Kapitel 4

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Der Krieg zwischen den Atlantern und den Griechen war lang, hart und blutig gewesen.

Beide Seiten hatten unzählige Verluste erlitten. Der Boden war völlig mit Blut bedeckt, und zwar so viel davon, dass überall wo ich hintrat, ein ekelhaftes, glitschiges Geräusch entstand. Schmerzensschreie ertönten und Väter weinten um ihre gefallenen Söhne. Aus den Dörfern kamen die Schreie der Frauen, die wir überfallen und überrannt hatten. Junge Mädchen kreischten und schluchzten, während sie brutal vergewaltigt wurden.

"Xenon", sagte eine strenge Stimme. Verwirrt drehte ich mich zu meinem zweitältesten Bruder, Zelus, um. Er war unglaublich groß, mit schulterlangem, dunkelbraunem, welligem Haar und durchdringenden weißen Augen, die so stark mit Kajal umrandet waren, dass er fast wie sein heiliges Tier, der Lemur, aussah. Seine mit Blut bespritzte goldene Rüstung klirrte, als er zu mir kam und innehielt, um das Schlachtfeld mit einem finsteren Blick abzusuchen, bevor er mir seine behandschuhte Hand entgegenstreckte. Ich nahm sie und er half mir auf die Beine.

"Bruder, wie hoch ist die Zahl der Opfer?", fragte ich ihn und fürchtete mich sogleich vor der Antwort. Zelus fixierte mich mit einem grimmigen Blick.

"Ich habe fast zweihundert Seelen gesammelt", informierte er düster, "nur von unserer Seite. Die feindlichen gefallenen Seelen werden von ihrem Todesgott Thanatos aufgesammelt. Er hat mir berichtet, dass ihre Opferzahl doppelt so hoch ist." Als Gott des Todes war es Zelus Job, die Seelen unserer gefallenen Männer einzusammeln. Mir drehte sich der Magen, dass so viele ums Leben gekommen waren, auch aufseiten der Griechen.

"Und Vinion? Wo ist sie?", wollte ich wissen. Vinion war unsere jüngere Schwester, die Khalierin der Schlacht. Sie hatte sich eifrig dem Heer angeschlossen und jeden Griechen niedergemetzelt, der sich auf sie gestürzt hat. Ihre Kampffertigkeiten hatte sie sicherlich von unserem Onkel Zetnos, dem Gott des Krieges, geerbt. Zetnos war bereits weiter vorgedrungen, nachdem er fast hundert Griechen abgeschlachtet hatte. Mir wurde speiübel. Der dicke Geruch von Blut, Schweiß und Elend in der Luft, machte es nicht gerade besser.

"Sie ist weg, um mehr Rekruten anzuheuern", antwortete Zelus, dann hielt er inne, um sich wieder umzusehen, bevor sein Blick meinen begegnete. "Wir können nicht hierbleiben. Es eilt Verstärkung aus dem Osten und der Titan Iapetus führt sie an." Meine Augen funkelten vor Zorn. Iapetus war der griechische Gott gewesen, der eines unserer größten Heere vernichtet und meinen Vater erzürnt hatte. Sie hatten dreihundert Männer ausgelöscht, darunter meine Cousine, Lemosia, die Göttin des Elends. Obwohl wir uns nicht nahestanden, gehörte sie noch immer zur Familie. Dass sie durch die Hand dieses verrückten Gottes gefallen war, machte mich rasend.

"Lass sie kommen", stieß ich wütend hervor, "wir schneiden ihm die Kehle durch und schicken seinen Leichnam zu seiner Frau." Zelus grinste daraufhin, schüttelte aber den Kopf.

"Wir brauchen mehr Männer. Lass uns unser Lager aufschlagen, sobald wir das Dorf geräumt haben. Bist du bereit?"

"Ich werde so tun, als ob."

Wir gingen mit den übrigen Männern ins Dorf und attackierten dort jeden Griechen, der es wagte, sein Versteck zu verlassen, um zu fliehen. Ich packte einen Mann um die Hüfte und schleuderte ihn gegen ein Schwert, sah zu, wie es seine Brust durchbohrte, während er vor Schmerzen wimmerte. Den nächsten packte ich an der Hüfte und warf ihn über meine Schulter, gegen zwei weitere Soldaten. Tief Luft holend, schwang ich mein Schwert nach vorne und schnitt einen weiteren Mann sauber in zwei Hälften.

Schwer atmend hielt ich an, um mir das Blut aus dem Gesicht zu wischen. Dann vernahm ich Zelus Schrei. Mit gerunzelter Stirn drehte ich mich um, als ich eine Bewegung von der Seite bemerkte. Ein Schatten schoss aus dem Nichts auf mich zu und warf mich zu Boden. Mir entwich hörbar die Luft vor Schreck, weil mich doch tatsächlich jemand angegriffen hatte. Noch viel seltsamer war, dass sich die Präsenz des mich attackierenden Gegners, wie die eines Atlanters anfühlte, ich ihn jedoch nicht erkannte.

Nachspiel [malexmale] (Übersetzung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt