Eingeständnis

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Ich wachte mal wieder mitten in der Nacht auf, seit dem Takemichi mir meinen Hanma zurück brachte, passierte es immer wieder. Ich musste an damals denken, der alternativen Zeitlinie in der Hanma starb, ich mich in meiner Depression in Alkohol und Drogen flüchtete und in einer anfänglichen Psychose erst Hinata und dann mich selbst tötete. Ich konnte es nicht vergessen. Und auch wenn ich mich über meine zweite Chance freute, und ich mich bereits tausend Mal bei Takemichi entschuldigt hatte, konnte ich damit nicht fertig werden. Albträume suchten mich heim. Nacht für Nacht. Und es gab nur eine Person mit der ich darüber reden könnte, allerdings wollte ich es nicht.

Schweiß gebadet saß ich also mal wieder im Bett, ich brauchte nach dem erwachen immer einige Zeit um mich wieder zu ordnen. Wie immer bewegten sich kurz darauf meine Hände rüber zur anderen Betthälfte. Hanma. Ich musste immer wieder schauen ob er wirklich noch bei mir lag. Normalerweise ertastete ich ihn sofort, doch in dieser Nacht raubte es mir den Atem. Ich konnte ich ihn nicht spüren. Sofort machte ich das Licht an um eine leere Betthälfte zu erblicken. Ich schaute zur Uhr, es war zwei Uhr am Morgen, er war sicherlich noch nicht aufgestanden. Ich sprang förmlich aus dem Bett, ich spürte wie mein Herz schlug, denn dann kam wieder dieser Gedanke: "Was wenn ich nur träumte das er wieder lebte? Was wenn er doch noch tot war?!" Ich lief durch die Wohnung und sah ihn letztendlich auf dem Balkon stehen. Eingewickelt in einer Decke, eine Zigarette rauchend.

"Seit wann gehst du nachts rauchen?", fragte ich und begab mich zu ihm in die Kälte. "Seit dem du dich nur noch von links nach rechts wälzt und irgendeinen Mist vor dir her brabbelst." Oh, ich war also ein unruhiger Schläfer. Wenn ich ehrlich bin, dann hatte es mein Laken bereits verraten, und doch hatte ich gehofft das ich nicht all zu schlimm wäre. "Entschuldige." "Du brauchst dich nicht entschuldigen.", sagte er lächelnd und drückte seine Zigarette aus. "Ich wünschte mir nur du würdest mir sagen was dich bedrückt." "Es bedrückt mich gar nichts.", sagte ich und setzte mein bestes alles-ist-super-Lächeln auf. "Du kannst einiges mit mir machen. Aber belüge mich nicht, Tetta Kisaki." Ertappt schaute ich zu Boden. Er hatte mich erwischt. Nicht nur dabei das ich nicht schlafen konnte, sondern auch noch beim lügen. Normalerweise hatte ich kein Problem mit dem Lügen. Doch bei ihm hatte ich doch meine Hemmung.

Auf einmal spürte ich eine zwei Arme und eine warme Decke, die mich einhüllte und mich an Hanma drückte. "Du stehst in der Kälte. Ich will nicht das du krank wirst.", flüsterte er und küsste mich auf die Stirn. "Hanma, ich liebe dich. Und manchmal fürchte ich mich davor dich zu verlieren." "Deswegen kannst du nicht schlafen?" Ich schwieg. Hanma fing an zu kichern. "Oh, man. Wieso sollte ich dich verlassen? Ich bin glücklich mit dir. Es gibt keinen Mann der dich ersetzen könnte." Darum ging es nicht. Ich wusste das er mir treu war. Fest schlang ich nun auch meine Arme um ihn, legte meinen Kopf auf seiner Brust ab. "Man kann einen Menschen auch auf andere Weisen verlieren." Genervt seufzte er nun, stieß mich leicht von sich ab. "Ich wusste das das irgendwann kommen würde!" "Häh?!" "Ach, ich weiß was du willst. Ich soll mit dem Rauchen aufhören! Glaub mir, das habe ich schon tausend Mal versucht, aber das bekomme ich nicht hin. Wenn du mich liebst, dann liebst du mich auch nach Rauch stinkend. Und nur mal am Rande: Ich glaube kaum das du viel älter wirst als ich. Entweder jemand bringt dich um, oder du stirbst vor Stress in deinem Büro!" Jemand würde mich umbringen? Jetzt musste ich lachen, es gab wohl niemanden der mich zum lachen bringen konnte, so wie dieser Kerl!

Wir entschieden uns wieder ins Bett zu gehen und ich war einfach nur froh darüber das er nicht weiter fragte. Es war zu knifflig es ihm zu erklären und ich wollte nicht das er mich für irre hielt. Also kuschelte ich mich lieber dicht an ihn heran und konnte doch noch einschlafen.

Am nächsten Morgen verlief alles wieder so routiniert wie immer und darüber war ich froh. Denn ja, ich musste auch am Tag an diese schreckliche alternative Gegenwart denken, in der ich all das verloren hatte. Ich genoß es mit ihm zu frühstücken, mit ihm zum Büro zu fahren und ihm auf seinem Stockwerk raus zu lassen, ehe ich weiter nach oben fuhr. Es war gut so wie es war und ich wusste es dank dieser Erinnerungen deutlich mehr zu schätzen. Denn der Gedanke das all das nicht mehr war, ließ wieder die Tränen in mir aufsteigen. Schnell lief ich den Flur entlang und verschwand in meinem Büro, ehe schon die erste Träne wieder über meine Wange lief. "Fuck.", flüsterte ich leise und konnte kaum glauben wie oft mir das passierte. Denn ja, ich erinnerte mich noch ganz klar an den Tag, an dem ich angerufen wurde und die grausame Nachricht erhielt. Ich erinnerte mich noch gut an dem Moment, in dem ich beschloss eine Waffe mit zu Hanagaki zu nehmen um erst Hina und dann mich zu töten. All diese Erinnerungen geisterten immer zu in meinem Kopf herum und ließen mich nicht los. Ob ich doch mal mit Takemichi sprechen sollte? Einfach etwas mehr mit ihm reden sollte? Wie ging er mit diesen Erinnerungen um? Oder war ich einfach nur ein totales Weichei?

Ich entschied mich über meinen Schatten zu springen und kontaktierte Hanagaki, tatsächlich kam seine Antwort schneller als gedacht und er war bereit sich mit mir in der Mittagspause zu treffen. Normalerweise verbrachte ich die mit Hanma, doch ich konnte ihn unter einem Vorwand absagen. Ich hoffte nur das mir das Gespräch mit Hanagaki wirklich helfen konnte, denn so langsam wusste ich nicht ob ich noch all diesem psychischem Druck stand halten konnte.


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