"Tut mir leid, ich hätte dich nicht mit ihm alleine lassen dürfen." Besorgt beobachtete Zyla wie ich meinen knallroten Lippenstift auftrug. "Muss es nicht. Ich habe dich gebeten rauszugehen", erinnerte ich sie, obwohl ich nicht davon ausging, dass sie es vergessen hatte und verteilte den Belag mit meinen Lippen.
Seufzend wechselte sie zu einem anderen Thema, was vermutlich eher der Grund ihrer Sorgenfalte inmitten ihrer sonst so glatten Stirn war. Die schmeichelte ihr offen gesagt überhaupt nicht. Ihr stand es nicht, sich um mich zu sorgen. "Und du willst jetzt wirklich feiern gehen?" Bedenklich musterte sie mein Erscheinungsbild.
Meine Wahl fiel auf ein schulterfreies, schwarzes Kleid mit Lederoptik. Schlicht und dennoch nobel genug, um für diese Nacht möglicherweise auf eine ganz bestimmte Art abgelenkt werden zu können. Mein Schuhwerk war eine Mischung aus dunklen High Heels und hochgeschnürten Ballerinas. Das, für meine Verhältnisse starke Make-Up in Kombination mit den topfeben am Kopf anliegenden und hinten in einem langen Zopf hängenden Haaren, machte es das Bild vollkommen.
"Ja." Zufrieden strich ich über den Stoff, der meinen Körper hauteng umarmte. Ich erinnerte mich nicht, das Kleid jemals getragen zu haben. In den Tiefen meines Kleiderschranks musste es verlorengegangen sein. Eigentlich schade. Ich wandte mich Zyla zu. "Jetzt, wo alle Unklarheiten mit du weißt schon wem beseitigt sind und ich weiß, was für ein Mistkerl er wirklich ist, ist es an der Zeit, ihm die Rücklichter zu zeigen und neu anzufangen. Außerdem haben wir beide morgen frei." Das dachte ich wirklich. Bloß war es ein Gedanke von vielen. Den Rest verdrängte ich schlichtweg.
"Bist du dabei?" Ich klang viel zu freudig, um vor weniger als einer Stunde herausgefunden zu haben, dass ich meinem Ex im Prinzip nie etwas bedeutet hatte. Die Messlatte konnte ja nicht allzu hoch liegen. Immerhin war es sein Ruhm, den er mir vorzog. Meine Freundin schien sich damit abgefunden zu haben, dass ich die Gefühle unterdrückte. Für diese eine Nacht sollte ich nochmal Spaß haben, ehe ich in ein tiefes, dunkles Loch rutschte. Einzig mit einem Seufzen schloss sie sich mir an. "Wo geht's hin?"
Nachdem auch sie sich aufgetakelt hatte, zog ich sie mit mir. Ich kannte die Stadt noch nicht gut, hatte keine Ahnung, wo die guten Clubs oder wo überhaupt Clubs waren, weswegen wir im Partyraum des Hotels endeten. Argwöhnisch zuckte ihre linke Braue hoch. Scheinbar war das hier keine so gute Wahl. Achselzuckend steuerte ich zur Bar. "Der Alkohol bleibt überall gleich", argumentierte ich und bestellte gleich zwei Tequila Shots für uns. Sie sah mich an, als ob meine Aussage nicht ganz zutreffend wäre. Trotzdem kippte sie den Alkohol nur noch runter.
Mit jedem Shot, jedem Longdrink wurde es lustiger. Frei von allen Sorgen und schlechten Gedanken tanzten wir, zusammen, alleine, mit neuen Bekanntschaften, Fremden, umgeben von einer überfüllten Menschenmenge. Rechts und links drängten die Leute, die Luft roch nach Schweiß und Alkohol, doch es störte mich nicht. Die Nacht war bis zu einem bestimmten Zeitpunkt perfekt.
Nämliche Perfektion verpuffte schlagartig, als ich in ein bekanntes Gesicht blickte. Von meiner Partylaune fehlte jede Spur. Wie angewurzelt stand ich in der Menschentraube, starrte quer durch den Raum zu Conan. Die Musik, die Leute, alles vernebelte. Er war das Einzige, was ich klar sehen konnte, doch auch er verschwamm irgendwann. Der Tränenschleier in meinen Augen nahm mir die Sicht. "I-ich gehe", teilte ich Zyla mit, wandte den Blick nur eine Sekunde von ihm ab, dann war er komplett weg. "Okay", meinte sie nur. Meine Tränen, das Stottern entgingen ihr. Sie war beschäftig mit Jonah, ihrer neuen Begegnung.
In völliger Verzweiflung kämpfte ich mir einen Weg zum Ausgang, lief zum Fahrstuhl, dessen Tür kurz vorm Schließen war. Schnell huschte ich durch den Spalt. Ich realisierte zwar, da stand jemand hinter mir, war aber zu beschäftigt mit mir selbst, um zu realisieren, wer es war. Er sagte ja auch nichts. Ich presste die Lippen zusammen, ließ kein Schluchzen hindurch. Mein ganzer Körper zitterte. Wieso reagierte ich seinetwegen so? Oder war es nur die Kälte? Langsam wackelte meine Hand auf den Druckschalter mit der Elf zu. Bevor ich ihn allerdings erreichen konnte, kam mir mein Mitfahrer zuvor. Von hinten rankte der Arm dicht an mir vorbei.
Als ich die Bänder an seinem Handgelenk erkannte, sprang ich wie ein aufgescheuchtes Huhn zur Seite. Entgeistert schaute ich Conan an. Just in diesem Moment ging die Tür auf und ich ergriff prompt die Flucht. Drei Stockwerke war kein Akt, das würde ich zu Fuß schaffen. Ich hatte jedoch etwas mehr Alkohol intus, als erwartet. Der letzte Treppensatz war ein wahrer Kampf. Am Geländer zog ich mich förmlich hoch, stolperte letzten Endes doch. In Tränen ausbrechend nahm ich es einfach hin, versuchte es nicht weiter.
Rettung kam schnell, jedoch nicht gerade die, die ich mir erhofft hatte. Schweigend schob Conan seine Arme unter die meinen, zog mich achtsam hoch. Seine Berührungen lösten ein Kribbeln auf meiner Haut aus, riefen ein Unwohlsein hervor. Ich wollte seine Hände nicht an mir. Vergebens probierte ich mich zu befreien. Er ließ sich nicht beirren und verfrachtete mich die Stufen rauf.
Erst jetzt stellte ich fest, dass er, genau wie Luano, ziemlich Muskeln aufgebaut hatte. Abgesehen davon gab es keine großartigen Veränderungen - sowohl äußerlich, als auch innerlich. Ich glaubte noch immer, in seinen ozeanblauen Augen zu ertrinken. Jedenfalls fiel mir das Atmen auf einmal schwer. Diese Augen brachten so viele Erinnerungen mit sich. Früher liebte ich das Gefühl, in seinen Seelenspiegeln unterzugehen. Heute fühlte es sich an, als würde ich allen Ernstes den nassen Tod erleiden.
Lediglich älter war er geworden, was man unter anderem an den Stoppeln rund um seinen Mund erkannte. Ob seine Lippen sich trotzdem noch immer so gut zwischen meinen Oberschenkeln anfühlen würden?
Warte was!?
"May." Seine sachte Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Wir hatten meine Zimmertür erreicht. Wie lange hatte ich ihn angestarrt? Schockiert riss ich die Augen auf. Den Gedanken wollte ich schnell aus meinem Kopf verbannen, wobei seine vollen, roten Lippen schon ziemlich verführerisch aussahen... Nein! Ich war doch von allen guten Geistern verlassen. Schnell kramte ich meine Schlüsselkarte hervor, klatschte die Tür hinter mir zu.
Siebtes Kapitel!
Seid gespannt auf das nächste Kapitel. Es kommt nochmal ein wenig Drama ;)
By the way, es tut mir wahnsinnig leid, dass ich so unregelmäßig uploade. Wie ich es bereits vermutet hatte, macht die Schule mir einen Strich durch die Rechnung. Naja, ich werde trotzdem mein Bestes geben.
Ayana :/
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Between your lines
Romance- ABGEBROCHEN "Ich hasse dich, Conan!" Diese Worte gingen mir viel zu schwer über die Lippen. Ich verabscheute ihn - von tiefsten Herzen. Natürlich tat ich das. "Ich war dir scheißegal. Deine Karriere war alles, was dich je interessiert hat, also hö...