Die alte Spielhalle 1/2

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Es sind einige Wochen vergangen seit deiner Gehirnerschütterung. Deiner Mutter gegenüber hast du den eigentlichen Vorfall verheimlicht. Sie geht davon aus, dass du Zuhause auf den Küchenboden gestürzt bist.
Obwohl du froh bist, dass du endlich keine Schmerzen mehr hast, erinnerst du dich tagtäglich an die Nacht zurück, die du mit Hanma verbracht hast. Ihr habt euch gut verstanden und du vermisst ihn sogar ein wenig. Er kam nicht wieder, um sein Sweatshirt abzuholen. Dabei hängt es in deinem Schrank, gewaschen und glatt gebügelt.

Als du eines Tages auf dem Weg Heim von der Schule bist, überhörst du zufällig ein Gespräch zweier Typen, die vor dir gehen. Dein Blick wandert zu ihren weißen Bomberjacken, auf denen “Team Walhalla” steht und dir fällt ein wie Hanma darüber sprach.
“Sag den anderen Bescheid, dass wir uns heute Abend gegen zehn Uhr bei der alten Spielhalle treffen, Hamada”, fordert einer. Er trägt eine schwarze Kapuze und als er zu seinem Nebenmann rüber blickt, erkennst du seine blonden Haare und, dass er - genauso wie du - eine schwarze Maske trägt. Sein angespannter Gesichtsausdruck schüchtert dich ein.

Nun spricht der andere von den beiden, “Jaja, wird erledigt.” Er wurde mit Hamada angesprochen und hat einen Militärhaarschnitt. Beide tragen unter ihren Jacken schwarze Kleidung und sehen viel älter aus als sie vermutlich sind. Du beobachtest sie für eine Weile, da ihr zunächst auf demselben Weg seid.

Plötzlich schaut der blonde Junge skeptisch hinter sich, eindeutig auf dich und du hast noch rechtzeitig deinen Blick abgewendet. “Hat sie was gehört?”, fragt Hamada in einem ernsten Ton und der andere entgegnet genervt, “Nein, die trägt Kopfhörer.”
Erleichtert atmest du aus und realisierst, dass du trotz der Kopfhörer in deinen Ohren, vergessen hast, die Musik einzuschalten. Das Gespräch der beiden Gangmitglieder hatte dich abgelenkt.
Bei einer Kreuzung trennst du dich von den beiden Valhalla-Mitgliedern und fragst dich für den Rest der Strecke, ob Hanma bei dem genannten Treffen dabei sein würde. “Um zehn Uhr bei der alten Spielhalle”, flüsterst du und wirst neugierig. Du weißt, welche Spielhalle gemeint ist. Sie liegt etwas weiter weg von der Innenstadt Shibuyas.
Du grübelst und überlegst, dich an diesem Abend zu verkleiden und zu dem Treffen zu gehen, wirst bei dem Gedanken jedoch nervös und erinnerst dich daran wie es beim letzten Mal lief, als du bei der Prügelei dazwischen gekommen bist.

Gegen Abend nimmt deine Neugier zu und du bist aufgeregt, obwohl du nicht mal entschieden hast, ob du Zuhause bleibst oder zur besagten, verlassenen Spielhalle gehst. Da du ohnehin außerhalb essen gehen wolltest, weil deine Mutter wieder einmal Überstunden schieben muss, verkleidest du dich folglich.

Hanma meinte damals, du hättest mit deiner Kleidung eher ausgesehen wie ein Gangster als er, also werde das kein schweres Spiel, denkst du dir. Du nimmst dir ein Beispiel an der Kleidung der beiden Jungs und ziehst ein schwarzes, übergroßes Sweatshirt, eine schwarze Jogginghose und weiße Sneaker an.

Glücklicherweise befindet sich in deinem Besitz eine ähnliche weiße Jacke wie die der Mitglieder. Sie ist allerdings unbedruckt und hat auch kein rotes Bändchen am Arm. Deine schwarzen, langen Haare versteckst du unter einer Kappe und mit deiner schwarzen Maske wirst du dein Gesicht verstecken.

Bereits beim Verlassen der Wohnung gegen halb Zehn zittern deine Knie und du würdest liebend gern zurückgehen. Allerdings würdest du genauso gerne Hanma wiedersehen und wirst stetig nervöser mit jedem Schritt.

Deine Verkleidung scheint zu funktionieren, denn du wirst nicht mal angeschaut von den Leuten, die sich zu dieser Zeit noch auf den Straßen befinden. Du wirst sogar eher gemieden, was sich für dich toll anfühlt.

Mit sicherer Entfernung zum Arcade (Spielhalle) wartest du auf den Beginn des Treffens, um dich nach allen anderen hinein zu schleusen. Kurz vorher bekommst du kalte Füße und bleibst wie versteinert stehen. Deine Augen fokussieren das Gebäude und das Symbol des kopflosen Engels.
“Was mache ich hier eigentlich gerade?”, murmelst du leise vor dich hin. Nie zuvor hast du auch nur einen Gedanken wie diesen oder etwas mit Gangs zu tun gehabt. Du wolltest dich immer fernhalten von Leuten wie Hanma, doch als ihr euch begegnet seid, war er alles andere als ein Gangmitglied.
Er war nett, hat dich wachgehalten, dir Kleidung geliehen und dir Essen gebracht. Er hat dich gerettet und dich ins Krankenhaus gebracht. Der Gedanke, ihn wieder sehen zu können, überwältigt dich.

Ohne nachzudenken, schleichst du dich unauffällig in die verlassene, düstere Spielhalle und versteckst dich hinter den Automaten. Von dort aus erfasst du wenige Augenblicke später eine Art Podest.
Mittig zweier Sitze hockt Hanma wie auf einem Thron und stützt seine Ellenbogen auf seinen auseinander gestreckten Oberschenkeln ab. Er wirkt auf dich nicht nur wie ein Mitglied Valhalla’s, so wie er dich glauben ließ, sondern sogar wie ihr Anführer.
Ein Schauer läuft deinen Rücken hinab in dem Moment, in dem er seinen Kopf vom Boden abwendet und mit einem teuflischen Grinsen unmittelbar in die Menge schaut. Du senkst deine Kappe, versteckst dich sofort wieder hinter den Automaten und lauschst seinen Worten, “Übernächste Woche Montag ist unser Kampf gegen Toman auf dem Schrottplatz. Und wer sich drückt, fliegt aus der Gang und kriegt zusätzlich eine Abreibung von mir höchstpersönlich.”

Einige der Anwesenden schrecken zurück bei seiner Drohung, doch du kannst dich nur auf eines der Mitglieder konzentrieren. Ein normal großer Junge mit einem blond-schwarzen Wolfcut, einem Glöckchen am Ohr und einem Tattoo entlang des Halses. Seine Augen sind furchterregend ausdruckslos und starren in die Ferne.
Erschreckender als das ist nur, dass du ihn bereits einmal gesehen hast, dich daran jedoch nicht erinnern kannst. Er steht stumm neben Hanma und grinst vor sich hin, seine Arme sind hinter seinem Rücken verschränkt.

Gegenseitig feuern sich die Leute an und sind aufgeregt wegen des Kampfes. Einer von ihnen plant, gleich mehrere auf einmal zu verprügeln, andere wirken eher nervöser und scheinen zudem jünger zu sein.
Das Treffen nähert sich dem Ende und Shuji erinnert noch einmal alle ausdrücklich daran, an Halloween gegen Nachmittag auf dem Schrottplatz zu erscheinen. Es würde ein Tag werden, den niemand vergessen werde.

Tokyo Revengers x ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt