Kapitel 8

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Sie hatte ihre Maske vergessen, aber darauf gab sie gerade einen feuchten Dreck.
Er stand vor der Bühne und hielt Autumn am hinteren Kragen ihres blauen Nachthemd fest, wie ein Hund sein Junges durch die Gegend trug. Sie strampelte und schrie verängstigt.
Geflüster war im Raum zu hören. Sachen wie: Was macht der da mit dem Kind? Seit wann sind Kinder in einem Lokal wie diesem erlaubt? Ist das ihr Kind? Wie unverantwortlich! Ihr sollte das Kind weggenommen werden.

Es ließ sie gewiss nicht kalt, aber ihre Aufmerksamkeit galt mehr ihrer verängstigten Tochter und ihrem Chef.

,,Ich schwöre bei allem was ich besitze, Lorenz, wenn du ihr was tust, reiß ich dir das Toupet vom Kopf und füttere dich damit!", zischte Astrid verärgert. Sie schäumte regelrecht vor Wut, versuchte aber zum Wohle ihres Kindes die Nerven zu bewahren. Mit geballten Fäusten stapfte die junge Mutter auf ihren Chef zu.
Wenn Blicke töten könnten, dann wäre er schon tot umgefallen.
Um ihn herum war alles frei, denn anscheinend wollte sich niemand mit ihm anlegen - dass er einem hilflosen Kind weh tat, interessierte anscheinend Keinen.
Das hier war ein Duell zwischen ihm und ihr, dass machten ihr alle klar.
,,Egozentrische Säcke", murrte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
Sie konnte Layla und Mira unmittelbar neben sich sehen, aber selbst sie wussten nicht, was sie tun sollten.
,,Sei vorsichtig Astrid. Der Sack ist locker fünfzig Kilo schwerer als du", wies Layla sie hin. Astrid antwortete nicht - so war ihr klar, dass sie nicht viel Chance gegen einen Fettwanzt wie ihn hatte. Sie wollte nur ihr Baby wieder und dann nach Hause gehen.

,,Wir geben dir Rückendeckung wenn du uns brauchst", sagte Mira entschlossen und stellte sich hin, wie der größte Preisboxer aller Zeiten. Fast hätte Astrid zu lachen begonnen, aber sie konnte sich noch einreißen. Die Situation in diesem Augenblick war ernst.
Ihr Chef höhnte.
,,Hah! Ich hätte mich mit meiner Begleitung hier fast auf sie raufgesetzt, als wir es in eurer Umkleide treiben wollten. Wie oft soll ich dir noch sagen, dass Babys hier nicht erlaubt sind!? Mir Schnuppe, ob du keinen Babysitter hast, lass das Gör zuhause. Hättest dich mal nicht von so einem Idioten bei einer Party flachlegen und schwängern lassen sollen!"
Stille.
Das hatte er nicht gesagt oder?
Sie zwang sich mit aller Macht nicht zu Hicks hinüber zu sehen und griff nach ihrer Tochter. Er drehte sich von ihr weg. Er ärgerte sie.
Was soll der Blödsinn?!

,,Noch bin ich nicht fertig mit dir, Astrid!", keifte er und sie biss sich auf die Lippen. Sie konnte seine Fahne riechen. Er war definitiv angetrunken.

,,Aber ich mit dir! Ich kündige!", schrie sie ihm ins Gesicht. Seine Augen wurden größer. Die Überraschung stand ihm definitiv ins Gesicht geschrieben.
Ihr Kiefer schmerzte vom zusammenpressen der Zähne. Sie war noch nie so wütend und nervös zu gleich gewesen.
Allein, dass er es gewagt hatte ihr Kind so anzupacken, hätte ihm einen schmerzvollen Tod einbringen sollen, aber sie wollte noch länger an Autumns Seite sein.
Sein geschockter Gesichtsausdruck wandelte sich wieder in wütend um und auf einmal packte er Astrids Arm.

Jetzt kann ich ihm die Augen ausstechen!

,,Du kannst nicht kündigen! Ich feuere dich nämlich. So sieht es aus. Undankbare Hu*e!"
Das tat weh.
Ein Blick auf Autumn und die junge Mutter stand kurz vor dem Tränenmeer, dass sie versuchte zu unterdrücken. Sie war furchtbar wütend und ihr Kampfgeist war noch lange nicht verflogen, aber ihr Kind in so einer Lage zu sehen, tat ihr weh.
Ihr Gesicht war bereits knallrot vom vielen Weinen und ihre Augen Tränenüberströmt. Ihr klebte der Rotz an der Nase und ihr bitteres Weinen hörte sich bereits rauer an. Ihr muss der Hals schon weh tun. Er hänselte sie und ihre Tochter ohne Grund, und das noch vor allen Leuten.
Warum half ihr niemand?
Sie standen alle da und verurteilten sie oder beobachteten die Situation, wie Aasgeier, die auf ihre nächste Beute warteten.

,,Ist mir auch recht und jetzt gib mir mein Kind! Nenn mich wie du möchtest, aber wir beide wissen, wer von uns die größere Hu*e ist!", antwortete sie ihm. Eine Hand packte den Arm ihres Chefs, der Astrids Oberarm festhielt. Astrid sah ihn an. Sein Gesichtsausdruck sagte alles, was sie im Moment wissen musste. Er war wütend - vielleicht sogar noch wütender als sie selbst es war. Seine ganze Körperhaltung schrie: Angriff.
Er war bereit auf ihn loszugehen, aber er riss sich zusammen.

,,Was glaubst du machst du da Bursche?! Stellst dich auf die Seite einer Schlam*e?"
Er schüttelte den Kopf.

,,Ich stelle mich auf die Seite einer jungen Mutter und ihrem Kind, welches Sie hier traumatisiert haben." er klang so ruhig und doch zeigte sein Gesichtsausdruck das genaue Gegenteil.
Das war dann wohl die Ruhe vor dem Sturm.
So schnell hatte der angetrunkene Chef gar nicht schauen können, hatte Hicks seinen Arm nach hinten verdreht und somit von Astrids Arm gelöst. Ein Schrei entkam ihm, er ließ das Kind los - doch bevor sie zu fallen begann, hatte Hicks schon reagiert - mit seiner freie Hand den Bauch des Kindes umklammert und sie wie ein Paket, dass er locker mit sich trug festgehalten. Seine andere Hand ließ den Arm von Lorenz los, um das Kind in eine etwas angenehmere Position in seinen Armen zu legen. Es war nur ein kurzer Augenblick in dem sich die Blicke der Beiden trafen. Astrid hätte gern ein Foto davon gehabt.
Kurz danach übergab Hicks das weinende Mädchen ihrer Mutter.
Autumn drückte sich direkt an den Körper ihrer Mutter, als wäre das der letzte Tag, an dems sich die Beiden sahen. Astrid tat es ihr gleich. Lorenz kniete auf dem Boden und hielt sich seinen Arm.
Astrid sah überrascht zu ihm hinab, ehe ihr Blick wieder auf Hicks fiel. Ihr Herz hämmerte wie wild gegen ihren Brustkorb.
,,Ich glaube Sie haben der Dame und auch der Kleinen heute genug zugesetzt. Ich schlage vor, dass Sie es sein lassen und so friedlich wie möglich von Dannen ziehen."
Seine Stimme klang heißer, als ob er so wütend war, dass er die Wörter nicht richtig heraus bekam.
,,Das geht dich nichts an, Muskelprotz. Das ist eine Sache zwischen mir und meiner Stripperin. Wenn ich das so will, dann passiert das auch."
,,Und wovon träumst du Nachts?", mischte sich Mira ein. Layla musste sie zurückhalten, damit sie nicht auf ihren Chef los ging. Er grinste verschmilzt. Astrid hätte sich fast übergeben.
,,Fünf Worte: Massageöl, ihr alle nackt und stöhnend auf meinem Bett." ( wooops, ich glaub da hab ich übertrieben👀)
,,Ist ja ekelhaft", sagte ein Gast empört.
Ach halt dein Maul.

Selbst ihr Lieblingsgast hatte dazu nichts zu sagen.
Sie und ihre Kolleginnen sahen sich angewidert an. Mehr brauchten sie nicht wissen.
Zählen konnte er auch nicht.
War es schon zu spät die Sexualität zu ändern? Wenn nicht, wäre sie jetzt gerne Nonne in einem Kloster.
,,Ihr wolltet es wissen." Lorenz stand mit schmerzerfülltem Gesicht auf. Seine Hand lag auf seinem anderen Unterarm, den ihm Hicks verdreht hatte.
,,Nur damit du es weißt, Layla und ich kündigen ebenfalls.", spuckte sie ihrem ehemaligen Chef ins Gesicht, Wie gern sie ihm tatsächlich ins Gesicht gespuckt hätte, behielt sie für sich.
Layla nickte zustimmend.
Die anderen Tänzerinnen hielten sich zurück.
Lorenz lachte. ,,Soll mir recht sein, aber das war noch nicht das Ende. Ihr kriegt was ihr verdient."

,,Ich glaubte da liegen Sie falsch. Das hier ist das Ende. Ich würde Ihnen empfehlen, keine weitere Straftat zu begehen, denn so wie ich die Situation erfasse, belästigen Sie Ihre Mitarbeiterinnen ohne mit der Wimper zu zucken. Sie haben uns zum Schutz ihrer Tänzerinnen angeheuert. Das beinhaltet auch den Schutz vor Männern wie Ihnen. Jegliche weitere Aktion wird Konsequenzen haben."
Dazu hatte Lorenz nichts zu sagen. Sein Blick viel auf Astrid und die Kleine. Wie gerührt und voller Hoffnung sie ihn ansah.
Er grinste. So war das.

Hicks stellte sich vor die Mädchen um seinen Blick zu blockieren. Seine Hände waren zu Fäusten geballt. Er stand da wie eine Zinnfigur mit wütendem Blick.
Astrid befand sich direkt hinter ihm. War er in Verteidigungsmodus umgesprungen oder wie?

,,Ma-maaa", schluchzte das kleine Mädchen und riss Astrid aus ihren Gedanken. So ablenken sollte sie sich von einem Kerl nicht lassen.

,,Ist schon gut, Autumn. Mama ist ja da", schniefte nun auch Astrid und streichelte ihr kleines Köpfchen. Sie war erleichtert, dass ihr kleiner Sonnenschein unverletzt schien. Zwar verstört für ihr Leben, aber ohne Verletzungen.

,,Gehst du dich bitte umziehen, Astrid? Lass dir ruhig Zeit", bat er sie, nickte den anderen Mädchen zu, und sie sah ihn überrascht an. Ihr Herz schmerzte. Er erinnerte sich.
Sie nickte und ging mit dem Kind im Arm und ihren Kolleginnen in Richtung der Kabine.
Ein markerschütternder Schrei war zu hören. Sie hielt Autumns Ohren so gut zu wie möglich. Hatte er ihm nun etwas getan?

The really normal shit - Hiccstrid:*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt