Flash mich nochmal,//Epilog II

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Die Meldung von Felix' Tod hatte mich nicht wirklich überrascht. Trotzdem brach für mich eine Welt zusammen - seit Tagen lag ich nur in meinem Krankenhaus Bett und starrte die kahle Wand an. Ich sagte kein Wort und rührte das Essen kaum an. Das strahlende weiß überall kam mir von Stunde zu Stunde deprimierender vor.

Die Ärzte kamen rein und redeten mit mir, aber ich hörte ihnen nicht zu. Nichts, von dem was sie sagten, kam in meinem Kopf an und ergab irgendeinen Sinn - Felix war nicht mehr bei mir, nichts hatte mehr einen Sinn.

Meine Kräfte schwanden und mein eh schon schwaches Herz fing langsam an zu versagen. Die Zeit arbeitete gegen meinen Körper, aber ich hatte es aufgegeben zu kämpfen.

Die Krankenschwestern tuschelten hinter vorgehaltener Hand und warfen mir immer wieder mitleidige Blicke zu. Ich wusste, dass auch ich bald sterben werde, aber es machte mir keine Angst ich wartete nur noch auf den Tod.

Jedoch hatte ich noch einen letzten Wunsch, bevor ich starb.

Als ich an diesem Morgen aufwachte, sah ich die junge Krankenschwester, die auch bei meinem Abschied von Felix dabei war. Sie hatte mir den Rücken zugedreht und blätterte gerade eine Krankenakte durch, wahrscheinlich meine. Ich räusperte mich, um auf mich aufmerksam zu machen. Sie drehte sich zu mir um und lächelte mich an. "Oh, Herr von der Laden, Sie sind ja wach! Wie geht es Ihnen denn heute?" Ich zuckte nur schwach mit den Schultern und zuppelte weiter an meiner Bettdecke herum.

"Können Sie mir einen Gefallen tun, Frau...?" "Eschersberg. Aber nennen Sie mich einfach Katharina, sonst komme ich mir so alt vor", sagte sie und lachte. Sie hatte ein offenes und mitreißendes Lachen. Ich zwang mir ein Lächeln auf die Lippen, welches aber ziemlich gequält aussah.

"Was kann ich denn für Sie tun?", fragte sie freundlich.

"Ich möchte ein letztes Mal auf die Hohenzollernbrücke." Sie schaute mich mit gerunzelter Stirn an. "Herr von der Laden, ich glaube nicht, dass-" - "Bitte", unterbrach ich sie. "Du kennst doch meine Krankenakte und weißt ebenso gut wie ich, dass ich bald sterben werde." Sie sah mich mit schief gelegtem Kopf nachdenklich an. Dann seufzte sie und klappte die Akte zu. "Ich werde mal sehen was sich machen lässt. Aber ich verspreche Ihnen nichts."

Katharina verließ das Zimmer und schloss leise die Tür hinter sich. Jetzt blieb mir nichts anderes übrig als abzuwarten. Ich schloss meine Augen und schlief ein.

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"Herr von der Laden? Wachen Sie auf." Ich wurde sanft an der Schulter gerüttelt und schlug meine Augenlider auf. Die weißen Wände waren in das rot-gold der untergehenden Abendsonne getaucht. Ich blinzelte verschlafen und sah in das lächelnde Gesicht von Katharina. "Kommen Sie, wir machen einen Ausflug."

Plötzlich hellwach, schaute ich sie ungläubig an. "Wie? Du... Du hast es echt geschafft?" - "Natürlich habe ich das!", verkündete sie strahlend. "Und jetzt kommen Sie, sonst ist es zu spät."

Katharina half mir in meinen Rollstuhl, löste die Bremsen und fuhr mich aus dem Zimmer. Auf den Gängen des Krankenhauses herrschte eine drückende Stille. Ein kleiner Junge kam mir entgegen. Er hatte einen Schlauch in der Nase und zog einen Wagen mit einer Sauerstoff Flasche hinter sich her. Seine Augen strahlten vor Lebensfreude. Das Ganze wurde jedoch getrübt durch die Augen seiner Mutter. Sie sah ihn voller Schmerz und Trauer an, als wüsste sie, dass etwas schreckliches passieren würde. Ich wendete den Blick ab, ich konnte so viel Verzweiflung nicht sehen, es erinnerte mich zu sehr an Felix.

Katharina schob mich aus der elektrischen Schiebetür zu einem Großraum Auto. Vor dem Auto stand schon ein junger Krankenpfleger. Als er uns bemerkte, sah er von seinem Handy auf und strahlte Katharina an. "Hey Kathi, wo soll's denn hin gehen?" - "Hey, Tom! Wir wollen zur Hohenzollernbrücke, kannst du uns fahren?" - "Na klar!"

