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 Seit einer gefühlten Ewigkeit saß Mila nun schon in der Bibliothek ihrer Uni und schaute immer wieder abwechselnd durch die Regale und im Internet herum, ob sie nicht irgendwo passendes Material fand, das sie beim Lernen unterstützen konnte. So richtig fündig wurde sie nicht. Die meisten Bücher waren selbstverständlich auf Koreanisch verfasst. Oftmals machte ihr das nichts aus, doch waren wissenschaftliche Texte auch nach Jahren immer noch ein kleines Problemfeld für sie. Erdrückt und müde starrte sie nun wieder auf den Bildschirm ihres Laptops.

In einer Woche standen wieder einmal Prüfungen an. Mila hatte all ihre Unterlagen bereits gesammelt und auch schon ein wenig zusammengefasst. Sie war bereits mittendrin, lernte ganze Textstellen auswendig, baute sich Eselsbrücken und versuchte, sich alles Mögliche in ihr kleines Hirn reinzudrücken. Das hatte bisher immer funktioniert. Nur diesmal sah die Prüfung etwas anders aus. Es gab einen praktischen Teil. Der Professor hatte erklärt, sie müssen irgendetwas entwerfen. Ein Kleidungsstück, ein Konzept, irgendetwas, das den Ansprüchen gerecht wurde.

Zwar sprachen alle in ihrem Umfeld Mila gut zu, sie könne das und sei doch so kreativ, doch zweifelte sie manchmal. Sie konnte sehr gut zeichnen und Ideen hatte sie auch immer, sie hatte nur schon so einiges über den Professor gehört, wenn es um Noten ging. Anders als der Dozent, der einen vor allem aufgrund des Aussehens und der Sympathie mochte, setzte Professor Lee nur ganz auf Leistung. Die anderen hatten Mila erzählt, dass Herr Lee schon des Öfteren jemanden hatte sausen lassen, nur weil die Person „nicht genügend Leidenschaft in ihre Arbeit steckte", so erklärte er es. Und obwohl Mila wirklich für die Mode brannte, war sie sich dennoch unsicher.

Mila blickte auf die Uhr in der rechten Ecke des Bildschirms. Es war Zeit, sich nach Hause zu begeben. Sie packte all ihre Sachen zusammen und verließ die Bibliothek. Kurz bevor sie den Ausgang erreicht hatte, bekam sie einen Anruf. Es war Jenny.

„Hey, Mila, wo bist du gerade?", sie hörte Musik im Hintergrund. Mila ging durch die Tür. „Ich war bis gerade eben noch in der Uni", sie hielt den Hörer näher an ihr Ohr, denn durch den Lärm war Janny schlecht zu verstehen.

„Lea und ich", von hinten schrie Lea hervor, „wir sind gerade in einem Lokal, ganz nah bei der Uni", sie schwieg kurz, „Willst du nicht vorbeikommen?"

Mila dachte nach. Sie nahm einen langen Atemzug und biss sich auf die Lippe. Eigentlich wollte sie nicht. „Tut mir leid, ihr beiden. Ich will nach Hause", Mila klang bedrückt. Warum auch immer.

„Was ist denn los, Süße? Du hörst dich gar nicht glücklich an", die Musik im Hintergrund wurde immer leiser. Anscheinend hatte Jenny den Raum verlassen, um sich besser mit Mila unterhalten zu können.

Mila schüttelte den Kopf. „Nein, ich will einfach nur Heim", sie versuchte, ihr einen positiven Eindruck zu vermitteln, damit Jenny keine Fragen mehr stellte. Das funktionierte leider nicht. „Ich glaub dir das einfach nicht, Mila. Jetzt komm schon. Das Lokal liegt sowieso auf deinem Weg", sie gab Mila keine Zeit, ihr Angebot abzulehnen. „Komm, wir geben dir einen aus. Komm einfach, okay? Wir wollen dich sehen."

Und der Anruf war beendet. Jenny wusste ganz genau, wie sie Mila ein schlechtes Gewissen machen konnte. Sie hatte keine Wahl. Sie kam. Mila schlenderte mit herabhängendem Kopf vom Campus und ging zum besagten Lokal. Jenny und Lea standen bereits draußen und hatten gewartet. Beide hatten eine Zigarette in der Hand und unterbrachen ihr Gespräch, als sie Mila um die Ecke kommen sahen.

„Na siehst du!", Jenny stupste Lea an, „ich hab es dir doch gesagt, dass sie kommt." Mila konnte nur lächeln, als sich die zwei erneut neckten. „Und, war doch wirklich auf dem Weg, oder Mila?", Jenny sah sie erwartungsvoll an. Sie nickte. „Ja, das war es."

Als beide zu Ende geraucht hatten, sich alle in das Lokal begaben, Mila zu Essen und Trinken gebracht wurde und die Stimmung recht heiter schien, beugten sich beide Freundinnen vor und sahen Mila etwas besorgt an. „Dir schien es vorher aber nicht wirklich besonders gut zu gehen", Lea griff nach ihrem Arm. „Ist denn alles in Ordnung? Bist du gestresst?"

Gold ain't shinin' // Choi YeonjunWo Geschichten leben. Entdecke jetzt