Zerbrochen in Scherben - Mein Glaube und ich

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Ich heiße herzlich willkommen zu dem wahrscheinlich letzten Kapitel in diesem Diary.

Vor einem Jahr hätte mein naives und gutgläubiges Ich nicht damit gerechnet, dass dieses Kapitel meiner Glaubensreise auf diese Art und Weise enden wird. Doch nun ist es soweit und da das hier nun mal ein Tagebuch darstellen soll, gehört auch diese meiner Erkenntnisse niedergeschrieben.

Aus dem letzten Kapitel war der tiefe Frust und das ungehaltene Unverständnis über die mit meinen Glaubensüberzeugungen nicht übereinstimmenden Beobachtungen bereits herauszulesen. Heute - oder eher schon vor ein paar Tagen - ist mir bewusst geworden, dass viele meiner über mehrere Jahre eingeprägten Prinzipien und Glaubensgrundsätze daran zersprungen sind.

Den Glauben, den ich vor Jahren noch so vehement umklammerte und feurig verteidigte, gibt es für mich so nicht mehr. Zersprungen in etliche kleine Scherben, auf die mit jeder weiteren Ungereimtheit unablässig eingetreten wird.

Einerseits stimmt es mich traurig, dass dadurch ein Großteil dessen, mit dem ich mich identifiziert habe, einfach so dahin ist. Zudem gehen mir immer neue Situationen auf, in denen ich durch den Glauben zerstört anstatt verbunden habe. War es falsche Prägung? Mein aus falschen Motiven hervorgehender Aktivismus? Ich weiß es nicht. Ich kann nicht mehr unterscheiden.

Zum anderen schenkt es mir ein Gefühl von Erlösung. Erlösung von Dingen, die ich eh nicht verstanden habe, gleichwohl ich mich für mein Wissen und meine Ansichten so gepriesen habe.

Aber wie werde ich nun fortfahren? Wie wird mein Leben weitergehen?

Mit dem Abschluss dieses Kapitels meiner Glaubensreise ist die Reise meines Glaubens nicht beendet. Das glaube ich, aber vielmehr noch hoffe ich es. Denn das ist was bleibt: Hoffnung.

Hoffnung darauf, dass aus den Scherben vielleicht noch ein Mosaik entstehen kann.

Und obgleich ich mit weitaus weniger Wohlwollen und Zustimmung die Geschehnisse im Milieu der Gläubigen betrachte, hoffe ich, ein paar stärkende und erbauende Glaubensgrundsätze an meine Geschwister weitergeben zu können. Es ist nicht abzustreiten, dass diese für viele Halt bieten.

Und in gewisser Weise führe ich meine Überzeugung vom Glauben darauf zurück. Ich glaube, dass ich diesen Halt gebraucht habe, der mir aufgrund meines Glaubens daran, dass zufällig tröstende Ereignisse, deren Deutung ich und Dritte übernommen haben, von Gottes Hand gelenkt sind. Diese allgemeine Einstellung einer Mehrheit führt einen dazu, dann auch entsprechend zu handeln e voilà: selbsterfüllende Prophezeiung.

Was am Ende für mich bleibt, sind Enttäuschung und Unverständnis.

Dennoch werde ich weiterhin gewisse Handlungen des Glaubens tätigen. Wie bereits erwähnt, liegt es zum einen daran, dass ich gute Seiten des Glaubens in der Hoffnung weitergeben will, dass Selbstbewusstsein gestärkt werden kann. Weiterhin bin ich verheiratet und will keinen Zwiespalt sähen, indem ich trotzig von jetzt auf gleich alles ablehne, was für mich mal richtig war. Ob diese Entledigung irgendwann in Gänze vollzogen wird, hoffe ich nicht. Doch ich will nicht mehr beständig an etwas klammern, das ich nicht mehr zu rechtfertigen weiß.

Ich danke allen, die dieses Buch immer eifrig gelesen und mir ihre Gedanken dazu mitgeteilt haben. Meine Bitte ist dieses Mal lediglich, jedwede Bekehrungsversuche zu unterlassen.

Auf Wiedersehen!

Was ich über die Christenheit und das Christentum denke-DiaryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt