43.

8 4 0
                                    

„Was hast du getan?", schrie Val laut. Er stieß mich von sich, sprang auf und lief zu Styn, der am Boden lag. „Das was nötig war", sagte ich ruhig. Ich hatte das Richtige getan. Daran lag kein Zweifel. Auch ich stand auf und stich in langen Bewegungen mein Kleid glatt. „Du solltest ihn nicht erschießen. Weißt du, wie viele Schwierigkeiten wir jetzt haben? Gott Ria. Du wolltest, dass ich dir vertraue, und dann fährst du trotzdem die Alleinschiene. Was sollte der Scheiß?" Val schrie laut und hatte sich in Rage geredet. Irgendwie amüsierte sich sein Gefühlsausbruch. Ein leichtes Kichern konnte ich nicht unterdrücken. „Du lachst? Wieso lachst du? Du hast echt Scheiße gebaut. Hast du mal einen Meter weitergedacht? Was machen wir jetzt mit ihm? Hmh? Wir können ihn ja schlecht hier liegen lassen." Val lief Kreise durch den Raum und fuhr sich durch die schwarzen Locken.

Ich ging auf ihn zu und legte eine Hand auf seinen Unterarm. „Val. Alles gut. Ich habe Styn nicht getötet." Val blickte auf mich herab als hätte ich ihm gesagt, dass ich eigentlich der Mann im Mond war. Es war eine Mischung aus Hohn, Unglaube und Wut. „Ria ich bin nicht blöd. Und selbst wenn, bin ich auch nicht blind. Ich habe gesehen, wie du geschossen hast. Styn liegt da." Auch wenn es nicht sein Ziel war, wirkte er in diesem Moment unglaublich niedlich. Vielleicht genoss ich es auch einfach zu sehr, dass ich etwas wusste, von dem er keine Ahnung hatte.

„Styn ist nicht tot du nicht-dummer nicht-blinder Idiot. Schau mal." Ich zog beide Waffen aus den Halterungen und zeigte sie ihm. „Quinn hat zwei Arten von Waffen gebaut mit entsprechenden Patronen. Mit der Goldenen habe ich auf den Wachmann geschossen. Der ist tatsächlich tot. Aber mit der hier..." Ich hielt die Silberne nach oben. „Habe ich auf Styn geschossen. Siehst du um ihn herum irgendeine Blutlache oder eine Einschusswunde?" Ich genoss es ein wenig zu sehr Val zu veralbern. Ohne auf eine Antwort zu warten, sprach ich weiter: „Mein lieber vielleicht doch ein wenig dummer Val. Das ist eine Betäubungspistole. Styn schläft jetzt erstmal eine Weile und wird wahrscheinlich einen fiesen blauen Fleck davontragen. Aber das war es auch schon." Nur schwer konnte ich mir ein Grinsen verkneifen, musste es aber, um nicht noch mehr Ärger mit Val zu bekommen. Doch als er mich erschüttert und ein wenig ungläubig ansah, war es um mich geschehen.

Mit einem fiesen Blick wollte er mich zum Schweigen bringen, doch machte es die ganze Situation nur noch lustiger. Tränen kitzelten in meinen Augen. Ein lautes Klopfen an der großen Tür, durch die Val und ich gekommen waren, beendete meinen Lachanfall.

„Was ist bei Ihnen los?", brüllte eine Stimme durch die verschlossene Tür. Panisch sah ich zu Val. Dieser hatte bereits reagiert und Styn an den Schultern gepackt. Er zerrte ihn in eine dunkle Ecke, sodass man ihn auf den ersten Blick nicht sehen würde. „Wie lange wird er so bleiben?", fragte Val hektisch. Gute Frage. „Keine Ahnung", gab ich zu. „Das hat Quinn mir nicht gesagt. Aber ich denke, dass es erst Mal anhalten wird." Ich hoffe es zumindest. Val verdrehte die Augen und ich konnte es ihm nicht verübeln.

Erneut hämmerte es gegen eine Tür. Diesmal war es die Kleine, aus der Styn gekommen war. „Öffnen Sie die Tür, sonst sehen wir uns gezwungen sie aufzubrechen." Kacke. Wir waren eingesperrt. Der Wachdienst hatte unsere Fluchtwege verbaut. Verzweifelt sah ich zu Val, doch auch er schien keine Lösung zu haben.

