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„Und Mädels, geheult wird erst wenn es absteht oder stark blutet. Aber wem muss ich das sagen. Ihr seid die Stärksten, Tapfersten und Besten! Und jetzt raus da, ihr schlagt die mit links! Denkt an unsere Taktik. Die Bremer können uns nichts anhaben, auch wenn sie aggressiv spielen. Go, Go, Go!" Cassidy schob sich die roten, kurzen Haare aus dem Gesicht und fing genauso energisch das klatschen an, ihre rote Haarfarbe passte perfekt zu ihrem Ehrgeiz. Cassidy ist gebürtige Kanadierin und ist seit gut zwei Jahren unsere Handballtrainerin. In ihrer Region in Kanada war Handball ebenfalls eine große Nummer, Cassy war regelrecht ein Star. Durch einen unglücklichen Unfall wurde ihr der Sport verboten und für sie brach eine Welt zusammen. Ihren neuen „Lebensabschnitt" begann sie in Deutschland, besser gesagt in München. Trainerin der PSV Münchner Handball Damen. Und eine äußerst gute Trainerin! Auch wenn es verdammt anstrengend war und ich mit meinem Alltag manchmal kurz vor dem Zusammenbrechen bin, würde ich nie damit aufhören wollen. Handball ist meine Leidenschaft, welche mich abschalten lässt. Und auch die Mädels hier sind einfach klasse.

Aber ich hatte keine Zeit mehr um ewig lang in Gedanken zu schweben. Jetzt ist Matchtime gegen SG Buntentor Bremen. Aggressive, aber nicht gerade von gut überdachter Taktik gespannte Spielerinnen. Daher sollte es kein großes Problem sein, das einzige, auf das man achten musste, ist nicht direkt in die Zwickmühle zu gelangen. Aber wir waren bekannt für unsere Wendigkeit.

In eiligem Schritte verliesen wir nacheinander die Umkleidekabinen und gingen auf das Spielfeld. Die Sitzplätze waren alle vergeben, viele Menschen standen auch. Unsere Spiele waren eigentlich immer gut besucht. Ich stellte mich an die Position des Rückraum rechts. Tatsächlich ware ich früher auch eine Zeit lang im Tor, ich würde bestimmt Manuel Konkurrenz bieten.

Das Spiel wurde angepfiffen und der Anwurf erfolgt.

In den ersten dreißig Minuten geschah nicht viel, vereinzelt ein Foul der Gegnermannschaft, welche uns mit 17:7 in die Halbzeit schickte. Ich schnappte mir meine Wasserflasche und blickte nach oben. Maike hatte versprochen bei dem heutigen Spiel anwesend zu sein. Wo ist nur mein kleiner- Da, sie steht direkt am Ausgang und winkte euphorisch zu mir hinunter. Ich strich eine an meiner Stirn klebende Strähne wieder an meinen Haaren glatt und winkte ebenfalls hoch. Warte mal... Da steht doch Manuel! Der große Mann grinste zu mir hinunter und streckte beide Daumen in die Luft. Ihm hing sein Cap tief in das Gesicht gezogen und der Rollkragenpullover reichte ihm bis zu seinem Mund hoch. Hauptsache nicht erkannt werden. Wobei sich wahrscheinlich eh mehr der Anwesenden Personen das Spiel ansehen, anstatt verzweifelt nach einer Berühmtheit zu suchen. Mia, eine Teamkollegin meinerseits, stupste mich an und wackelte verschwörerisch mit den Augenbrauen. „Na ist dein Lover etwa auch hier oder warum grinst du so dämlich nach oben." „Ich hab keinen „Verehrer", das weißt du doch. Ich hab nur zu Maike gesehen." „Glaub mir, Maike siehst du sooo bestimmt nicht an. Aber du wirst ihn mir schon noch früher oder später vorstellen. Oder steht der etwa doch da oben?" Mia reckte sich und stemmte sich an mir ab. Zum Glück wurde gerade die zweite Halbzeit angepfiffen und ich schob meine neugierige Freundin an ihren Spielplatz.

Das Spiel war vorbei. Freudestrahlend fielen wir uns in die Arme, denn unseren Gewinn zu ergattern war wahrlich ein Kampf. In der letzten Runde wurden die Mädels der Gegner immer aggressiver und tatsächlich auch schneller. Rammeln, Schubsen, alles war dabei. Den einen Ellenbogen, den ich in die Magengegend gerammt bekommen hatte, war mittlerweile wieder vergessen, dafür brummte mein Kopf umso mehr. Die eine Blonde musste ja auch ausgerechnet ihr Knie im Anflug heben, als sie mir den Ball in der Luft klauen wollte. Aber bis morgen wird auch dies hoffentlich vergehen. Ich beeilte mich beim Duschen und beim Umziehen umso schneller zu Manu und Maike zu gelangen. Die zwei warteten tatsächlich vor der Kabine auf mich und ich zog die beiden auf den hinteren, privaten Parkplatz. Dort konnte sich Manuel auch seiner Tarnung entledigen. „Was... was machst du denn hier? Mit dir hätte ich überhaupt nicht gerechnet. Hast du ihn mit her geschleppt?" „Nein, es war meine eigene Idee zu deinem Spiel zu kommen. Herzlichen Glückwunsch zum Sieg." Manu nahm mich in eine sanfte Umarmung und ich wünschte mir, er ließe mich nicht mehr los. Aber das tat er. „Komm her, ich will dich auch noch umarmen!" Das gleiche Spiel von vorne, nur mit eindeutig mehr Kraft. Maike war schon immer der Typ Hau-drauf, während man bei Manuel schon fast als Porzellan-Figur durchgeht. Wobei er bestimmt auch anders könnte...

„Und du wolltest also mein Spiel sehen. Dass du für so etwas überhaupt Zeit finden konntest." „Für dich finde ich immer Zeit, Kleine." „Mhh das freut mich." „Wie geht es deinem Kopf? Ich hab gesehen, wie du ihn gestützt hast." Wir beendeten unseren kleinen Spaziergang an meinem Auto und Manu kam mir näher. Ich brauchte bestimmt mindestens 5 Sekunden bis ich zu einer Antwort setzen konnte, seine Nähe verschlägt mir einfach jedes mal aufs neue den Atem. Vorsicht strich er mir über meine Haare und strich sie hinter mein Ohr. Will er...? Stocksteif sehe ich ihn mit großen Augen an. „I-Ich.... Ähm... Nein nein, es ist alles gut. Es... Es geht schon wieder." Die ernste Miene verschwand aus seinem Gesicht und ein wenig aufmunternd lächelte er zu mir herab. „Nun, ich bin noch mit Niklas verabredet. Ich will ihn ja auch nicht noch länger sitzen lassen. Schreibst du mir, wenn du daheim bist?" sein Lächeln wird verlegen. „Ja, natürlich. Das mache ich. Viel Spaß euch beiden. Und grüß ihn doch bitte von mir." Manuel lehnte sich vor und hauchte mir einen zarten Kuss auf den Haaransatz.

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Q: Welche Ballsportart gefällt euch am meisten? ⚽️ 🏀 🏈

Man merkt, dass ich keine Ahnung von Handball hab, aber ihr könnt mir das bestimmt verzeihen :)

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This Was Never The Way We PlannedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt