Kapitel 42 - Zweisamkeit

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Klippenzunges Straßen waren steil und überfüllt – nicht so Tiefenstieg. Entweder hatte die Ankunft der Schnitter den größten Trubel vertrieben oder die Stadt war nur ein flacher Atemzug zu dem feurigen Leben, das Moiras Heimatstadt verkörperte.

Auch an den schwarzen Ruß, der sich auf den meisten Hausfassaden und Dächern niedergelassen hatte, wagte sie sich nicht zu gewöhnen, und ebenso wenig an den Fischgeruch, der über allem hing wie dichter Morgentau. Die Einwohner hier schienen deutlich weniger vom Handel und mehr von der Fischerei zu leben, als es im Süden der Blutküste der Fall war.

Die Menschen, die die Schwarzen Schnitter sahen, wichen ihnen aus und senkten die Blicke. Niemand schien es zu wagen, sie zu überholen. Gemeinsam passierten sie gerade einen Hufschmied, aus dessen Inneren das Schlagen von Hammer auf Metall dröhnte, als Arkin sie anwies, innezuhalten.

"Ich muss noch einen Zwischenstopp einlegen und ein paar Besorgungen machen", erklärte er und strich seinem Rappen über den Hals, während er ihn so herumführte, dass sie einander gegenüberstanden. "Bevor wir aufbrechen, sollten wir unsere Vorräte aufstocken, und ihr werdet warme Kleidung brauchen, wenn ihr es bis nach Hellwacht schaffen wollt. Das Klima in Norstoed kann sehr rau sein. Außerdem benötige ich noch einiges mehr ... eine Bettrolle für jeden von euch zum Beispiel. Solche Dinge."

Es kostete Moira einen Augenblick, bis sie realisierte, dass er zu ihr und Eliza sprach. Es war ihr fast entgangen, da die beiden Schnitter, seit sie die Stadttore durchquert hatten, sich vornehmlich miteinander unterhalten hatten.

"Du gehst einkaufen?", fragte Liz ungläubig und wedelte so aufgeregt mit den Händen, dass ihr beinahe die Fesseln herunterrutschten. "Das wollte ich schon immer mal machen!"

Ein Lachen entrann seiner Kehle. "Wenn du unbedingt darauf bestehst, kannst du mich gern begleiten."

"Wirklich?" Aus grünen Smaragdaugen strahlte sie ihn an.

"Es wäre mir eine Ehre. Ich könnte etwas fachliche Unterstützung gebrauchen." Sein Blick huschte zu Moira, dann wieder zu Eliza. "Vorausgesetzt, deine Schwester erlaubt es."

Moira rollte mit den Augen, hielt jedoch inne, als sie sah, dass Rafael es ebenfalls tat. Elizas sehnsüchtiger Blick richtete sich auf sie. "Bitte."

"Auf keinen Fall", protestierte sie und presste sich die gefesselten Hände vor den Bauch. Unter keinen Umständen lasse ich sie mit einem dieser Ungeheuer allein.

"Bitte!" Elizas Unterlippe begann zu beben. "Du kannst nicht immer nur alles verbieten, du musst auch mal etwas zulassen!"

"Es wird nicht lange dauern", versicherte Arkin ihr. Ein Schmunzeln umspielte seine Lippen, während er die beiden musterte. "Am besten, ihr wartet irgendwo in einer Schenke auf uns, wir sind bald zurück."

Ihr, durchfuhr es Moira. Das bedeutete, sie und Rafael allein? Der Gedanke behagte ihr noch weniger, als Eliza mit Arkin außer Sichtweite verschwinden zu sehen.

"Moment, aber -" Moira wollte Einwand erheben, stockte jedoch, als sie sah, wie der Dunkelhaarige seinem Freund die Zügel reichte und zu Eliza ging, um ihr die Fesseln abzunehmen. Der Knoten löste sich unter seinen Fingern fast von selbst. Wie konnte sie widersprechen, wenn es gleichzeitig bedeutete, dass er ihre Schwester freigab?

"Ich weiß auch schon, wo wir es uns gemütlich machen können", warf Rafael ein, bevor sie es sich anders überlegen konnte. "Ich kenne da eine ganz besondere Absteige. Du wirst sie lieben." Mit einem schiefen Lächeln im Gesicht zwinkerte er ihr zu.

Bei den Worten musterte Arkin ihn skeptisch und hob eine Braue. "Du meinst hoffentlich nicht die vom letzten Mal."

"Oh, doch, genau die." Sein Grinsen wurde breiter. "Es ist der perfekte Ort, wenn man sich vor allen verstecken will, die auch nur ein wenig Verstand haben."

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