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Er hatte die Kapuze seines grauen Pullovers über die schwarze Kappe gespannt und ging mit beiden Händen in den Taschen seiner Jeans verstaut im Kreis herum. Sichtlich hatte er sich schon darauf eingestellt, länger auf Mila warten zu müssen, die erstaunlich schnell, nachdem seine Nachricht bei ihr angekommen war, nun mit verschwitztem Gesicht und außer Atem vor ihm stand. Er schenkte ihr zunächst wenig Aufmerksamkeit, da er wirklich nicht erwartet hatte, sie hier schon nach wenigen Minuten anzutreffen, bis sie den Rucksack neben sich warf und sich keuchend mit beiden Armen auf die Knie abstützte.

„Yeonjun", immer noch nach Luft schnappend, verharrte sie in dieser Pose, doch blickte zu ihm hinauf. Er schien sichtlich erstaunt, riss die Augen weit auf, als er sie erblickte und nahm sofort die Hände aus der Hosentasche. Anders als Mila erwartet hatte, versuchte er nicht, ihr ein bisschen zu helfen, ihr vielleicht anzubieten, sich auf die nächstgelegene Bank zu setzten, sodass sie sich erholen konnte, sondern er ging mit schnellen Schritten auf sie zu, breitete die Arme aus und umarmte sie. Zunächst war Mila noch sehr überfordert, gar geschockt und versuchte, ihm nicht lautstark ins Ohr zu pusten, doch merkte sie schnell, was eigentlich vor sich ging.

Yeonjun weinte. „Danke, dass du gekommen bist, Mila", sagte er in leisem Schluchzen. Mila, die mittlerweile fast wieder normal atmen konnte, trat näher und legte auch ihre Arme um ihn. Für sie war es kaum so intensiv oder emotional, aber Mila erkannte schnell, wie wichtig eine solche Geste für ihn in diesem Moment war. Und auch, wenn ihr tausende Fragen auf der Seele brannten, bei denen sie schon auf dem Weg zum Park über deren Formulierung nachgedacht hatte, war sie in diesem Augenblick einfach nur bei ihm. Immer lauter wurde sein Weinen und sie spürte, wie sich sein Körper bewegte.

Nachdem sich seine Emotionen etwas beruhigt hatten, trat er einen Schritt zurück, nahm Mila bei den Schultern und sah sie an. Mila blickte auf ein nasses Gesicht. Seine Augen waren feuerrot und seine Lippen zitterten. Als Mila in anlächelte und ihm mit einem einfachen Nicken klarmachte, dass alles in Ordnung sei, brach er erneut in Tränen aus und zog sie fest an sich. „Ich weiß nicht, wie mir ist, Mila. Ich brauche dich so sehr", sie streichelte seinen Rücken. Er schluchzte. Auch Mila schloss die Augen für einen kurzen Moment und drückte ihren Kopf näher an den seinen. Beinahe, so dachte sie, konnte sie den Stein in ihm hören, der ihm gerade vom Herzen fiel. „Alles ist gut, Yeonjun", sagte sie sanft, um ihn zu beruhigen.

Ohne die Umarmung zu lösen, lehnte sich Mila etwas zurück, damit sie ihn sehen konnte. Beide starrten sich an. Sie nahm ihre Hände und führte sie sachte um sein Gesicht durch seine Haare, bevor sie seinen Kopf etwas an sich zog, sodass er sich nach unten beugte und sich ihre Stirnen berührten. Innigst standen sie da. Noch immer floss Yeonjun ab und zu eine kleine Träne über die Backen, doch lachte er durch den Schmerz, weil er sie bei sich hatte. Mila wartete. Sie gab ihm genügend Zeit, sich zu finden und die Gedanken zu sortieren, bis er dann irgendwann zurückwich, seine Arme langsam von ihr löste. Sie schaute ihn mit weit geöffneten Augen an.

„Alles gut?", dabei nickte sie fragend. Yeonjun wischte sich mit dem Handrücken einmal über die Nase. Er grinste auch. „Ja, alles gut", gab er ihr zur Antwort. Mila strich erneut über sein Gesicht und trocknete mit den Ärmeln ihres Shirts seine Tränen. Sie deutete auf die kleine Bank neben ihnen. „Willst du dich setzten?", worauf er sich schweigend auf die Unterlippe biss und zustimmend die Augen schloss.

Beide hatten schon Platz genommen und Mila hielt seine Hand fest in der ihren. Nichtssagend saß sie neben ihm und starrte in die Nacht hinein. Sie musste lange überlegen, welcher Satz nun am besten sei, um das Schweigen zu beenden, doch blieb ihr gar nicht viel Zeit dafür, da Yeonjun einen tiefen Atemzug nahm und die Stille durchbrach.

„Weißt du, ich", er unterbrach sich selbst, schüttelte den Kopf und fing neu an. „Ich musste heute den ganzen Tag an dich denken. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wo ich jetzt wäre, hättest du gesagt, du hättest keine Zeit oder vielleicht sogar keine Lust." Mila musterte ihn seitlich.

Gold ain't shinin' // Choi YeonjunWo Geschichten leben. Entdecke jetzt