The incident° ~ Yoongi FF

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Dieser Kurs... wieso? Wieso muss genau er jetzt mein Lehrer sein? Wieso gerade der, der mich damals... Ich weiß nicht wie ich es durchstehen soll, ihn zwei Mal die Woche für eine ganze Stunde zu sehen. Und ich bin mir leider sicher, dass das noch nicht mal das letzte mal war, dass er mich belästigt. Er hat ja sogar letztens auf dem Flur noch versucht, mich anzufassen. Und dann auch noch direkt heute, wir haben ihn in der dritten Stunde in Religion.

Die ganze zweite Stunde, wir haben gerade Mathe, war ich nur damit beschäftigt, mich irgendwie darauf vorzubereiten ihm gegenüber zu stehen. Namjoon wirft mir hin und wieder besorgte Blicke zu, da ich die ganze Zeit nur auf meinen Tisch starre, aber ich schaffe es nicht mir ein Lächeln aufzuzwingen. Auch wenn ich das eigentlich schon immer getan habe, in manchen Situationen ist es nicht mehr möglich, dann geht es mir so unaushaltbar miserabel, dass ich nicht einmal das auf die Reihe bekommen kann. Jedes verdammte Mal, wenn ich daran denke gleich wieder dieses abartige Lächeln zu sehen, beginne ich unweigerlich zu zittern und muss mich wirklich zusammenreißen, dass ich nicht in Tränen ausbreche.

Das ganze hat sich ja sogar auf alle Menschen ausgeweitet, jedes Mal wenn mich jemand "interessiert" anschaut, ziehe ich automatisch meine Kleidung ein wenig weiter, sodass man von meiner Figur nichts erkennen kann und versuche irgendwie dort weg zu kommen. So groß ist die Angst, dass das nochmal passiert. Ich kann auch keinen Menschen mehr so richtig in die Augen schauen, ich will schließlich nicht, dass das jemand als Einladung ansieht.

Ich habe ja oft gelesen, dass sich Opfer nach solchen Vorfällen oft selbst die Schuld geben und konnte das nie verstehen, doch jetzt macht es irgendwie Sinn. Auch wenn mir klar ist, dass solche Menschen nicht über solche Dinge nachdenken, sondern sich meist wahllose Personen aussuchen, kommen doch immer wieder diese Fragen auf. Habe ich ihm zu oft zugelächelt, auch wenn es nur aus Höflichkeit war? Hatte ich mal enge Kleidung an? War es meine Schuld, weil ich länger in der Schule geblieben bin? Und was, wenn ich mir alles nur eingebildet habe? Was mache ich dann? Es fühlt sich an, als wäre das alles meine Schuld weil ich so oft unbedacht bin und handle ohne mir die Konsequenzen klar zu machen.

Manchmal denke ich, ich sollte einfach sterben. Das würde so vieles einfach ma- Ach was denke ich da!? Ich kann Namjoon und meine Eltern nicht allein lassen, ich würde sie nur verletzen. Insbesondere weil sie dann nie die Gründe herausfinden würden, denn ich habe schließlich immer noch niemandem von all dem erzählt. Wie auch, ich wüsste gar nicht wann dafür der richtige Zeitpunkt ist und wie ich anfangen soll, was wenn sie mir nicht glauben. Dann habe ich absolut niemanden mehr, der mir helfen kann.

Endlich höre ich das Klingeln, Namjoon und ich machen uns auf den Weg zum Schulhof. Die Zeit rinnt unaufhaltsam weiter davon, aber ich kann es nicht ändern, gleich muss ich ihm gegenüber stehen.

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Jede Sekunde, in der er weiter auf die Mitte des Raums zugeht, fühlt sich an wie Stunden. Mein Herz schlägt viel schneller als sonst, ebenso bekomme ich kaum noch Luft aber dank dem Lärm hier im Raum hört es niemand. Ich habe ihn noch nicht einmal angeschaut, aber allein an seiner Präsenz bemerke ich, dass er es sein muss.

"Guten Morgen, mein Name ist Hr. Choi und ich bin, wie ihr vielleicht wisst euer neuer Religionslehrer. Stellt euch zur Begrüßung bitte hin, wie sonst auch." Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken, doch er klingt ganz anders als damals. Wenn er mir mit gesprochen hat, hat er eine ganz andere, viel verängstigendere Sprechweise genutzt. Wenigstens das bleibt mir scheinbar erspart.

Jetzt muss ich ihn nur noch anschauen, sonst fällt das nur auf. Oder noch schlimmer, er spricht mich auch noch an, das muss ich wirklich vermeiden. Also richte ich meinen Blick nach vorne, doch mir stockt der Atem als ich merke, dass er seine Augen direkt auf mich gerichtet hat. Er schaut mir geradewegs in die Augen, auch die anderen scheinen dies zu bemerken. Atmen Yoongi, atmen!

"Guten Morgen." Sagt die ganze Klasse kollektiv, bevor wir uns wieder setzen dürfen und ich meinen Blick abwenden kann. Um weiter Zeit zu schinden, beuge ich mich über die Stuhllehne und krame in meinem Rucksack, langsam hole ich nacheinander Heft und Buch heraus, ebenso wie mein Federmäppchen. Währenddessen erklärt er wie der Unterricht ablaufen wird, welche Themen dieses Halbjahr so drankommen und wonach er benotet. Doch ich werde mich nicht einmal melden, ich werde ihm nicht in die Augen schauen und ihn ignorieren. Wie soll ich dieses Jahr auch sonst durchstehen? Noch konnte ich die Panik unterdrücken, aber wenn ich ihn länger anschauen muss, wird das nur schlimmer...

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Jetzt habe ich bereits die dritte Stunde bei ihm, es ist eine Woche vergangen. Zwar ohne größere Panikanfälle in der Schule, aber die Alpträume werden stätig schlimmer und intensiver. Und mein ganzer Oberkörper ist an einer Seite vollkommen bestückt mit den Narben, in allen Formen und Größen. Kurze oder lange, breite oder schmale. Es lässt sich ebenfalls erkennen, welche tiefer und welche eher oberflächlich waren, geprägt durch Panikanfälle oder "normalere" Situationen.

Plötzlich stößt Namjoon mich an, es hat scheinbar schon geklingelt. Im Normalfall packe ich meine Sachen schon früher ein um möglichst schnell hier raus zu kommen, aber heute ist es zu spät dafür. Hektisch stopfe ich alle Sachen in meine Tasche, Namjoon steht schon fertig am Ende unserer Tischreihe, aber trotz aller Bemühungen sind wir die letzten. Verdammt, dieses Szenario wollte ich eigentlich immer vermeiden.

Fast bin ich aus der Tür raus, Namjoon steht schon im Gang, doch in der letzten Sekunde sagt er noch etwas zu mir.

"Wir sehen uns." In normalen Verhältnissen wäre das ein typischer Satz, den Lehrer zu Schülern sagen, aber nicht hier.

Und dann auch noch diese Sprechweise...

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