Der Ausfall

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Der Morgen war schneller heran, als es den Meisten wohl lieb war. Unter den Männern war spürbar eine Unruhe. Auch wenn man selbst die Absicht hat, sich ruhig und gelassen zu geben vor einem Kampf, es kommen einem die komischsten Gedanken und man kann sich gegen die aufkeimende Sorge um sich und seine Gefährten nicht lange widersetzen. Manche beten, manche haben den Wunsch, sich zu reinigen vor der Schlacht, andere suchen die Ruhe, um an ihre Liebste zu denken oder die Kinder daheim.

Allen gleich ist jedoch, dass sie sich vor dem Kampf darauf besinnen, ihre Ausrüstungen, Sättel, Pferde, Waffen noch einmal auf das Genaueste zu prüfen, denn damit muss man den Tag der Schlacht überstehen.

Larno ging zuerst dorthin, wo seine Stute stand. Er streichelte dem Tier den Hals und sprach beruhigend mit dem Tier, wie mit einer guten Freundin. Das Pferd war schon am Zermahlen und Fressen von Heu und Korn. Es war zufrieden, wie Larno dem Blick der großen Augen entnahm. So zog er mittels eines Holzschiebers bepisstes Stroh und Pferdekot unter dem Tier hervor und schob es etwas abseits davon. Als ein Karren mit einem Knecht kam, um das Zeug dann abzufahren, schaufelte er selbst viel davon auf den Karren.

Dann wusch er sich an einem Bottich das Gesicht.

Bei seinen Kämpfern war die Stimmung unterschiedlich. Die in der Stadt verblieben, waren darauf bedacht, den Für den Ausfall bestimmten Leuten zur Hand zu gehen. Larno klopfte manchem Manne auf die Schultern oder er prüfte deren Ausrüstung.

Er selbst wählte nur leichte Waffen für sich: Langschwert, einen Wurfspeer, seinen Dolch. Auf den Bogen verzichtete er. Aus dem Ritt war Larno kein guter Schütze. Trotz all der Übung und Reisen im Sattel mochte er das Reiten nicht sonderlich. Graf Biedrow hielt Larno wortlos einen leichten Holzschild vor die Nase- Larno schüttelte nur den Kopf.

„Ich wird schon aufpassen."

Biedrow nickte nur.

Ein Mann rannte durch die Reihen der Wartenden und rief im Vorbeilaufen nur zu, dass der Herzog den Angriff angewiesen hatte. Larno führte- seinen Männern voran gehend- sein Gesatteltes Pferd näher zum Osttor Posens. Dort machten sich schon viele Männer bereit. Tiere stampften unruhig. Wortlos stieg Larno in den Sattel auf. Dann drehte er sich nach seinen Mitstreitern um. Graf Biedrow selbst gab Larno den Wurfspeer in die Hand.

„Kommt unbeschadet zurück! Ihr Alle!", sagte er kurz- auch zu den anderen blickend.

Larno nickte. Er war angespannt- aber bereit.

Hufe scharrten. Zwei unerfahrene Pferde kamen aneinander und brachten sich gegeneinander in Unruhe. Die Reiter der Schlesier hatten ihr tun, sie zu zügeln. Diese angespannte Ruhe unter den Bewaffneten war aber auch ein Ausdruck der Erschöpfung der Männer. Alle warteten- gefühlt eine kleine Ewigkeit.

Dann wurde das Tor geöffnet.

„Bleibt zusammen! Bleibt nahe bei mir!", forderte Larno von den seinen.

Die endlose Reihe aus schlesischen Reitern bewegte sich auf der Hauptstraße zum Torausgang hin. Sie brachen aber nicht in Angriffsrufe aus, um sofort angetrieben in das Weite dort vor dem Tor aufzubrechen. Es lief fast gespenstisch ruhig ab.

Ostpolnische Reiter folgten nach, bedrängten fast die Schlesier am Tordurchgang noch.

Nach und nach leerte sich der Hauptweg und diejenigen, die wie Larno mit seinen Männern in den Nebengassen gewartet haben, konnten ebenfalls vorgelassen werden zum Tor der Stadt. Dann war man am Tor.

Was soeben noch eng war, mit den Gassen und festen Kanten der Häuser begrenzt, wandelte sich in eine freie Weite vor dem Tor, die endlich auch Raum gab.

Larno sah sich um.

Die Eingeteilten Gruppen waren noch besonnen. Da man noch nicht wusste, was die Kämpfer hier im Umland erwartet, war dies geboten. Man musste mit den Kräften der Tiere achtsam umgehen, denn falls man sich veranlasst sah, schnell zur Fluch zurück nach Posen zu müssen, sollten die Tiere bei Kräften sein.

Larno - Wege zur WahrheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt