Als Krähenlied leise in den Kriegerbau lief, sah sie dass Aststreif bereits in seinem Nest schlief, ihr jedoch einiges an Platz neben sich freigehalten hatte, und vorsichtig kuschelte sie sich dazu. Der Krieger schnurrte im Schlaf und schmiegte sich an sie, Krähenlied schloss die Augen und schlief ein, ihr letzter Gedanke war der WolkenClan.
Der nächste Tag war bereits angebrochen, als Krähenlied allein in ihrem Nest aufwachte. Vielleicht ist Aststreif schon auf Patrouillie. Ihr fiel ein, was Wolkensprung ihr gestern erzählt hatte, und sie sprang auf, plötzlich hellwach und machte sich auf die Suche nach ihrem Bruder. "Pumasprung!" miaute sie, als sie den muskulösen Kater am Lagereingang Wache sitzen sah. Er drehte sich zu ihr um, und sie entdeckte einige Kratzer an seiner Schulter. "Was hast du gemacht?" miaute sie verwundert, und ihr Bruder zuckte zusammen, kurz spiegelte sich Schuldbewusstsein in seinen orangenen Augen. "Muss mich im Schlaf in eine dornige Ranke gerollt haben, ist nicht so schlimm" murmelte er und sah sie an. "Was ist los?" Krähenlied war versucht, weiter nahzubohren, sie wusste genau, dass in der steinigen Höhle, welche den Kriegerbau bildete, keine Dornenranken waren, aber als sie den Blick ihres Bruders bemerkte, entschied sie sich dagegen. Ihr Bruder hatte bestimmt einen guten Grund, etwas für sich zu behalten. "Der WolkenClan! Ich habe mit Wolkensprung geredet, wusstest du, dass sie im WolkenClan war?" maunzte sie aufgeregt, tappte näher an ihn heran und senkte die Stimme, damit sie niemand anders hörte, dann erzählte sie ihrem Wurfbruder alles. "Das klingt großartig! Hast du schon mit Sturmstern darübe geredet? Du solltest es noch einmal versuchen. Mich ignoriert sie, seit ich sie gekratzt habe." Pumasprung sah sie begeistert an. "Es wäre großartig, wenn wir den WolkenClan wiederaufbauen könnten! Ein Clan aus Katzen wie uns!" fuhr ihr Bruder fort. Krähenlied seufzte. "Ich rede erstmal mit Gewitterblitz, mal sehen, was sie davon hält." Pumasprung öffnete sein Maul, als ob er etwas sagen wollte, dann schloss er es jedoch wieder. "Was ist?" fragte sie. "Nichts. Geh zu ihr." Sie zuckte die Schultern und wandte sich ab, lief zum Frischbeutehaufen, wo sie ihre Schwester zusammen mit Beerenkralle sitzen sah, die Schwänze ineinander verschränkt und sich eng an ihn schmiegend. Seltsam. Sie kennt ihn doch kaum. Krähenlied dachte nach, wie wenig sie Beerenkralle doch kannte, da musste es ihrer Schwester ähnlich gehen. Vielleicht versucht sie nur, Freundschaften zu schließen. Sie näherte sich der grauen Kätzin und stupste sie an, ihre Wurfschwester hob den Kopf von Beerenkralles Schulter. "Was ist?" miaute sie, ihr Stimme so gleichgültig und kalt, dass es Krähenlied einen Schauer über den Rücken laufen ließ. "Kann ich dich kurz sprechen?" Gewitterblitz knurrte kurz, Beerenkralle sah Krähenlied mit zusammengekniffenen Augen an. "Du musst nicht, du sagst selbst, dass sie dich stört" miaute er leise in die Richtung von Gewitterblitz, doch Krähenlied hörte es trotzdem, und musste sich bemühen, das Fell angelegt zu lassen. "Bitte, es ist wichtig!" Gewitterblitz erhob sich langsam, und Krähenlied bemerkte, wie flauschig und groß ihr Bauch geworden war. Die Blattfrische tut ihr zu gut, wird sie etwa faul? Träge folgte ihr die Kätzin zu dem Heckenwall, der das Lager umgab und setzte sich. "Was ist?" Krähenlied holte tief Luft und berichtete ihr alles, was sie auch zu Pumasprung gesagt hatte. Als sie fertig war, sah sie Gewitterblitz erwartungsvoll an, doch ihre Schwester erwiderte ihren Blick gelangweilt und unbeeindruckt. "Und jetzt?" "...ist dir der WolkenClan denn nicht wichtig?" miaute Krähenlied verwirrt und zuckte zusammen, als Krallen knapp an ihrem Gesicht vorbeizischten. Die graue Kriegerin war aufgesprungen und fauchte: "Mir ist der mäusehirnige WolkenClan sowas von egal! Ich habe damit nichts zu tun, und will ich auch nicht! Von mir aus kann der ach so tolle SternenClan den WolkenClan verrotten lassen! Es gibt ihn nicht mehr! Lass mich doch einfach in Ruhe! Ich will in Ruhe meine Jungen im WindClan großziehen und mein Leben genießen, ohne mir ständig anhören zu müssen, wie toll du bist!" Krähenlied fühlte sich, als hätte Gewitterblitz ihr mit voller Wucht eine Pfote in den Bauch gerammt. "Junge? Du erwartest Junge? Von wem?" Gewitterblitz grollte tief. "Von Beerenkralle! So eine tolle Schwester bist du, dass du nichtmal merkst, dass wir seit sieben Monden Gefährten sind! Seit sieben Monden, Krähenlied! Du denkst nur an dich und diese flohhirnige Prophezeiung! Du bist nicht besonders! Du bist nur die Katze, die gutgläubig genug ist, dass der SternenClan durch dich seine kleinen Fantasien durchsetzen kann! Lass mich in Ruhe mit dem Blödsinn!" Krähenlieds Schwester wirbelte herum und stolzierte davon, ließ die schwarze Kätzin verwirrt und schockiert zurück. Ihr Herz fühlte sich an, als hätte ihre Wurfschwester ihre Krallen direkt hindurchgebohrt, und sie wimmerte. Das wollte ich nicht! Sie hat Recht, ich habe die ganze Zeit nur an mich gedacht und mich für besser als alle gehalten, nur weil der SternenClan zu mir spricht. Aber ich habe ganz vergessen, dass meine Familie auch Aufmerksamkeit braucht. Sie starrte ihrer Schwester hinterher, die sich wieder neben Beerenkralle gesetzt hatte, welcher sie nun hasserfüllt aus der Ferne anfunkelte. Es tut mir leid. Sie ließ den Kopf hängen und tappte zurück in den Kriegerbau. Ich sollte es lieber ganz sein lassen. Der WolkenClan ist tot, Gewitterblitz hat Recht. Krähenlied ließ sich in ihr Nest fallen, das angenehm nach Aststreif roch und schloss die Augen, ihre Kehle war wie zugeschnürt. Ich bin so ein Fuchsherz.
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WarriorCats - Krähenlieds Weg
FanfictionDie junge Schülerin Krähenpfote wächst gemeinsam mit ihren Geschwistern wohlbehütet im WindClan auf, als Tochter der Anführerin Sturmstern. Nach dem Tod ihres Vaters Windpelz lüftet der SternenClan ein unschönes Familiengeheimnis und lässt sie mit e...