Kapitel 2

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Nicht der Wecker war, was die junge Mutter aus dem Schlaf riss, sondern das Trommelfell belastende Weinen ihres Kindes.
„Neuer Tag - Neues Glück, Astrid", sagte sich die junge Mutter verschlafen, als sie sich an den Rand ihres wohlig warmen Bettes setzte und den Wecker frühzeitig ausschaltete. Das Kinderbett stand Odin sei Dank nur wenige Zentimeter neben ihrem Bett. Es stand mit der breiten Seite zur Wand, da das Zimmer nicht besonders groß war und es sich nicht ausging, das Bett mit der Längsseite an die Wand zu stellen. So hatte Astrid immer einen gutes Auge auf ihr Baby. Autumn war normal ein recht ruhiges Kind, aber bei voller Windel und leerem Magen entscheidet sich ihr Goldschatz liebend gern für externe Gewalt. Wenn das Trommelfell danach noch intakt war, konnte man sich glücklich schätzen, dass nur Kopfschmerzen das Endprodukt waren.
Die Windel muss es sein, dachte sich Astrid, als sie die menschliche Sirene aus dem Bettchen hob.

„Mummy ist ja da. Sag Mummy was du hast Spatz", tröstete sie Autumn und streichelte ihr über den Kopf.
Sie ist einundhalb, als ob sie einfach anfängt zu reden und mir ihre Lebensgeschichte erzählt.
Der Weg ins Badezimmer war nicht weit und ehe sich der kleine Schreihals versah, hatte sie auch schon eine frische Windel an.
Ihr Bad war hell, weiß, komplett verfliest und schlicht eingerichtet. Ein Waschbecken, eine Badewanne mit Duschkopf, ein Regal für Hygieneartikel, eine Toilette und ein Waschbecken.
Astrids Trommelfell war für genau 2,5 Sekunden gerettet, ehe es wieder von vorn begann.
Geschwind war der Windelpupser vom Wickelbrett in die umsorgenden Arme der Mutter gehoben worden. Die Wickelmatte blieb am Boden liegen.
Der Magen, war ihr nächster Gedanke. Kaum war sie aus dem Badezimmer draußen, stand sie auch schon in der Küche. Ihre Küchenausstattung beschränkte sich auf vier dunkelbraune Küchenzeilen, inklusive Spüle, einen Minikühlschrank und einen Ofen mit Induktionsfeld.
Für dieses Muss hatte sie lange gespart.
Die Essecke befand sich im selben Raum. Unmittelbar zwischen Wohnzimmer und Küche. Sie war zur Grenze zwischen ihnen geworden. Ein viereckiger schwarzer Tisch für zwei und zwei Stühle - einer davon war ein Kinderstuhl.
Und in genau diesen setzte Astrid Autumn.
In der Mitte des Esstischs stand eine kleine Plastikpflanze
Das Wohnzimmer. Einen Fernseher hatte Astrid nicht, aber der war ihr nicht wichtig.
Wo andere Menschen normal ihr Sofa stehen hatten, befanden sich bei ihr zwei Sofasessel und davor ein kleiner Couchtisch. Den hatte sie von einer alten Freundin und die Sessel waren von einem Flohmarkt.
Autumn's Spielecke befand sich gegenüber der Sessel. Eine Auswahl an Spielsachen vom Flohmarkt und aus dem Spielwarenladen.
,,So, da hast du etwas ganz leckeres, mein Schatz", sagte Astrid lächelnd und stellte ihr ihr Lieblingsfrühstück vor die Nase: Waldbeerbrei und Frischkäsebrot.
Das Essen wurde akzeptiert und mit Mamas helfender Hand genüsslich verzehrt. Ein Moment des Triumphs für die zwanzigjährige Jungmama.
„Schau Mäuschen, da werden sich deine vier Zähne aber freuen", alberte Astrid herum, als sie Autumn das nächste Stück Vollkornbrot hinhielt, damit sie abbeißen konnte.
„Ma-ma, Mam-aa!", kicherte die kleine Maus und Astrid musste sich eine Träne verkneifen.
„Wie groß du schon geworden bist." Ihre Augen strahlten förmlich. Sie erinnerte sich noch daran, wie winzig klein Autumn war nachdem sie auf der Welt angekommen war.
Ihr rotbrauner Haarflaum, die niedliche Stupsnase, ihre blauen Augen, die sich innerhalb ihres ersten Lebensjahres Smaragdgrün gefärbt haben - all das hatte sie von ihrem Vater, diesem Bastard.
Astrid erinnerte sich grob an sein Gesicht, denn der Abend zwischen ihr und ihm hatte ohne Alkohol begonnen. Geendet hatte er mit ungeschütztem Sex in der Herrentoilette des Clubs in dem sie damals war, einem Alkoholspiegel von vermutlichen 2 Promille und einer Menge Leidenschaft. Wie oft sie es getan hatten, wusste sie nicht mehr, aber danach hatte sie ihn nicht wiedergesehen.
Sie war in einen anderen Bezirk der Stadt gezogen, um dem ganzen etwas zu entkommen. Das Geld für die Wohnung war ihr erspartes fürs College. Ihre Eltern hatten ihr im Kindergartenalter ein Konto extra dafür angelegt und sie hatte gekämpft um an dieses Geld zu kommen.
Ob er auch so ein Leben führte wie sie? Vermutlich nicht. Erinnert er sich an die Nacht die sie miteinander verbracht haben? Was dabei entstanden- davon konnte er nichts wissen.
Er hätte sich so oder so nicht um sie oder das Kind geschert. Vermutlich.

The really normal shit - Hiccstrid:*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt