Kapitel 9

593 36 0
                                    

Kapitel 9:
Zuversicht
___________________________________

„Was zum Teufel?" Erschrocken blickte ich in das zarte, blasse Gesicht des kleinen Mädchens, welches plötzlich vor mir stand. Überrascht sah sie mich an. Sie hatte engels blondes Haar und leichte Sommersprossen bedeckten ihr Gesicht.

Fieberhaft überlegte ich, wer sie sein könnte..

Sie war definitiv keines der Kinder, die hier lebten, denn die hatte ich alle schon oft gesehen, und keines von ihnen ähnelte ihr auch nur ansatzweise.. Sie war auf jeden fall fremd. Allerdings lächelte mir an ihrem Handgelenk ein kleiner Mond entgegen, was also heißen musste, dass sie wohl doch irgendwie zu jemanden vom Bund gehören musste. Oder aber..

Sofort schoss mir die Begegnung mit dem merkwürdigen Unbekannten wieder in den Sinn. Sie wurde eingeschleust. Schnell verdrängte ich den Gedanken wieder. Was sollte der Zirkel meines Vater davon haben, wenn sie ein kleines Kind in unser Hauptquartier schleusten?  Das machte keinen Sinn. Sicher hatte sie nur ihre Eltern aus den Augen verloren und lief deswegen allein durch die Gänge. Vorsichtig beugte ich mich zu ihr herunter.

„Hey kleine.." Sie gab mir keine Antwort, stattdessen starrte sie mich einfach weiter an. Sie war wahrscheinlich erst um die 5 Jahre alt.. Was sollte ich jetzt machen? „Wie heißt du?" fragte ich sie vorsichtig. „Judith" sagte sie leise und sah mich mit großen Augen an. „Okay Judith, wo ist denn deine Mama? Bist du hier ganz alleine?" Verwirrt sah ich mich um, doch konnte nirgends eine Erwachsene ausfindig machen. „Mama.." flüsterte sie leise und Tränen traten ihr in die Augen. Überfordert sah ich sie an. Ich musste noch nie ein weinendes Kind trösten.. Traurig drehte sie sich in die Richtung, in die Lidana noch vor wenigen Minuten verschwunden war und schluchzte.

Ich sollte sie zu Miriel bringen.. Sie wusste sicher, zu wem die Kleine gehörte. „Okay komm, ich helfe dir, deine Mama zu finden."Zuversichtlich lächelte ich sie an, und hielt ihr meine Hand hin. Doch anstatt sie zu ergreifen, ging sie ein paar Schritte zurück. Hatte sie etwa Angst vor mir? „Du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Wirklich.." beteuerte ich. Sie antwortete mir wieder nicht. Ich seufzte verzweifelt und erhob mich wieder.

Was sollte ich jetzt machen?

Plötzlich drehte sie sich um, und rannte auf einmal davon. Völlig perplex starrte ich ihr hinterher. „Och ne oder.." murmelte ich erschöpft und machte ihr hinterher. „Hey warte! Bleib stehen!" rief ich verzweifelt. Sie war ziemlich schnell und flink. Keuchend rannte ich ihr hinterher. Sie war schon am Ende des Ganges, während ich noch gute 6 Meter davon entfernt war. „Wieso ist die nur so schnell.." beschwerte ich mich atemlos bei mir selbst.

Bei jedem Schritt, den ich machte, hatte ich jedesmal aufs Neue das Gefühl, dass das alte Holz unter meinen Füßen gleich nachgeben würde. Mein Herz raste, als sie plötzlich um die Ecke abbog und damit aus meinem Sichtfeld verschwand. „Oh shit.." entfuhr es mir und ich fuhr noch einen Gang höher. Doch als ich um die Ecke bog, prallte mein Körper plötzlich gegen etwas hartes.

Oder.. eher.. jemand hartes.

Schmerzvoll landete ich auf dem Boden. „Autsch.. Scheisse.." murmelte ich und rappelte mich vorsichtig wieder auf. Plötzlich erschrak ich, als ich in Adriks geschocktes Gesicht blickte, der ebenfalls am Boden kauerte. Ich war in ihn reingerannt und der Aufprall hatte uns beide zu Boden geworfen. „Sollten wir nicht eigentlich unsere Kräfte schonen?" scherzte er, als er sich wieder aufrappelte. „Sorry.. ich hab dich nicht gesehen." Röte stieg mir ins Gesicht. „Ist schon okay" grinste er und half mir wieder hoch. Mein Körper schmerzte und vorsichtig befreite ich meine Hose von Staub und Dreck.

„Ohman, jetzt habe ich sie ganz aus den Augen verloren.." murmelte ich und sah mich suchend um.
„Wen?" fragte Adrik verwirrt. „Na das kleine Mädchen. Hast du sie gesehen? Sie müsste an dir vorbeigekommen sein.." „Ich hab niemanden gesehen" antwortete er und zuckte ahnungslos mit den Schultern. Ich zog überrascht eine Augenbraue in die Höhe. „Sicher?" Nachdenklich sah er mich an. „Sicher. Wie viele Energy-Drinks hattest du heute schon?" Ich grinste und atmete tief aus. „Naja.. ist ja auch egal.. ich glaube, ich sollte mich jetzt echt noch etwas ausruhen gehen.." sagte ich erschöpft und lockerte meine schmerzenden Schultern. Sie würde ihre Eltern schon wieder finden.

„Ja, tu das besser.." sagte er und sah mich irgendwie besorgt an. Ich nickte stumm und machte mich auf den Weg in mein Zimmer.

⋆·˚ ༘ *

Gute 2 Stunden später standen wir angespannt auf dem großen Marktplatz. Miriel hatte es geschafft, ihn absperren zu lassen, und somit war die Innenstadt so gut wie Menschenleer. Unmotiviert sprang ich von einem Bein auf das andere. Zum Schlafen hatte die Zeit nicht mehr wirklich gereicht, aber immerhin hatte ich in Ruhe duschen und mich umziehen können. „Tut es noch weh?" fragte Adrik neben mir, und spielte damit auf unseren unschönen Zusammenprall an. Ich schüttelte mit dem Kopf.

„Zum Glück nicht."

Ihm entfuhr ein kleines Lachen. Im Grunde taten wir gerade nichts weiter, als auf den Feind zu warten. Und das machte mich ziemlich nervös. Ich vergrub meine Finger in den Ärmeln meines viel zu großen, grauen, dicken Pullovers und starrte nach unten auf meine Sneakers. Wir hatten einen strengen Plan, an den wir uns halten sollten.

Unser Ziel war es, so viele Gegner wie möglich zu besiegen und gefangen zu nehmen. Was sicher nicht so einfach werden würde. Vor allem nicht für mich und meine unzähmbaren Kräfte..

Ich versuchte mich so gut wie es nur ging zu beruhigen, und atmete tief ein und aus.
Ich musste meinen Kopf irgendwie frei bekommen. Still umfasste ich den Anhänger meiner Mom, in der Hoffnung, dass er mir etwas Kraft spendete. „Hey" sagte Adrik und legte seine Hand auf meine Schulter. „Keine Sorge, wir bekommen das hin."

Zuversichtlich starrte er in Mr.Williams und Marlons Richtung. Ich nickte. Er hatte Recht. Wir waren stark. Und wir hatten die Schutzwand. Sie gab uns wenigstens für ein paar Minuten Sicherheit, und diese mussten wir so gut es ging nutzen. Cyrena, Loelia, Almina und noch ein paar andere hatten sich die Wohngebiete rund um die Innenstadt vorgenommen, während Firion, Luvon, Lidana und Miriel mit ihrer Truppe das Hauptquartier beschützten. Es war alles gut durchdacht. Es war der perfekte Plan. Die Minuten vergingen schnell, und so langsam konnten wir in der Ferne die schemenhaften Gestalten von mehreren Leuten ausmachen. Ich schloss meine Augen und schickte noch schnell ein letztes Stoßgebet in den Himmel.

Bitte lasst alles gut gehen..

⋆·˚ ༘ *

Überrascht starrte uns Leyric entgegen, als er und seine Mannschaft gute 8 Meter vor uns zum Stehen kam. „Na sieh mal einer an.." Auf seinem Gesicht breitete sich ein fettes Grinsen aus. „Ich hab's doch gewusst. Wir wurden verraten.." sagte er zu seinen Leuten, die daraufhin wild drauf los schimpften und ihn verunsichert ansahen. Ich schluckte schwer.

Das waren sicher um die 12 Leute.. Und wir waren nur zu viert. „Tja am Ende hat sich also herausgestellt, das unsere Mutter genauso ein Feigling ist, wie du.." wandte er sich nun an Adrik. Adrik sah ihn nur hasserfüllt an. Leyric begann damit, laut los zu lachen. „Wer hätte es gedacht.."

„Wann fangen wir an?" wandte ich mich flüsternd an Mr.Williams. Ich platze fast vor Nervosität.. „Wartet noch etwas, ich gebe das Zeichen" sagte er und wir nickten. Nach einigen Minuten erlosch Leyric's Grinsen wieder, und er wurde ernst. Stumm blickte er geradeaus, und in Windeseile begann sich ein Feuer hinter ihm und seinen Leuten auszubreiten. Es stieg immer höher und höher und bildete eine riesige Wand. „Nadann.. seid ihr bereit für euren Untergang?"

stars in the sky Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt