Auch die nächste Woche verging wie im Flug, die Schule brachte ich so gut ich konnte hinter mich und arbeitete zusammen mit Jack am Mittag bei Master. Wir kamen sogar soweit, dass er sich streicheln lies und aus der Hand fraß.
Es war Freitag als Jim, Jimmy, Grams, Jack und ich zusammen am Lagerfeuer saßen. Luca war auf irgendeiner Party und Tom bei seiner Freundin. Aber die vier wollten mich gedanklich auf morgen vorbereiten. Morgen. Morgen war das zusammentreiben der Wildpferde. Cowboy und Cowgirls von überall aus der Gegend würden kommen um sich das Spektakel anzusehen. Herden aus der Gegend würden von nahegelegenen Höfen zusammengetrieben und zur Arena gebracht werden. Zum einen konnte so die offizielle Zählung vollzogen werden, zum anderen würden manche Jährlinge herausgefischt und ausgebildet und verkauft werden. Ebenso, wie es mit Master geplant gewesen war. Am Anfang war ich strikt gegen die Aktion gewesen, aber nachdem Grams mir erklärt hatte, dass nur eine Bestimmte Anzahl an Wildpferden zugelassen war, und die Regierung sie ansonsten schießen würde, fand ich es sogar fast gut.
Wir waren eine der wenigen Ranches die die Erlaubnis hatten, sie zu treiben. Da ich inzwischen noch mal ein wenig öfter mit Verschiedenen der Jungs ausreiten gewesen war, hatten wir uns darauf geeinigt, dass ich nicht Ivy sondern Atlas reiten würde. Ich mochte die kleine braune Stute wirklich sehr, aber der schwarze Wallach war um einiges schneller, wendiger und aufmerksamer was die Hilfen anging.
Zwar hatte mir Jim ebenfalls eingeschärft, dass er auch um einiges wiederwilliger war als Ivy und öfter mal gegen den Plan des Reiters protestierte, aber ich sah darin kein besonders großes Problem. Jacks Blicke hingegen sagten etwas anderes, seit dem Rodeo hatte ich das unausweichliche Gefühl als würde er mich genauso oft anschauen wie ich ihn. Und als wäre ich nicht die einzige, die sich zusammenreißen musste nicht zu schreien, wenn sich unsere Hände oder Beine 'ausversehen' berührten.
Aber nicht nur Jack war mir aufgefallen, auch Jimmy schien anders, wann immer er bei mir oder Jack war und der jeweils andere dazu kam, fing er an zu lächeln und verabschiedete sich schnell. Natürlich konnte ich die Zeichen sehen und lesen, aber etwas in mir hatte noch immer Angst, dass es ein Scherz wie in der dritten Klasse war und sie mich nur bloßstellen wollten.
Noch nicht einmal als ich in meinem Bett lag und versuchte an morgen zu denken, konnte ich aufhören zu lächeln.
Der nächsten Morgen was das Aufregendste was ich her bis jetzt erlebt hatte. Viele Leute aus der Gegend waren gekommen um Jim und uns alles Glück zu wünschen, sogar ein paar Mädchen aus der Schule, die sonst immer sehr desinteressiert wirkten, genau wie der Rest der Klasse, waren gekommen und schienen ziemlich aufgeregt.
„Nervös?" Jack stand direkt hinter mir, dennoch konnte ich den wohligen Geruch seines Duschgels riechen. Es war seltsam, natürlich mochte ich den Geruch von Duschgel, wer mochte ihn schon nicht? Aber sogar, wenn der den ganzen Tag gearbeitet hatte und mich abends zum Abschied umarmte, empfand ich es als wohlriechend. Es roch nach Sicherheit, Geborgenheit und Wärme.
„Ein wenig" sagte ich und drehte mich zu ihm um. Er sah anders aus sonst. An normalen tagen trug er ein einfaches Shirt und schmutzige Jeans, jetzt hingegen hatte er es durch eine gruselig saubere Jeans und ein ordentliches Hemd ersetzt. Erstaunt sah ich ihn an „Himmel! Hätte ich ein Kleid oder so anziehen müssen?", „Warum?" er klang verwirrt, ich musste schmunzeln „Weiß nicht, so siehst so anders aus" er zeigte mir sein breites Strahlen „Besonderer Anlass und so" ich lachte und wir gingen beide mit den Knotenhalftern zur Wiese. Die Pferde wussten das heute etwas anders war, sie konnten die Anspannung in der Luft genau so spüren wie ich, vermutlich sogar mehr.
Weniger später, im Stall, war es ruhiger, hier hörte und sah man die vielen Leute nicht mehr so laut. „Kommen Tom, Jimmy und Luca mit ihren eigenen Pferden?" fragte ich während ich den dicken Sattel auf Atlas Rücken hievte. „Ja, sie kommen pünktlich rüber" antwortete Jack und legte gerade seine Zügel über den Hals seines Pferdes. Wir entschieden uns schon im Stall aufzusteigen, hier waren die Pferde noch ruhiger.
Natürlich war ich Atlas schon ein paar Mal vorher geritten und hatte mich ein wenig an ihn gewöhnt, diese Situation jedoch war so gar nicht seins. Während die meisten Pferde die Jim hier auf der Ranch hatte, erfahrene und entspannte Pferde waren, war Atlas noch relativ jung und viele Menschen und Aufregung nicht gewohnt. Immer wieder deutete der ein Steigen an. Es war nicht hoch, aber das reichte um mir zu zeigen was er wollte, er wollte rennen.
Die Menschen Masse hatte inzwischen eine breite Gasse für uns gebildet und ging vor allem Atlas aus dem Weg. Bevor wir jedoch zu Jimmy, Luca, Tom und Jim konnten, welcher sein Pferd schon seit gefühlten Stunden fertig hatte, hielt mich Grams noch einmal auf.
Atlas tänzelte herum und war nicht still zu bekommen „Pass auf dich auf, meine Kleine, in Ordnung?" ich lächelte „Na klar". Und damit ging es los. Der Weg am Hof vorbei führte direkt in das naturreservat und das war auch der Weg den wir nehmen würden.
Als ich Atlas die Erlaubnis gab, war es, als hätte man einen wütenden Kampfhund von der Leine gelassen. Er preschte los, an den anderen vorbei und in einem Tempo das ich mit einer Hand meinen Hut festhalten musste.
Erst als wir im Reservat ankamen nahm ich ihn zurück und drosselte das Tempo, zum Glück dauerte es nicht lange bis die anderen kamen. „Warum hast du eigentlich das schnelle bekommen?" fragte Jimmy mit einer Mischung aus Belustigung und gespielter Empörung.
Da ich die einzige war, die sich für keinen Pfennig in der Gegend auskannte, musste ich immer wieder schleifen reiten um die anderen nicht zu verlieren. Atlas war bei weitem nicht mehr so schnell wie am Anfang, schien aber einfach im Galopp weiter zu greifen als die anderen.
Wir waren schon gut eine halbe Meile unterwegs und waren inzwischen zu Trab übergegangen als eine weitere Gruppe Cowboy dazu stieß. Vier Männer und eine Frau, es überraschte mich, dass auch an anderen Höfen die Frauen so wenig vertreten waren.
Zuhause hatten wir uns schon in zweier Gruppen geteilt und jeweils pro Paar ein Funkgerät bekommen. Wir machten eine kurze Pause um die Geräte, auch mit denen der neuen, auf eine Funkverbindung zu bringen.
Sie waren ganz einfach dazu da, um im Notfall den anderen Bescheid zu geben, sei es, weil sich jemand verletzt oder sich vielleicht ein Tier von der gruppe entfernt hatte.
„Bereit?" fragte Jim, alle der inzwischen großen Gruppe, alle nickten. „Wir haben hier eine Herde von gut 100 bis 120 Tieren, ok?" erneut nickten alle und es ging weiter. Es dauerte nicht mehr lange bis wir sie erreichten. Und es dauerte noch kürzer bis sie sich im vollen Galopp in Bewegung setzten und etwas außer Kontrolle gerieten.
DU LIEST GERADE
Gonna be a Cowgirl
RomansaGonna be a Cowgirl ist Abigails Geschichte, wie sie nach dem Tod ihres Vaters wieder auf ihre Geburtsranch zurück zieht. Sie kann zwar Reiten und ist Selbstständig, aber die vielen neuen Gesichter und Erfahrungen sind weit über dem, was sie erwartet...