Katharina half mir in's Auto und Tom verstaute meinen Rollstuhl. Tom klemmte sich hinter das Lenkrad und Katharina ließ sich auf den Beifahrer Sitz fallen.

Während der Fahrt flirteten die beiden heftig miteinander. Sie lachten und neckten sich und warfen sich immer wieder diese sehnsüchtigen Blicke zu, wenn sie dachten, dass der Andere es nicht mitbekommen würde. Das erinnerte mich an Felix und mich und das versetzte meinem Herzen einen schmerzhaften Stich. Ich wendete den Blick ab und sah stattdessen aus dem Fenster und beobachtete die vorbeiziehenden Häuser, bis wir an der Brücke angekommen waren.

Katharina half mir in den Rollstuhl. "Und wohin genau wollten Sie jetzt?" - "Wirst du schon sehen wenn wir da sind. Einfach immer geradeaus, ich sag' bescheid."

Wir fuhren an unzähligen Schlössern von längst vergessenen Freunden und Liebespaaren vorbei. Unter uns rauschte der Rhein und neben uns ratterte ein Zug vorbei. Tom und Katharina unterhielten sich leise.

"Hier ist es", sagte ich, als wir an einem Pfeiler ankamen. "Sind Sie sich sicher? Er sieht aus wie jeder andere Pfeiler auch", sagte Tom skeptisch. "Ja, ich bin mir ganz sicher", erwiderte ich. "Könntet ihr beide mich kurz alleine lassen?" Katharina nickte, griff nach Toms Hand und zog ihn hinter sich her.

Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne spendeten gerade genug Licht. Vorsichtig streckte ich meine Hand aus und berührte das alte Schloss. Zeit und Wetter hatten seine Spuren hinterlassen, so dass das einst rote Schloss mittlerweile blass rosa und verrostet war.

Ich fuhr mit meinen Fingern die kaum noch vorhandenen Gravuren nach. Ich musste es nicht sehen, ich wusste, was da stand.

Felix und Alex - und auf der Rückseite ein kleines Herz.

Mit einem Mal schwappte eine Welle der Gefühle über mich her. Seit Felix' Tod hatte ich eine Mauer um mich gebaut, die jetzt gewaltsam eingerissen wurde - Trauer, Schmerz und Verzweiflung fluteten mein Herz.

Eine Träne löste sich aus meinem Augenwinkel. Jetzt konnte ich sie nicht mehr aufhalten und mit einem lauten Schluchzen rannen weitere Tränen meine Wange hinunter. Mein Körper wurde heftig durchgeschüttelt von den vielen Schluchzern.

Nach ein paar Minuten hatte ich mich beruhigt und wischte mir die Tränen weg. Ich drehte mich um und rollte an den Rand der Brücke. Ich stützte meine Arme auf das Geländer und ließ meinen Blick über die Skyline Kölns schweifen - Wie oft hatte ich hier gestanden und nachgedacht? Immer, wenn Felix und ich uns gestritten hatten, kam ich hierher, um meine Gedanken und Gefühle zu ordnen.

Felix...

All unsere Erinnerungen liefen wie ein Film vor meinen Augen ab. Unsere erste gemeinsame Wohnung, unsere Hochzeit und unsere Reisen. Aber auch an unsere Streits dachte ich zurück. Es waren immer nur Streitigkeiten wegen belanglosen Sachen, länger als ein paar Stunden konnten wir eh nie sauer aufeinander sein.

Eine letzte Träne rollte über meine Wange und tropfte auf die Brücke. Ich schloss die Augen und versuchte gegen den Schmerz anzukämpfen.

"Herr von der Laden? Wir müssen los, es wird Zeit." Katharina stand hinter mir, sie und Tom hatten ihre Finger ineinander verschränkt und warteten. Ich nickte nur schwach.

Die Fahrt zum Krankenhaus nahm ich wie durch einen Schleier wahr - der Schmerz hatte meine Sinne und meinen Körper taub gemacht.

Erst, als ich wieder in meinem Zimmer war, in meinem Bett lag und man mich wieder an die Maschinen angeschlossen hatte, registrierte ich meine Umgebung.

"Alexander?" Katharina saß neben meinem Bett und hielt vorsichtig meine Hand. "Ich hoffe, dass du Felix bald wiedersiehst." Mit diesen Worten verließ sie den Raum und schloss die Tür hinter sich.

Es war ganz still im Raum. Das fahle Licht des Mondes fiel durch das Fenster, genau auf meine Bettdecke.

Ja, ich hoffte auch, dass ich Felix bald wiedersehe. Ich lächelte, schloss meine Augen und wurde plötzlich ganz ruhig.

Meine Gedanken schweiften zu Felix. Und mit meinen Gedanken bei ihm tat ich meinen letzten Atemzug.

Das letzte, was ich wahrnahm, war das langgezogene Piepen des EKG.

flash mich//dizziWo Geschichten leben. Entdecke jetzt