegelte er ab.
Sein gequälter und verletzter Gesichtsausdruck ist mir dabei nicht entgangen.
Man, es tat mir so leid, dass er allein war; er sehnte sich so nach einer Beziehung, nach jemandem, der ihn so ansah, wie Kai mich. 
Wahrscheinlich flüchtete er deshalb.
"Wie du meinst", seufzte ich leise.
Ich wünschte echt, ich könnte etwas für ihn tun...

"Ich gehe dann mal, bis später", verabschiedete sich Erl und stand auf, um zu Judes Zimmer zu gehen.
Ich hingegen rollte mich aufs Bett, startete den Videoanruf und wartete bis Kai annahm.
Es dauerte eine Weile und ich wollte gerade den Anruf beenden, als die braunen Haare meines Freundes auf dem Display erschienen.
"Hey", schmunzelte ich,  obwohl ich noch immer nicht sein Gesicht sondern nur seinen Lockenkopf gesehen habe.
"Hey", schnaufte er erschöpft.
"Was ist denn bei dir los?", fragte ich mit Lächeln im Gesicht.
Zum ersten Mal blickte er auf und ich erschrak, als ich sah, dass er ein blaues Auge hatte.

"Oh Gott,  was ist passiert?", fragte ich geschockt.
Ein besorgtes Kribbeln durchfuhr meinen Körper; krabbelte von meiner Wirbelsäule immer weiter nach oben.
"Was?", fragte er, irritiert, ehe ihm klar zu werden schien, was ich meinte" Achso das. Das ist beim Training passiert. Ben hat mein Gesicht mit dem Ball verwechselt.", erklärte er und zuckte mit den Schultern.
Ich lächelte. "Na wenn das so ist. Ich dachte schon, du hättest dich mit irgendwem geprügelt", sagte ich.
"Nene", beruhigte er mich," Das war ein Versehen von ihm. Alles gut. Tut auch nicht weh."
"Dann bin ich ja beruhigt. Wie war das Training sonst so?"
"Ja ganz gut. Toni ist wieder dabei; wurde auch Zeit nach drei Monaten Pause. Sonst wie immer", antwortete er," Und bei dir? Wie sieht's bei euch so aus? Übrigens super Spiel gestern, Liebling."
"Danke, so lange habe ich zwar nicht gespielt,  aber egal. Ich freue mich, dein Gesicht zu sehen."
"Ich auch, Engel, Aber weißt du worauf ich mich noch mehr freue? Wenn ich in so ziemlich und genau zehn Tagen eine Woche bei dir bin."
Und wie ich mich erst darauf freute. 
Allein bei dem Gedanken daran machte mein Herz einen ordentlichen Satz.

"Ich mich auch, Schatz. Dann kannst du für mich kochen und ich muss keine Angst mehr
vor einer Lebensmittelvergiftung haben."
Kai lachte auf. "Jaja, dass du noch lebst, bei deinen Kochkünsten. Also ich bin froh darüber, aber...."
"Hahahaha ", imitierte ich ein sarkastisches Lachen," Danke für das Kompliment, mein lieber Freund."
"Man muss der Wahrheit auch mal ins Auge blicken, Julchen."
"Dann sehe  mal der Wahrheit ins Auge,dass du wenn du hier bist, keinen Sex bekommst", konterte ich, wohl wissend, dass er das nicht aushalten würde,aber dass auch ich meine Schwierigkeiten damit bekommen würde.
"Das hältst du gar nicht durch, du kleiner Sexsuchti", antwortete er mit frechem Grinsen auf den Lippen.
"Wer bettelt den immer um eine weitere Runde?", stellte ich die Frage, die ganz klar Kai als Antwort erwartete.
"Sag nicht,dass es dir nicht gefällt."
"Das habe ich auch nie gesagt."
"Naja, mir reicht es auch in deinen Armen zu liegen und den ganzen Tag Filme zu gucken. Oder hast du irgendwelche anderen Pläne?", fragte er.
"Ne eigentlich nicht, ich habe gedacht wir lassen alles auf uns zukommen. Jascha wollte dann mal vorbeikommen und dich sehen aber ansonsten...", informierte ich ihn.
"Oh ja, Jascha habe ich ja schon so lange nicht mehr gesehen", freute er sich.
"Genau das hat er auch gesagt", kommentierte ich," Aber nicht, dass du dich jetzt mehr auf meinen Bruder als auf mich freust.", sagte ich gespielt eifersüchtig.
"Ohhh. Ich freue mich auf Nichts mehr,  als auf dich, das weißt du doch, Engelchen", tröstete er mich aus Spaß.
"Natürlich weiß ich das."

Wir mussten beide über diese echt sinnlose Unterhaltung lachen. Natürlich freuten wir uns auf diese Woche und natürlich werden wir nicht auf Aktivitäten, die meistens im Bett stattfinden, nicht verzichten.
Soweit kommt es noch.
Und dass Kai sich auf mich freute,war mir natürlich auch bewusst.
"Babe?", fragte ich nach einer Weile des Schweigens.
"Hmm?", fragte er und sah mir in die Augen.
"Bist du eigentlich stolz auf mich?", fragte ich ihn mit ernster Stimme.
Diese Frage brannte mir schon seit längerer Zeit unter den Nägeln, aber ich habe mich nie so richtig getraut ihn zu fragen. Vielleicht hatte ich Angst vor seiner Antwort.
Fassungslos starrte Kai mich an.
"Meinst du das Ernst?", fragte er erschrocken," Natürlich bin ich stolz auf dich, Jule. Wie kommst du denn darauf, dass ich es nicht bin?"
"Ja was bin ich denn im Gegensatz zu dir?  Ich meine du spielst bei Chelsea und hast die Champions-League gewonnen", gab ich meine Zweifel kund.
"Und du spielst beim BVB und hast den Pokal gewonnen", versuchte Kai mich zu überzeugen.
Ich schwieg,  fiel mir doch kein gutes Gegenargument ein, aber so richtig glauben wollte ich ihm nicht.
Schon etwas länger trübten diese Gedanken meinen Alltag und auch wenn ich wusste, dass Kai mir nichts anderes sagen würde, konnte ich es jeztt einfach nicht mehr zurückhalten.

"Jule, du spielst bei einem der besten Clubs in Europa, du bist dort erfolgreich, fast immer in der Startelf und die Fans lieben dich. Mal ganz Abgesehen davon, dass ich dich liebe und auch lieben würde, wenn du der schlechteste Spieler dieser Welt wärst, aber du bist einer der Besten Deutschlands wenn nicht in der Welt.
Fakt ist,dass du für mich immer der schönste, beste und liebenswerteste Mensch und Fußballer in diesem Universum bist. Und deine Freunde werden dir das auch sagen, da bin ich mir ganz sicher", hielt er mir einen Vortrag,der so schön war,dass er mir Tränen in die Augen trieb.
Ich schniefte auf und hob meinem Blick wieder.
"Hey warum weinst du denn jetzt? Habe ich was Falsches gesagt?", fragte er und klang verzweifelt.
Seine Augen strahlten pure Besorgnis aus.
"Nein", schluchzte ich," Du hast nichts falsch gemacht o-oder gesagt. Ich...ich war einfach nur so... gerührt v-von dem,was du g-gerade gesagt hast , d-dass ich für dich immer der beste Spieler bin u-und-."
Ich brach ab.
Mir wurde das alles gerade zu viel. Seine Worte waren so schön gewesen und ich schämte mich auf einmal dafür, sowas jemals gedacht zu haben.
"Ach Jule", sagte Kai sanft mit leichtem Lächeln," Wenn ich könnte, würde ich dich jetzt sofort in den Arm nehmen. Komm du wischt dir jetzt die Tränen weg und dann legst du auf und gehst zu deinen Freunden, hmm?"
"Ich will dich aber weiter sehen ", jammerte ich und wischte mir mit dem linken Ärmel die Tränen aus den Augen.
"Wir telefonieren heute Abend nochmal okay? Um sieben?"
Ich nickte:" Okay"
"Bis dann mein Engel. Und jetzt genießt du noch etwas Zeit mit deinem Erl, okay?"
"Okay", stimmte ich wieder zu.
Wir legten also auf und ich beruhigte mich noch etwas,bevor ich Erling schrieb, dass wir fertig waren.
Er musste ja nicht gleich mitbekommen, dass ich geweint hatte. Schließlich wollte ich ihn damit nicht noch weiter nerven.

Die restliche Zeit und auch die Fahrt waren schön. Es war immer unterhaltsam mit diesem chaotischen Haufen. Sie ließen mich vergessen, wie sehr ich Kai doch vermisste und dafür war ich ihnen dankbar auch wenn sie es eher unbewusst machten.
"Jule?", sprach Mats mich an," Heute Abend um sechs Mannschaftsabend bei mir?"
"Okay", sagte ich fröhlich zu, vergaß dabei völlig, dass ich eigentlich mit Kai telefonieren wollte.
"Cool."

"Dann bis später Jule ", verabschiedete Erl sich vom mir, nachdem er mich vor meiner Haustür rausgelassen hatte.
"Jo bis später und sei pünktlich ", lachte ich .
"Bin ich immer."
"Naja", sagte ich belustigt.
Ich holte meinen Schlüssel raus und schloss die Haustür auf.
So schön wie es war mit dieser Mannschaft, so schön war es auch mal allein in seinen eigenen vier Wänden zu sein und meine Ruhe zu haben...

Love of my life   Brandt×HavertzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt