Als ich eine Treppe im hinteren Teil des Ladens entdeckt hatte, beschloss nach oben zu gehen und mich dort umzusehen. Die Tür war natürlich verschlossen, aber das Holz sah spröde aus. Also rammte ich meine Schulter dagegen und sie gab nach. Es schien als sei dies die Wohnung des Ladenbesitzers gewesen. Sie sah gemütlich aus, recht klein, jedoch sehr liebevoll eingerichtet. Die Küche und das Wohnzimmer waren in einem Raum und in einem Nebenraum das Badezimmer.
Langsam ging ich auf die Couch zu und setzte mich. Das Leder war kühl und knarzte ein wenig unter meinem Gewicht. Wahrscheinlich ist hier schon sehr lange niemand mehr gesessen. Ich lehnte mich gegen die Wand und blickte aufmerksam durch das Zimmer. Wer auch immer hier gewohnt hatte, hatte sich Mühe mit der Einrichtung gemacht. Der Fernseher war perfekt in die Wand integriert, genauso wie die Bücherregale. Dazwischen hingen vereinzelt Landschaftsbilder und Fotos von einer Frau.
Nein! Das ist doch unmöglich, dachte ich. Zögernd ging ich auf ein Foto zu. Doch sie sah genauso aus, wie das Mädchen aus meiner Erinnerung und mein Spiegelbild. War das vielleicht meine Mutter? Oder nur ein Zufall? Ich war mir ja nicht einmal sicher, ob das Mädchen meine Schwester war. Bestimmt ist es bloß ein Zufall.
Ich ging wieder zurück und legte mich auf die Couch. Müde nahm ich die Decke und ein Kissen. Kaum hatte ich es mir bequem gemacht, da war ich auch schon eingeschlafen.
Ich fiel in einen langen, traumlosen Schlaf.
Am nächsten Morgen wachte ich ziemlich spät auf. Die Sonne stand schon fast im Zenit. Ich überlegte, was ich nun machen sollte. Als allererstes brauchte ich etwas zu essen und zu trinken. Ich stand auf und durchsuchte die Küche. Aber in keinem Schrank und in keiner Schublade war irgendetwas Essbares. Ich probierte den Wasserhahn aus. Zum Glück. Es kam Wasser heraus. Das Wasser tat meiner ausgetrockneten Kehle sehr gut und beruhigte auch meinen knurrenden Magen. Ich beschloss die Wohnung auf weitere Hinweise zu untersuchen. Schließlich müsste es ja einen Grund geben, warum mich das Geschäft im Erdgeschoss so angezogen hatte und warum die Frau auf dem Bild mir so ähnlich sah.
Ich schaute in den Schrank, durchsuchte das Regal, und die Schublade unter der Couch. Nichts. Es gab keine Hinweise, bis auf die Fotos, wer hier gelebt hatte. Während ich überlegte, betrachtete ich die Bücher genauer. Autoren, wie Brontë, Poe und Dickinson. Interessant. Ich nahm Wuthering heigths heraus und klappte das Buch auf. Aus Langeweile blätterte ich zu meiner Lieblingsstelle und gerade als ich es wieder zurückstellen wollte, fiel mir eine kleine Bemerkung unten am Rand auf. Die Schrift war sehr klein und elegant. Wahrscheinlich von einer Frau. Vielleicht die von der Frau auf dem Foto. Da stand "Everything Is Possible If You Just Believe".
Was hatte das mit dem Buch zu tun? War es mit Absicht in diesem Buch oder nur Zufall?
Ich wusste es nicht.
Verzweifelt ließ ich mich auf die Couch fallen und fing an leise zu weinen.
Warum konnte ich mich an nichts erinnern? Was war mit mir passiert?Wieso?
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Memories of nothing
AdventureEin Junge, der sein Gedächtnis auf unerklärliche Weise verloren hat. Und er ist alleine. Ganz alleine. Was wird mit ihm Geschehen?