Kapitel 3

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Sie taumelte zurück. Die Tragweite ihres Handelns und dem, was beinahe passiert wäre, war erschreckend und einfach zu viel. Sie wollte sich einfach nur noch in eine Ecke verkriechen und weinen, sich die Haare raufen, sich Vorwürfe machen, und ihr Leid spüren. Sie war so unendlich Enttäuscht von sich selbst. Jul musste ihren Nervenzusammenbruch bemerkt haben, denn er löste sich aus seiner Starre und nahm Skye in die Arme. Wiegte sie leicht hin und her. Summte ihr eine beruhigende Melodie in das Ohr. Eine Melodie, die ihr nur allzu bekannt vorkam.

Mein Lieblingslied, dachte sie sofort. Sie merkte, wie sie sich beruhigte, sich entspannte, und ein wenig lockerer wurde.

„Ich würde sagen, dass wir nach Hause gehen, Skye. Okay?" flüsterte er ihr ins Ohr. Sie nickte. Eine kleine Bewegung. Niemand, der nicht direkt neben ihr gestanden hätte, hätte sie gesehen.

„Okay" murmelte sie zurück. Sie spürte, wie sich ein Lächeln auf sein Gesicht stahl. Er ließ sie los und sie gingen aus dem Raum. Er verabschiedete sich und sie lief mit gesenkten Kopf mit, und murmelte auch immer etwas wie: Tschüss und tut mir leid. Erst als sie am Ausgang des Raumes angekommen waren, warf sie einen Blick zurück, über ihre Schulter. Ein paar Leute redeten wieder normal miteinander, die restlichen starrten immer noch ein bisschen geschockt vor sich hin oder schauten sie an. Mit diesem irren Blick. Einem Blick, den man nur Außerirdischen zukommen ließ. Oder Geistesgestörten. Dadurch fühlte sie sich nicht unbedingt besser. Jakob und Nick hatten sich schon wieder zusammengesetzt und redeten. Es musste ein wichtiges Gespräch sein, da sie abseitsstanden.

Skyes Blick fiel auf die Beiden. Bessergesagt, auf Nick.

Nick, der sie vor einer schrecklichen Tat bewahrt hatte. Nick, der sich als Trainer bewiesen hatte. Nick, der sich jetzt zu ihr umdrehte und ihren Blick auffing. Nick, der ihr einen beruhigenden Blick zukommen ließ, lächelte.

Nick, der doch tatsächlich so aussah, als wäre er stolz auf sie.

Sie konnte sich aber nicht mehr weiter darüber wundern, den Jul hatte sie bereits aus dem Raum gezogen. Als sie aus dem Gebäude hinaustraten, wehte Skye eine angenehme Brise frischer Luft entgegen. Sie atmete einmal tief durch, bevor sie sich an Jul wandte.

„Oh Gott, Jul, hast du das mitbekommen? Ich hätte alle beinahe . . . umgebracht" es auszusprechen machte es nur noch realer und Skye schauderte. Es war eine ziemlich kühle Nacht, doch das war nicht der Grund, warum Skye kalt war. Jul schien ihr Zittern bemerkt zu haben, doch offensichtlich nicht den Grund dafür, denn er legte einen Arm um ihre Schultern, zog sie an sich, mit in seine Jacke hinein. Sofort wurde ihr ein wenig wärmer, auch um ihr Herz, und ein kleines Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. In dem Moment wusste sie, dass er ihr verziehen hatte. Sie wusste zwar nicht genau, wieviel er mitbekommen hatte, doch er hatte gewusst, wie ernst es war und ihr dennoch verziehen. Skye hatte das Gefühl, dass sie den besten Besten Freund hatte, den es gab. Sie musste wohl etwas gemacht haben, denn Jul sah sie fragend an.

„Was?" fragte sie ihn, woraufhin er breit Grinste.

„Ich habe dich gefragt, woran du denkst. Du hast geseufzt und so ein Lächeln im Gesicht gehabt, als wärest du ganz weit weg gewesen. An einem schönem Ort. Zum Beispiel mit vielen Rosa Blumen und pinken Einhörnern zum drauf rum Reiten." Bei dem letzten Satz konnte er sich kaum noch zurückhalten, seine Stimme triefte vor Sarkasmus, sodass er in lautes Gelächter ausbrach. Jul wusste genau, dass Skye Blumen nicht besonders mochte, auch nicht die Farbe Rosa im Allgemeinen. Also wusste er auch, dass sie Rosafarbene Blumen nicht besonders mochte. Einhörner auch nicht. Pferde fand sie toll, aber die Vorstellung von weisen Pferden mit pinker Mähne und Schweif, und dazu noch einem langen, weißen Horn mit Zauberkräften auf der Stirn, fand sie einfach nur lächerlich.

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