34- Vermählung

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Shades Sicht:

Ich griff nach den Manschettenknöpfen, als ich Stimmen aus dem Flur vernahm. Meine Freunde und natürlich der Standesbeamte muss nun endlich eingetroffen sein, der Mina zu meiner Frau ernennen wird.

Mein kleiner Engel machte sich genau in diesem Moment in einem der oberen Zimmern hübsch. Ich hoffte, dass ich sie nicht alt zu sehr erschreckt hatte, mit meinem Ausflug in die Vergangenheit. Mir machte es nichts aus, darüber zu reden. Für mich war Gewalt normal und gehörte zum Leben dazu. Doch für meine zarte Frau schien das ein ganz anderes Leben zu sein.

Ich bin mit Gewalt und Hass aufgewachsen und war somit ein wichtiger Faktor in meiner Erziehung gewesen. Selbst solch ein Umgang mit der eigenen Ehefrau war für mich normal. Mein Vater hatte nachdem Zwischenfall mit meiner Mutter eine Frau geheiratet und mit ihr meine Halbschwester Serena bekommen. Auch diese Frau hatte er brutal behandelt, zumindest hinter verschlossenen Türen. Er hatte mir beigebracht, dass die Frau dem Mann in der Öffentlichkeit nicht widersprechen darf, geschweigedenn sich in berufliche Gespräche einmischen darf. All das untergrub die Autorität oder galt als Beleidigung und Bloßstellung. Tat sie es doch, dann wurde sie dafür bestraft. Allein dass Mina von der Verlobungsfeier geflohen ist, hatte starke Auswirkungen auf meinen Ruf gehabt. Die Leute dachten, ich hätte meine Frau nicht unter Kontrolle und machten sich darüber lustig. Wie sollte ich dieses mächtige Imperium leiten, wenn ich nicht mal meine eigenen Frau im Zaum halten konnte?

Allein der Gedanke an das Gespött der Leute machte mich wütend. Mein kleiner Engel war eben manchmal ein kleiner Teufel und das gefiel mir ungemein. Wenn ich mitbekam, dass jemand schlecht über Mina redete, platzte mir der Kragen.

Doch trotzdessen was mein Vater mir beigebracht hatte, konnte ich Mina nicht so behandeln. Er hatte seine Ehefrau und seine Mätressen immer auf eine strenge Diät gesetzt, da sie gut aussehen mussten. Viele andere Männer aus meiner Branche taten das und sorgten dafür, dass die Frauen viel Sport trieben und einen eigenen Personal- und Ernährungscoach hatten. Doch mein Engel brauchte das nicht und ich mochte es, wenn sie genüsslich sich eine Gabel in den Mund schob und dabei so glücklich aussah. Aber Mina sah nicht, dass sie es gut bei mir hatte. Ich würde alles für meinen kleinen Engel tun, sie auf Händen tragen, doch sie musste mir gehorchen. Ich hoffte inständig, dass sie es in Zukunft tun wird, doch ich kannte sie besser.

Es klopfte an der Tür. „Shade, komm raus, Hermano", rief Luciano. „Sonst nehme ich Mina zur Frau!"

Er lachte und ich öffnete die Tür, um hinauszutreten. Meine beiden besten Freunde und Geschäftspartner Luciano und Gideon standen davor. Luciano hatte wie immer sein üblichen Grinsen im Gesicht, wobei man sich nie sicher war, ob er nicht doch vorhatte, einem im nächsten Moment ein Messer in den Rücken zu rammen. Er war in Wirklichkeit ziemlich verrückt, was er hinter einem charmanten Lächeln und ein paar sarkastischen Sprüchen verbarg. Gideon war wie üblich ruhig und stand mit seinem breiten Schultern wie ein böser Kriegsgott hinter Luce. Seine Miene war unergründlich.

„Untersteh dich, auch nur eine Hand an meine Frau zu legen", drohte ich Luciano und begrüßte ihn mit einem Handschlag, ebenso wie Gideon. „Du hast schließlich eine eigene."

Luciano lachte nur und die beiden folgte mir in den roten Saal, wo bereits der Standesbeamte wartete und ein paar Dokumente auf einen Tisch ausbreitete. Es wird keine richtige Hochzeit sein. Mina und ich werden einfach nur die Dokumente unterschreiben und Gideon und Luce werden Trauzeugen sein. Praktisch und unromantisch.

Die eigentliche Hochzeitsfeier wird am Wochenende stattfinden, wo alle Geschäftspartner aus unseren Kreisen anwesend sein werden. Ich hoffte, dass sich mein Engel an diesem Tag von ihrer besten Seite zeigen und keine Szene machen wird.

100 Million Tears 18+ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt