16. Schockstarre

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Ein voller Club

Eine tanzende Meute

Laute Musik

Gute Stimmung

Literweise Alkohol

Alles in allem ein erfolgreicher Abend wie Lexy mir prophezeite. Ich stehe gerade noch mit ihr hinter der Bar und Lexy erzählt mir das Tate bald kommen würde. Er hatte noch einen anderen Job in einer Autowerkstatt und dieser würde ihm manchmal noch den Rest seiner Nerven abverlangen. Im nächsten Satz erwähnt sie allerdings, dass er selten zu spät kommen würde was mich sehr freute. Ich wollte heute Abend nicht direkt alleine da stehen. Notfalls würde mir Lexy bestimmt unter die Arme greifen und helfen aber ganz hilflos wollte ich dann doch nicht wirken. Ich konnte die Tage bei Ryan gar nicht mehr zählen. Wie viele Tage war ich ohne Hilfe da gestanden in einer rappelvollen Bar? Ich hab keine Ahnung mehr. Zum Glück wurde mir dafür mein mickriger Lohn bezahlt. Zwischendurch vergaß Ryan mir die Überstunden auszubezahlen aber ich habe ihn akribisch jedes Mal darauf hingewiesen und mit einem leisen Murren hat er es dann auch gezahlt. Also Bitte. Ich arbeitete mir doch nicht für umsonst meinen Rücken ab.

Lexy stand hüftschwingend neben mir und schnitt Zitronen. Ich warf ihr nur eine Grinsen entgegen und wackelte im Takt der schon laufenden Musik mit. Ich könnte mir auch mit ihr das Arbeiten hinter der Bar gut vorstellen. Wir trällerten ein paar Lieder aus den Boxen mit und bereiteten alles für den Abend vor. Wir standen beide gerade mit dem Rücken zur Eingangstüre und trockneten noch die restlichen Gläser vom Vorabend ab, als wir ein gestresstes Schnaufen hinter uns vernahmen. Nach einem Blick über unsere Schultern, was ziemlich synchron aussah, erkannten wir beide, dass es Tate war. Kichernd drehten wir uns um und stützten uns über die Theke zu ihm. Er ließ sich nochmals laut schnaufend auf den Barhocker fallen und ließ seinen Kopf auf die Platte sinken. Lexy und ich schauten uns schmunzelnd an und tippten Tate vorsichtig auf der Schulter an. Schlief er etwa gerade ein? Das konnte er sich schon mal abschminken. Genervt hob Tate den Kopf und stützte diesen auf den Händen ab. Er schaute von mir zu Lexy und von Lexy zu mir. "Egal, was ihr genommen habt, ich brauche die doppelte Dosis davon", murmelte er und ließ seinen Kopf wieder auf seine Arme sinken. Lexy hatte gerade ein Glas kaltes Wasser in der Hand und tupfte davon leicht etwas auf Tate's Nacken. Er erschauderte und schaute uns, aus seiner für ihn bequemen Position grimmig ins Gesicht. Er sah fast so aus wie ein Bär, der unfreiwillig aus seinem Winterschlaf gerissen wurde.

Wir beschlossen Tate noch einen Moment Ruhe zu geben und bereiteten alles weitere vor. Das Licht wurde richtig angeschaltet und die Toiletten auf ihre Vollständigkeit überprüft. Lexy meinte, dass sie das alleine schaffen würde aber sie hatte mir schließlich auch den Abend über schon richtig gut geholfen. Sowas war als Chefin nicht selbstverständlich und ab und zu verglich ich das "LITE" hier mit dem "Amethyst" in Detroit. Es gab so viele Unterschiede und diese Teamarbeit war ich nicht gewöhnt. Die Bedingungen hier waren ja fast schon Luxus für mich. Ein bisschen war ich auch erleichtert Tate zu sehen. Ich hatte eine sichere Hilfe, welche mir in der Not doch noch helfen würde. Zumindest schätze ich ihn so ein.

Eben wie einen großen Bär...nur nicht so murrend.

Nachdem alles bereit für den Abend war, ging ich wieder nach vorne in den Hauptraum und hatte bei dem Blick auf einen bestimmten Platz einen Flashback. Grün schimmernde Augen, schwarze Kleidung und einen kribbelndes Gefühl im Nacken. Ob er heute auch wieder hier sein würde? Sicherlich nicht, er hatte bestimmt besseres zu tun als "zufällig" immer in meiner Nähe zu sein. Schließlich hatte ich mir ja auch vorgenommen ihm fern zu bleiben. Neue Stadt heißt nicht gleich neue Probleme. Würde er mir heute über den Weg laufen oder sich der Bar und somit mir nähern, würde ich ihn ganz normal wie jeden anderen Gast bedienen und weiter arbeiten, wie es sich gehörte. Trotz der Versuche nicht weiter an ihn zu denken, bekam ich sein Bild nicht aus meinen Kopf. Noch nie ist mir jemand so im Kopf geblieben. Es waren bis jetzt nur flüchtige Begegnungen und es war keinesfalls eine Unterhaltung zustande gekommen. Noch ein Grund ihn weiter zu ignorieren. Ich war eine erwachsene, junge Frau, welche niemals auch nur einem Typen hinterherrennen würde. Nicht in diesem Leben und bestimmt auch nicht im nächsten.

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