Nachdem sie auf eine Grenzpatroullie kurz vor Sonnenuntergang geschickt worden war, tappte Krähenlied mit hängendem Kopf in den Kriegerbau. Aststreif lag bereits in seinem Nest, und als Krähenlied einen Blick in die Tiefen des wegen der Nachtpatroullien fast leeren Kriegerbaus warf, konnte sie in der hintersten Ecke Gewitterblitz und Beerenkralle erkennen. Ihre Schwester kuschelte sich dicht an ihren Gefährten und schlief seelenruhig, während dieser wach in seinem Nest lag und Krähenlied durch den gesamten Bau hinweg vorwurfsvoll anfunkelte. Sie seufzte und legte sich neben Aststreif, welcher sofort die Augen öffnete. "Was ist?" fragte der Kater bekümmert, und die schwarze Kätzin wimmerte und drückte ihre Schnauze in sein weiches Fell. "Aststreif, bin ich eine schlechte Schwester?" Er zögerte, sie konnte in seinen Augen erkennen, wie zerrissen er war. Schließlich miaute er: "Nimm es mir nicht übel, Krähenlied, aber...ja. Du bist nicht wirklich die beste Schwester oder Gefährtin." Sie schwieg und hob nur den Kopf aus seinem Pelz, sah ihn abwartend an, nicht wirklich wissend, was sie antworten sollte. "Krähenlied" hob der getigerte Kater an "Was ist los? Warum bist du so geheimnistuerisch, warum schottest du dich von allen ab, warum redest du nicht mit mir? Vertraust du mir nicht? Ich bin dein Gefährte, Krähenlied!" maunzte Aststreif energisch und sah sie verwirrt an. "Was verheimlichst du?" miaute er und sah ihr direkt in die Augen. Krähenlied zögerte, und noch als sie das tat, spürte sie, wie er von ihr abrückte, Stück für Stück. Verzweifelt suchte sie nach Worten, nach einer Möglichkeit, wie sie ihm begreiflich machen konnte, dass sie nichts dafür konnte, wie die Dinge gerade waren. Dass ihr alles leidtat. Doch sie wusste nicht, was sie sagen sollte, und schwieg. Aststreif sah zu ihr auf, Trauer in seinem Blick. "Ich verstehe. Aber wenn es so wertvoll ist, dass es dir wichtiger ist als unsere Beziehung, dann tut es mir leid, Krähenlied. Aber dann kann selbst ich dir nicht helfen." Er stand auf und tappte davon, ans andere Ende der Höhle, wo er sich in ein leeres Nest legte und sich zu einem flauschigen, dunklen Fellball zusammenrollte. Krähenlied sah ihm nur hinterher, sie wollte ihm hinterherlaufen, sich entschuldigen, ihm alles erzählen, doch sie hatte keine Kraft dazu. Also blieb sie liegen und starrte an die Steinwand des Kriegerbaus, doch fühlen konnte sie nichts außer Schmerz, furchtbarem, stechendem Schmerz, der ihr das Herz zerriss und sie lähmte. Diese Prophezeiung hat mein Leben zerstört. Der SternenClan hat mein Leben zerstört. Ich werde nie mehr auf den SternenClan hören. Ich habe alles verloren, was mir wichtig war, nur weil der SternenClan glaubte, ich sei besonders. Sie schluckte schwer und dachte an Wurzelstern. Es tut mir leid für dich und deinen Clan. Ich habe versagt, und jetzt habe ich auch noch meine Schwester und meinen Gefährten verloren. Jemand anders wird euch helfen müssen, bevor eure Ahnen verblassen. Ich kann es nicht. Sie schloss die Augen und sank in ein tiefes, schwarzes, traumloses Nichts.
DU LIEST GERADE
WarriorCats - Krähenlieds Weg
FanfictionDie junge Schülerin Krähenpfote wächst gemeinsam mit ihren Geschwistern wohlbehütet im WindClan auf, als Tochter der Anführerin Sturmstern. Nach dem Tod ihres Vaters Windpelz lüftet der SternenClan ein unschönes Familiengeheimnis und lässt sie mit e...