Flügelschläge von Schmetterlingen hallten über die Wiese. Pollen flogen durch die Luft und keine Wolke bewegte sich am Himmel. Es war ein normaler Tag. Ein guter Tag. Ein neunjähriger Junge rannte ausgelassen durch den großen Park.
Sein Name lautete Rin Okumura.
Seine zerzausten Haare glänzten schwarz-blau in der Sonne und ein Blatt hatte sich in ihnen verfangen. Er war glücklich, auch wenn er allein dort war. Sein Vater hatte einen Termin und sein jüngerer Zwillingsbruder war mit gegangen. Er selbst durfte nicht mit. Die restlichen Bewohner des Stiftes, in dem sein Bruder und er seit vielen Jahren lebten, hatten auch keine Zeit gehabt ihn in den Park zu begleiten. Doch bei diesem Wetter wollte er sich nicht über die Ungerechtigkeiten der Welt aufregen, sondern einfach nur diesen Moment genießen. Er lief in einen bewaldeteren Teil des Parks und ließ so die wenigen Menschen hinter sich. Spürte die verachteten Blicke nicht mehr im Rücken. Rin war kein unbeschriebenes Blatt in dieser Gegend und galt allgemein als Schläger. Dabei schlug er die anderen Kinder nicht aus Spaß oder Langeweile, sondern weil sie andauernd Yukio, seinen kleinen Bruder, ärgerten. Doch niemand, außer den Priestern aus dem Stift, hatte ihn je gefragt warum er es tat.
Mittlerweile war Rin von Bäumen umgeben und fühlte sich wie in einem richtigen Wald. Er führte seinen Weg über Stock und Stein weiter und er kam auf eine kleine Lichtung. Es war schön dort. Still. Plötzlich spürte er ein leichtes brennen an seinem rechten Knöchel. Sein Blick zuckte nach unten und er bemerkte einen kleinen Kratzer. Gerade als seine Hand nach unten wanderte, sah er eine Bewegung am Rande seines Sichtfeldes.
Ein Kobold, schoss es ihm durch den Kopf. So ein Wesen hatte er noch nie gesehen. Es war grün und gelb, hatte Hörner, zwei große Arme und eine lange Zunge, die von spitzen Zähnen umgeben waren. Zudem war nicht das einzige neue Wesen auf der Lichtung. Nun standen drei weitere dieser... Wesen dort und mehrere Käfer und Pflanzen die vor einer Minute noch nicht da gewesen waren. Saphirblaue Augen weiteten sich und unweigerlich trat Rin einen Schritt zurück.
„Was denn? Noch nie Hobgoblins gesehen?", hallte eine Stimme durch das Dickicht. Sie klang spottend, fast schon abwertend. Rin drehte sich in alle Richtungen, sah jedoch niemanden. „Nein. Aber man kann alles kennenlernen." Seine Antwort klang neutral, im Nachklang jedoch etwas trotzig. Er wusste ja nicht mal was diese Wesen waren. Ein lachen. Es klang wie eine erstickende Möwe. In diesem Moment raschelten die Äste über ihn und eine Silhouette sprang ihm direkt vor die Füße. „Ach, der Hochmut der Menschen scheitert an einem kleinen Kind." Der junge Mann kicherte wieder. „Hey, ich bin fast zehn und klein schon Mal gar nicht!" Es entstand eine kurze Pause bevor er leiser hinzufügte, „Was bedeutet eigentlich Hochmut?"
Er wurde von seinem Gegenüber einen Augenblick lang angestarrt, bis dieser wieder die Möwe raus ließ. Es brauchte zwei volle Minuten bis sich der komische Typ wieder gefangen hatte. In dieser Zeit brachte Rin wieder einen guten Sicherheitsabstand zwischen sie. Der Mann, Rin schätzte ihn auf Ende zwanzig, sah seltsam aus. Wie ein Menschen, jedoch auch irgendwie nicht. Seine brauen Haare waren durchzogen mit lila Strähnen. Dies lenkte jedoch nur teilweise von den spitzen Ohren und Zähnen ab. Zudem waren dort noch die krallenartigen Fingernägel, die karminroten Augen mit den geschlitzten Pupillen und das Lachen. Mit seinem kindlichen Gedanken achtete Rin nun mal mehr auf solche Dinge.
„Hochmut bedeutet, dass man das, was normal erscheint, mit Verachtung sieht. Es ist ein Grundgebot der Menschen. Eine der sieben Sünden und fast unumgänglich. Doch wie es scheint sind Kinder die Ausnahme dieser Regel." Die Worte des Brünetten waren gut gewählt, obwohl der letzte Satz nur für ihn selbst bestimmt war. „Du bist seltsam.", murmelte Rin. „Was?! Warum?" Diese, in einer kindlich bockige Stimme, gestellte Frage klang etwas surreal aus dem Mund des Mannes. „Als ob du dir das nicht selbst beantworten kannst..."
Gerade als eine hitzige Diskussion auszubrechen drohte, kam eines dieser komischen Wesen Rin zu nahe. Dieser sprang mit einem leises quietschen nach hinten und spieß gegen einen Baum. Der Hobgoblin kam neugierig näher, wurde jedoch kurz vor dem erschrockenen Jungen von dem Braunhaarigen auf den Arm genommen. Dieser streichelte dem kleinen Dämon über den Kopf und flüsterte ihm leise etwas zu, bevor er ihn wieder runter ließ.
Der Hobgoblin sah den schwarzhaarigen Jungen nochmals kurz an, bevor er zu seinen beiden Freunden zurückkehrte. Rin war von diesen Geschöpfen fasziniert. Sie waren so anders als alles was er je gesehen hatte. „Seit wann kannst du sie sehen, kleiner Menschling?", fragte der Fremde und ließ Rin so aus seinen Gedanken schrecken. „Wie meinst du das?" Er war verwirrt und verstand die Frage nicht ganz. „Ich wollte wissen seit wann du Dämonen sehen kannst. Du schienst ziemlich erschrocken."
Dämonen?
„Dämonen existieren nicht! Papa weiß sowas und er hat es mir gesagt." In seiner Stimme schwang Wut und Frustration mit. Er hasste dieses Thema. Nein, er hasst es eher als Dämon angesehen zu werden. Der Mann ging in die Hocke und ließ den Abstand zwischen ihnen bestehen. Er lächelte leicht als er meinte, „Dein Papa ist bestimmt ein schlauer Mann. Normalerweise können Menschen auch keine Dämonen sehen, jedoch gibt es bestimmte Ausnahmen. Wer von einem Dämon verletzt wird, kann sie danach wahrnehmen. Dein Papa weiß wahrscheinlich nichts von unserer Existenz."
„Unserer Existenz?" Die Frage verließ Rins Mund schneller als sein Gehirn alle Informationen aufgenommen hatten. Er hatte sogar vergessen sich über die, seiner Meinung offensichtliche, Lüge aufzuregen. Nur kehrte ein breites Grinsen auf das Gesicht des Braunhaarigen ein. „Soll ich es dir wirklich verraten?" Rin schaute den Mann einen Moment skeptisch an, bevor er sachte nickte.
Ein gefährliches Funkeln trat in die Augen des Mannes. Das, zusammen mit seinen nächsten Worten, brachte Rin dazu sich weit weg zu wünschen.
„Ich bin ein Dämon."
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Broken trust (Blue Exorcist FF)
FanfictionKinder sehen die Welt anders als Erwachsene. So auch Rin Okumura. Ein neunjähriger, neugieriger Junge ohne eine Ahnung von der weiten, und vor allem gefährlichen, Welt. Was passiert also wenn er die Lüge seiner Existenz erfährt und jede Person in se...