Ich wollte eine Waffe aus dem Halfter ziehen als Val meine Hand festhält. „Du kannst hier nicht schießen. Die sind überhaupt nur hier, weil du geschossen hast. Man würde den Knall überall hören. Ich hoffe, du kannst dich auch ohne die Dinger wehren." Konnte ich nicht und ich war mir ziemlich sicher, dass Val das auch wusste. Ich hatte echt ein Problem. Wir mussten es hier irgendwie rausschaffen, ohne zu viel Aufsehen zu erzeugen.

Plötzlich rumpelte es laut vor der kleinen Tür. Diese wackelte stark und ich fürchtete, dass sie aufgebrochen werden würde. Doch nichts dergleichen geschah. Der Lärm verebbte wieder. Kurz darauf drangen ähnliche Geräusche durch die große Tür, die zum Saal führte. Diesmal waren sie deutlich leiser und auch die Tür blieb ruhig.

Verunsichert trat ich einen Schritt auf Val zu. Ich hasste diese Unsicherheit. Wir mussten aus diesem Raum raus. Das alles gehörte nicht zum Plan. Ich war von unserem eigentlichen Vorgehen schon nicht überzeugt gewesen, doch das hier, war noch schlimmer. Alles Mögliche konnte auf der anderen Seite der Tür auf Val und mich warten. Als sich diese plötzlich mit einem lauten Knall öffnete, trat ich einen kleinen Schritt hinter Val. Schisserin, rückte mich meine innere Stimme.

Zu meiner Erleichterung kam kein Trupp schwerbewaffneter Soldaten durch die Tür, sondern ein grinsender Sicherheitsmann mit orangenen Haaren. Hinter ihm konnte ich einige Männer und Frauen, die die gleiche Uniform trugen, am Boden liegen sehen.

Dankbar fiel ich Shoyo um den Hals. Ich übersäte ihn mit Küssen auf Hals und Wagen. „Danke danke danke. Du bist echt mein Held." Es war so eine Erleichterung nicht kämpfen zu müssen. Er drückte mich leicht an sich. „Immer wieder gerne Prinzessin." Mein Held. „Ich hoffe nicht, dass du mich nochmal retten musst", sagte ich leicht lachend. „Wir müssen. Wenn einer weiß, dass wir hier sind, kommen mehr", brummte Val hinter uns. Ich drehte mich zu ihm um, ließ Shoyo jedoch nicht los. Er fixierte diesen mit seinem Blick und ich war mich sicher, dass, wenn Blicke töten würden, sich Shoyo vor Schmerzen am Boden winden würde. Val muss echt mal was gegen seinen giftigen Blick machen.

Der Brumm-Kopf stapfte an uns vorbei auf die Männer und Frauen, die vor der Tür lagen, zu. „Eifersucht steht dir nicht", rief Shoyo ihm zu, wofür er einen noch säuerlicheren Blick bekam. Shoyo und ich lachten. Es wirkte so surreal, dass wir in dieser Situation über so etwas sprachen.

„Pisst." Shoyo pikste mir in die Seite als wir Val folgten. „Wenn ihr das nächste Mal beim Tanzen turtelt, denkt daran, dass ihr Funkstöpsel tragt." Hitze stieg mir in die Wangen. „Wir haben nicht... also es ist nichts...", stammelte ich vor mich hin. Shoyo lachte kehlig. „Alles gut Süße. Auch wenn mir kurz schlecht geworden ist." Oh Gott. Bitte nicht. Alle hatten Val und mir die ganze Zeit zugehört. „Das Kleid ist übrigens der Hammer. Du siehst so heiß aus", raunte mir Shoyo zu, woraufhin ich grinste. Wenigstens einer konnte was Nettes zu meinem Kleid sagen.

Mit Shoyo Hilfe dauerte es nicht lange bis wir das gesamte Sicherheitspersonal im kleinen Raum mit Styn eingesperrt hatten. Zur Sicherheit schoss ich mit der Betäubungspistole auf jeden von ihnen. Sicher ist sicher. Von außen verriegelten die Jungs die Tür bevor Shoyo sich verabschiedete, um wieder auf seine Position zu gehen.

Val und ich gingen zurück auf die Tanzfläche, unsere Ausgangsposition. Niemand schien etwas von den Geschehnissen mitbekommen zu haben. Nur uns hatte es Zeit gekostet, die wir nicht hatten. Jetzt mussten wir uns beeilen.

RevolteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt