3. Enttäuschend

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Ich schreckte hoch, rieb mir den Schlaf aus den Augen und schaute mich um. Mein Herz raste schneller und ich dachte an meinen Traum zurück. Würde mich die letzte Nacht ewig verfolgen? Nachdem ich mir meine Haare aus dem Gesicht gestrichen hatte, drehte ich mich verschlafen nochmal ins Kissen, nur um gleich danach doch aufzustehen.

Ich schleppte mich in die Küche, drückte den Knopf der Kaffeemaschine, nachdem ich das Wasser aufgefüllt hatte und setzte mich auf die Anrichte. Ich verschaffte mir einen kurzen körperlichen Überblick und schnaufte auf. Bei all meinem Stress in der letzten Zeit wäre es heute mal angebracht bei Jasper vorbei zu schauen. Ein Wunder, dass er sich noch nicht gemeldet hatte. Seltsam. Normalerweise war er der Zuverlässige von uns beiden und hatte alles im Griff. Er plante auch alles im Voraus. Ziemlich übertrieben, wie ich finde, da laut meiner Meinung nach die besten Dinge passieren, wenn man spontan ist.

Ich beschloss ihn also einfach mal zu überraschen. In seiner Wohnung waren wir nicht allzu oft, da meine Wohnung näher bei mir an der Arbeit war, und wir uns deshalb meistens dort trafen nach meiner Schicht.

Der Kaffee war durchgelaufen. Ich holte mir schnell Milch aus dem Kühlschrank und schüttete einen Schluck in meinen cremigen Kaffee. Etwas Zucker durfte nicht fehlen und ich schnappte mir nebenbei mein Handy um mich dann auf mein Sofa zu legen. Ein Kaffee in der Früh reichte mir vollkommen um Morgens aus der Wohnung zu kommen. Ich brauchte kein ausgewogenes Frühstück, sei es eine Smoothie Bowl oder andere Frühstücksvariationen. Ich scrollte durch meine Handy, konnte aber keine neuen Nachrichten entdecken. Ryan rief mich meistens nur an, wenn ich spontan einspringen musste und das kam ziemlich oft vor. Jasper schrieb da schon eher Nachrichten. Da ich also nichts Neues auf dem Handy empfangen hatte, legte ich es zur Seite und beschloss, mich umzuziehen und frisch zu machen. Doch zuvor brauchte ich Musik. Dazu öffnete ich Spotify und suchte Metallica. Ich entschied mich für "Nothing Else Matters" und verschwand halb in meinem Kleiderschrank auf der Suche nach einer vernünftigen Hose. Grundsätzlich trug ich nur Schwarz und nichts anderes. Das einzige Shirt, welches in einer anderen Farbe war, war ein weißes Shirt mit einem Print. Es war eine skelettierte Hand, die eine schwarze Rose in der Hand hielt. Ich kramte mir also eine Jeans aus meinem Schrank, die an den Knien aufgerissen war und ziemlich gut saß. Nach einem kurzen Blick auf mein Bein, welches komischerweise nun einen Schorf entwickelt hatte, beschloss ich, dass ich sie eventuell tragen konnte ohne groß Schmerzen zu haben.

Ich verdrängte die Sorgen in meinem Kopf darüber, wie ich so eine schnelle Wundheilung haben konnte und schlüpfte in die Jeans. Es rieb über meine Haut, war aber soweit erträglich. Auf der Suche nach einem passenden Oberteil beugte ich mich erneut in den Schrank und fand schließlich ein Langarmshirt, welches einen V-Ausschnitt hatte und sehr weich war. Ich zog es an und öffnete meine Haare, als ich ins Bad lief und mir meine Bürste schnappte, um die Knoten aus meinen Haaren zu lösen. Diesmal griff ich mir danach einen kleinen Handspiegel, um meinen Kopf genauer betrachten zu können. Man erkannte eine Beule und auch hier Schorf, mehr aber auch nicht. Hoffentlich hatte ich mir nichts eingefangen von diesem Tier.

Ich tuschte meinen Wimpern leicht und zupfte ein paar Augenbrauen, damit alles wieder perfekt aussah. Schnell putzte ich noch meine Zähne und warf dann mein Handy und die Schlüssel in meine Handtasche. Ich spuckte die Zahnpasta ins Waschbecken, spülte meinen Mund aus und zog meine Jacke an. Vor der Tür stand rechts mein kleines Schuhregal und ich schlüpfte eilig in schwarze Vans. Polternd lief ich die Treppen hinunter und streckte unten mein Gesicht der Sonne entgegen. Das Wetter heute war richtig mild, es wehte zwischendurch nur ein kleiner Wind und dieser war sogar recht angenehm. Ich lief die paar Straßen zu Jasper's Wohnung und schaute mich hin und wieder doch verstohlen um, weil die Angst mir noch in den Knochen saß und ich ein unangenehmes Kribbeln im Nacken spürte. Zweimal in einer Nacht dem Tod entkommen. So gut musste man es erstmal haben. Erst der Wolf und dann zwei Räuber, die es auf das Geld von Ryan abgesehen hatten. Wann ich wieder arbeiten konnte war fraglich. Ryan würde sich schon melden. Spätestens dann, wenn er Hilfe beim aufbauen brauchen würde. Dafür war ich bestimmt wieder gut.

Ich erreichte den Wohnblock und beschloss nicht zu klingeln, sondern suchte stattdessen den Schlüssel aus meiner Tasche. Ich kramte zwischen Tempos, Deo, Lippenbalsam und mehr und fand ihn schließlich. Ich betrat das Haus, lief zum Aufzug und drückte den Knopf. Jasper war sicher zu Hause, er arbeitete öfter im Home Office, daher könnte ich Glück haben mit meinem Besuch. Der Aufzug kam und ich presste meinen Finger auf die richtige Etage. Oben angekommen lief ich auf die richtige Tür zu und sperrte auch hier auf. Ich ging leise die Wohnung und schaute mich um.

Jasper's Wohnung war ein Loft und deshalb ein großer Raum. Einzig das Badezimmer war abgetrennt und das Schlafzimmer befand sich in der Galerie. Ich lief geradeaus in das weitläufige Wohnzimmer und entdeckte Snacks und eine geöffnete Weinflasche auf dem Couchtisch aus Glas. Die Vorhänge waren geöffnet und man hatte eine gute Sicht auf die Straße. Da ich Jasper nirgends entdecken konnte, seine Schuhe jedoch im Eingang standen, ging ich auf das Badezimmer zu. Merkwürdig, hier standen rote High Heels und eine Jacke lag daneben. Oh bitte, dass war hoffentlich nicht sein Ernst! Ich schaute die Tür perplex an und hörte das Wasser in der Badewanne. Dann hörte ich Jasper's Stimme. Telefonierte er etwa in der Badewanne? Niemals, Jasper's Handy war ihm heilig, würde dieses in der Badewanne landen, wäre sein Leben vorbei.

Wenn ich denke, was ich gleich wahrscheinlich sehen werde, beziehungsweise dass er nicht alleine war, wurde mir schlecht. Augen zu und durch. Ich hatte meine Finger schon um die Türklinke geschlossen, als eine weibliche Stimme ertönte und ich ein quirliges Lachen hörte. Warte mal...das war doch nicht etwa? Ich drückte die Türe mit soviel Elan auf, dass die Klinke auf der anderen Seite gegen die Wand schlug und nahm das Bild, welches sich mir zeigte, in mich auf.

"Du willst mich doch wohl komplett verarschen!"

Mein Herz sackte mir in die Knie und ich riss meine Augen auf. Zwischen all dem Schaum, welcher fast über die Badewanne schwappte, lag Jasper mit einer wasserstoffblonden Cassidy. Dieser schreckte so hoch, das Cassidy Wasser ins Auge bekam und aufschrie.

"Du verlogener Arsch! Wie kannst du nur!!"

"Kayla?! Es ist nicht das.." stotterte er.

"Nicht das wonach es aussieht?? schrie ich zurück.

Cassidy hatte es auch geschafft sich den Schaum aus den Augen zu reiben und sah nur auch schreckhaft in meine Richtung.

"Und Du! Von wegen Krank!" Meine Stimme war nun so laut, dass mich bestimmt seine Nachbarn hören konnten. Fassungslos schloss in meinen Mund und drehte mich auf dem Absatz um. Weinen musste ich nicht, ich hätte es ja ahnen können aber ein Schock war es irgendwie doch. Ganz gefühlskalt war ich ja nun auch nicht.

"Kayla! Nun warte doch!!" schrie Jasper mir nach.

Ich ignorierte ihn gekonnt und drehte mich nicht mal um als ich hörte wie er auf Fliesenboden ausrutschte und hinfiel. Karma is a Bitch.

"Jasper! Babe, geht's dir gut?" quickte Cassidy. Mit Schwung öffnete ich die Tür und rannte zum Aufzug. Wie verrückt drückte ich den Knopf mehrmals hintereinander, in der Hoffnung er würde schneller kommen! Fast schon erleichtert schnaufte ich auf, als sich der Aufzug hinter mir schloss und schnell nach unten fuhr. Mein Handy klingelte in der Tasche und ich sah, dass jemand den Knopf für Jasper's Etage gedrückt hatte.

Nicht mit mir!

Ich rannte den Hausflur entlang zur Tür und beschloss nicht direkt nach Hause zu gehen sondern mir meinen beschissenen Start in den Tag, anders zu vertreiben. Sollen die beiden doch weiter glücklich in ihrem Badeschaum planschen. Vielleicht hätte ich auf mein damaliges Bauchgefühl hören sollen, als ich zwischendurch Jasper's Aussagen skeptisch gegenüber war, als er meinte er hätte Termine oder musste länger arbeiten.

Von wegen!

Ich warf einen letzten Blick über meine Schultern und holte dann mein Handy aus der Tasche, um es auf stumm zu stellen. Langsam hatte ich keine Lust mehr auf diese Stadt!

Found meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt