3- Alles eine Lüge

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"Sooo, immerhin bist du jetzt wach.", sagte Marla und zog die restlichen Gardinen auf, während ich sie mit wüsten Flüchen beschimpfte.

Ich drehte ihr meine Kehrseite zu und zog mir das Kissen über den Kopf. Warum um alles in der Welt musste ich jetzt aufstehen? Zu solch einer frühen Zeit?

"Heute ist die Verlobungsfeier und wir müssen alle hübsch aussehen!", trällerte Marla und beantwortet somit meine unausgesprochene Frage.

"Kein Grund zu so einer unchristliche Zeit aufstehen zu müssen.", brummte ich nur.

In diesem Moment kam sie zu meinen Bett und zog mir das Kissen weg, worauf mir einige Protestlaute entwichen. "Jetzt hab dich doch nicht so und steh endlich auf! Sonst hole ich einen Eimer Wasser, darauf kannst du dich verlassen."

Nach einigen Diskussionen mit ihr war ich dann doch endlich bereit, aus meinen Bett aufzustehen. Ich ging ins Badezimmer, zog mich aus und stellte mich unter die Dusche. Weil mir gerade danach war, fing ich an zu singen. Keine Ahnung warum. Normalerweise sang ich nämlich nie unter der Dusche, aber heute konnte ich mal eine Ausnahme machen. Tatsächlich hörte sich meine Stimme gar nicht mal so schlecht an und motivierte mich dazu, noch etwas lauter zu singen.

Als ich dann endlich mit nur einen Handtuch bekleidet ins Zimmer zurückging, schrie ich vor Schreck kurz auf. Im Raum standen geschätzt zehn mir unbekannte Mädchen herum. Sie trugen unterschiedlich geschnittene Kleider, welche alle in einem hellen Pfirsich-, Blau- oder Olivton strahlten.

"Ehhh. Haben die Farben irgendetwas zu bedeuten?" fragte ich und lächelte, um meine Überraschung und teilweise meine Nervosität zu überspielen.

"Das helle Orange steht für die Familie Griffin. Das Olivgrün steht für die Familie Bellmont und das Hellblau für die Dawsons. Da ich geheiratet habe, trage ich automatisch die Farben der Familie meines Mannes. Andreas, du kennst ihn ja." erklärte mir Marla und schenkte mir ein Lächeln, welches sehr gezwungen wirkte. Auch ihre Augen schauten traurig drein.

Die anderen Mädchen nickten und grinsten mich an. In ihren Augen konnte ich allerdings nur Neugierde entdecken.

"Das heißt also, dass ich ebenfalls ein pfirsichfarbenes Kleid bekomme, stimmts?", fragte ich und versuchte die Mädchen freundlich anzulächeln, was mir mehr oder weniger gut gelang.

Auf meine Worte hin trat lachend ein blondes Mädchen in einem hellgrünen Kleid hervor. "Ach du je! Natürlich wirst du das Verlobungskleid tragen, was du dir ausgesucht hast!" Sie stubste Marla kurz in die Seite. "Du hattest recht. Sie hat wirklich Humor! Oh, mein Bruder wird sie lieben!"

In diesem Moment geschah für mich alles wie in Zeitlupe. Für einen winzigen Moment starrte ich einfach nur die Blonde an und bewegte keinen Finger. Wahrscheinlich hätte ich den ganzen Tag so dagesessen, wenn nicht -Gott sei Dank- mein Gehirn so schnell reagiert hätte und ich schon in der nächsten Sekunde zur Tür sprintete. Schließlich konnte ich eins und eins zusammenzählen!

Eine kleine Stimme in meinen Hinterkopf hatte sogar geahnt, dass das passieren würde. Doch welcher normale Mensch hätte schon mit so etwas gerechnet? Sowas gibt es doch nur im Fernsehen oder irgendwelchen Romanen! Oder etwa doch nicht?

Während ich die Tür aufriss und ich von den Mädchen ein überraschtes Aufkeuchen hörte, bekam ich mit, wie Marla einen Fluch ausstieß.

Ich schmiss die Tür hinter mir zu und rannte den Gang entlang. Nach rechts. Dann nach links. Gerade als ich die Treppen erreichte, hörte ich wie die Mädchen hinter mir her rannten. Sie riefen mir irgendetwas zu und ich konnte Panik in ihren Stimmen erkennen. Doch das war mir in diesem Moment egal.

100 Million Tears 18+ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt