Heiligkreuzakademie oder persönlicher Albtraum?

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Rin dachte seine erste Begegnung mit dem Clown sei schlimm gewesen, doch dass er bei der zweiten fast von dessen Limousine überfahren wurde, machte seinen schlechten ersten Eindruck noch düsterer. Und als Yukio noch hinzukam und der Clown -Rin weigerte sich den falschen Namen des Lilahaarigen anzuerkennen- ihm mitteilte wo es hinging, hätte er sich am liebsten mit Absicht auf die Straße gelegt. Wo war ein Auto wenn man es mal brauchte?!

„Warum werden an der Heiligkreuzakademie Exorzisten ausgebildet? Das ist doch eine Schule für normale Menschen, wenn mich nicht alles täuscht", herrschte der verwirrte Halbdämon das Ehrenmitglied des Ritterordens an. „Aber, aber mein Lieber. Ich bin neben meinen Tätigkeiten in der Ritterschaft auch der Direktor dieses heiligen Ortes. Du wirst übrigens auch den normalen Unterricht absolvieren, während du den Exorzistenunterricht besuchen wirst."

Rin bemerkte wie sich seine Lippe einen Augenblick lang vor unterdrückter Wut kräuselte. Schnell fasste er sich wieder und hob unbeeindruckt seine Augenbrauen. „Ich bin nicht sicher, ob ich dem Niveau dieser Schule gewachsen bin." Und noch während er es aussprach, bemerkte er seinen Fehler. „Nii-san! Du hast hervorragende Noten und viele Schulen wollten dir ein Stipendium geben. Du kannst das sicher", mischte sich Yukio sogleich ein und warf dem Schwarzhaarigen einen kurzen Blick zu. Oh, der werte Herr sprach wieder mit ihm?

Toll...

„Ja, ähm. Das war auch ganz nett, aber..." Er unterbrach sich selbst, um nochmals durchzuatmen. Er hatte keine gute Ausrede parat und selbst wenn, der Clown würde diese bestimmt nicht durchgehen lassen. „Wollen wir dann ~", schnurrte der Dämon. Es klang wie eine Frage, war jedoch eine eiserne Feststellung der man sich nicht wiedersetzen sollte. Innerlich schnaubend stieg er in den pinken Wagen und rutschte bis nach hinten durch, um etwas Abstand zwischen sich und die anderen Insassen zu bringen. Natürlich verstanden diese den Wink nicht und setzen sich neben ihn oder gegenüber.

Die Fahrt verging schnell, doch Rin wäre am liebsten nie angekommen. Nicht wegen seiner Begleitung. Definitiv nicht wegen ihnen! Die Brillenschlange schwieg die gesamte Zeit und der Direktor kaute ihnen ein Ohr ab. Aber je näher er dieser Schule kam, umso mehr nahm das schlechte Gefühl zu, welches schon seit Beginn der Fahrt in seinem Bauch rumorte.

Das Gebäude, oder eher das Schloss, war riesig und viel zu prunkvoll für eine normale Schule. Man sah förmlich, dass hier nur privilegierte reiche Kinder oder Stipendiaten hinkamen. Und es stank Rin gewaltig, nun dort hin zu müssen.

„Sind die anderen Exorzisten in Ausbildung auch im normalen Unterricht dabei?", unterbrach er den Clown und ignorierte sein unhöfliches Verhalten einfach. Dieser schien auch eher perplex als wütend zu sein, da dies das erste Mal war das Rin gesprochen hatte, seit er in den Wagen gestiegen war. „Nun, ja. Die diesjährigen Exwire, werden auch am regulären Unterricht teilnehmen. Sogar in eurem Jahrgang."

Rin nickte und schwieg bis sie ankamen. Es interessierte ihn nicht sonderlich in welche Klasse er eingeteilt werden würde oder ob die Exorzistenschüler auch dort waren. Er würde schließlich nicht lange bleiben. Hoffentlich.

Die nächsten Stunden verschwammen fast vor seinem inneren Auge. Es war, als wäre sein Leben zu einem Film geworden und jemand hätte kurzzeitig die Vorspultaste auf voller Leistung gedrückt. Als sie ankamen musste er sich in eine der hochwertigen Schuluniformen zwängen und dann bei der Einführungsrede dabei sein. Es überraschte ihn wenig, dass Yukio die Begrüßungsrede der Erstklässler hielt und danach von Mädchen umschwärmt wurde.

Später wurde er von dem Clown über das halbe Schulgelände gezerrt -welches nicht gerade klein war(!)- und ihm wurde ein Portalschlüssel ausgehändigt. Dieser würde ihn, egal wo er sich gerade befand, zum Klassenzimmer der Exorzisten bringen. Heute durfte er jedoch ausnahmsweise schwänzen und musste erst am Folgetag an dem ab-normalen Unterricht teilnehmen.

Auch erfuhr er, dass die Exwires als Nachhilfeklasse deklariert worden war und sich keiner der anderen Schüler in die unteren Stockwerke verirrte. Am Ende des spannendes Rundganges, Rin fragte sich inzwischen ob der Clown eine STUMM-Taste hatte, ging es in sein neues Zuhause. Es war ein altes Wohnheim, welches er sich nun zusammen mit Yukio teilen würde.

Als der Direktor ging, sah der Schwarzhaarige skeptisch zu dem Gebäude hinauf. Es war weit weg von den restlichen Wohnheimen der Schüler und Rin war froh darum. Er wollte sich momentan mit niemandem auseinandersetzen. Er hörte Yukio irgendwo in dem großen Komplex und spürte die Präsenz eines weiteren Dämons. Als er an der Küche vorbeikam wusste er instinktiv, dass es sich um einen Küchendämon niedriger Ordnung handelte. Ein Ukobach.

Der Halbdämon seufzte. Er würde morgen mit dem Küchendämon sprechen und ihn fragen, ob er die Küche mit nutzen könnte. Sein Meister hatte ihm einmal erklärt, dass diese Art von Dämon schnell beleidigt oder gar wütend werden konnte, wenn man einfach in ihr Territorium eindrang. Etwas was er gerne vermeiden würde, auch wenn er das Kochen liebte und gern fortführen wollte.

Er lief die kahlen Flure entlang und fragte sich ob es verdächtig wäre, wenn er sich einfach in einem anderen Zimmer einnisten würde. Vermutlich schon, da sie sich seither immer einen Raum zum Schlafen geteilt hatten.

Ein paar Tage. Solange musste er noch durchhalten! Er kam vor seinem neuen Zimmer an und zögerte kurz, bevor er durchatmete und mit einer überraschten Mimik eintrat. Schließlich würde er ohne seine verschärften Sinne nicht mit Yukio auf der anderen Seite der Tür rechnen. Dieser lächelte ihn an und begrüßte ihn freundlich. Rin spiegelte sein Verhalten und nutze seine nicht ausgepackten Sachen als Ausrede, um nicht weiter mit seinem Bruder reden zu müssen.

Die Nacht kam rasch, und verschwand noch schneller als sie gekommen war. Der Schwarzhaarige fühlte sich wie erschlagen. Er konnte nur schlecht bis gar nicht schlafen. Bei jedem Geräusch war er sofort wieder wach und durch die vorhanglosen Fenster schien das Mondlicht fast durchgehend in sein Gesicht. Erst gegen Morgen holte ihn die bleierne Müdigkeit ein und er fiel in einen unruhigen Halbschlaf.

Er ließ Yukio aufstehen, in dem Glauben er würde noch seelenruhig schlafen. Kurz spürte er seinen brennenden, bestimmt enttäuschten Blick im Nacken. Erst als die Tür mit einem klicken im Schloss einrastete, öffnete er seine Augen.

Kristallklare, blaue Seelenspiegel blickten an die kahle Decke. Ohne es zu wollen keimten einen Moment Schuldgefühle in seinem Inneren auf, die jedoch genauso schnell verschwanden wie sie gekommen waren. Sie logen ihn an und er sie, diesen Kreis würden sie wahrscheinlich nie wieder durchbrechen können. Und Rin wusste genau, dass er noch längst nicht alles über seinen Bruder, Shiro, seine restliche dämonische Verwandtschaft und die Exorzisten wusste.

Ob er es wirklich wissen wollte, war allerdings eine ganz andere Frage.

Und diese würde er sich noch früh genug stellen müssen.

Broken trust (Blue Exorcist FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt