Schnitzeljagd (2/2)

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Sicht von Philipp

Nachdem ich dem schlafenden Thomas die Farbe aus dem Gesicht gewischt hatte, setzte ich mich ans andere Ende des Sofas und las in meinem E- Book. Plötzlich hörte ich neben mir ein stöhnen. Rasch legte ich mein Lesefutter weg und drehte mich um. „Was ist denn los?" fragte ich meinen Freund. Thomas fasste sich an die Stirn und murmelte etwas unverständliches. „Bitte?" fragte ich und stand auf. „Kopfschmerzen." hauchte mein Freund. „Bist du verspannt oder hast du zu wenig getrunken?" fragte ich. „Nein. Habe heute schon mehr getrunken als Gestern und Vorgestern zusammen genommen." sagte Thomas. „Sicher?" „Ja- ha." „Willst du ein Tee?" fragte ich und zeigte in Richtung Küche. „Nein. Nur schlafen. Aber das geht ja nicht mit Kopfschmerzen." Ich seufzte. Eigentlich wollte ich einen Kommentar zu Thomas' Unschlüssigkeit machen, aber ein anderes Gefühl überfiel mich: Sorge. Was wenn diese Farbbombe doch härter gewesen war als zuerst gedacht? Sie hatte meinen Freund ja auch rückwärts auf den Rücken geschleudert. „Seit wann hast du denn Kopfschmerzen?" fragte ich. „Ich bin gerade davon wach geworden." antwortete Thomas. „Wie stark sind sie von 1-10?" „Keine Ahnung. 7-8" murmelte mein Freund und richtete sich etwas auf. „Kannst du mit die Geschichte mit der roten Markierung und der Farbbombe wiederholen?" bat ich. „Wir liefen den Gang entlang, ich sah den 2. Posten und wollte zu ihm rennen. Dabei vergass ich dass dort eine rote Markierung war und schon in nächsten Sekunde knallte etwas gegen meinen Kopf und ich wurde nach hinter gerissen. Ich spürte wie sich eine Flüssigkeit mit merkwürdiger Konsistenz in meinem Gesicht ausbreitete. Das muss wohl die Farbe gewesen sein." „Würdest du den Schuss der Farbbombe als hart genug bezeichnen, dass er Kopfschmerzen anrichten könnte?" fragte ich und konnte die Sorge in meiner Stimme nicht verstecken. „Ja, ich denke schon." murmelte Thomas. „Ich würde mal abwarten und Tee trinken, im wörtlichen Sinne gemeint. Vielleicht wird's schlimmer, dann gehen wir in die Notaufnahme. Weil damit ist nicht zu spassen. Das weisst du." sagte ich ernst. Mein Freund nickte.

Ich ging in die Küche und begann etwas Wasser im Wasserkocher zu heizen. Nachdem ich einen Teebeutel und eine Tasse aus dem Schrank geholt hatte, starrte ich gelangweilt aus dem Fenster und beobachte ein paar vorbeifahrende Autos. Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, piepste der Wasserkocher und ich bereitete den Tee zu. Inzwischen wurde es langsam dunkel und ich spürte, wie müde ich war. Gähnend brachte ich den Tee zu Thomas und setzte mich an unseren Esstisch. Ich hörte meinen Freund gähnen. „Bist du auch der Meinung dass wir ins Bett gehen sollten?" fragte ich. „Liebend gerne. Ich schlafe sonst noch auf dem Sofa ein." murmelte Thomas.

Wir gingen zu Bett, doch ich fand einfach keinen Schlaf. In mir verbreitete sich ein ungutes Gefühl. Ich konnte nicht wirklich beschreiben. Ausser dass es irgendwie Sorge und Witterung der Gefahr enthielt. Weil ich sowieso nicht schlafen konnte, stand ich auf und ging in den Flur. Mein Gehirn drängte mich dazu, Thomas' Zimmertür zu öffnen. Also tat ich es und erschrak. Mein Freund lag bewusstlos auf dem Boden. Ich stürmte zu ihm. „Kleiner, hörst du mich?" fragte ich voller Panik und meine Hand wanderte mal wieder wie von selber an Thomas' Handgelenk. Erleichtert atmete ich auf als ich einen regelmässigen Puls feststellte und sah, dass sich sein Brustkorb hob und senkte. Sanft rüttelte ich an Thomas' Schultern. „Kleiner? Mach bitte die Augen auf." bat ich. Mein Freund tat es langsam und ich lächelte. „Guten Morgen. Nun ja, eigentlich ist ja nicht morgen, aber egal. Weisst du was passiert ist?" fragte ich. „Wollte ins Bett gehen. Dann wurde alles schwarz." murmelte Thomas. „Ich hole eben mein Handy. Rühr dich bitte nicht." sagte ich und rannte in einem Affenzahn in mein Zimmer und schnappte mir mein Handy vom Nachttisch. Schon im Flur wählte ich den Notruf.
Als ich aufgelegt hatte, kniete ich mich wieder zu Thomas runter. „Kannst du dich auf's Bett setzten?" fragte ich. „Mit etwas Hilfe."antwortete er. Ich half ihm aufzustehen und sich auf die Bettkante zu setzen. „Das hat sicherlich was mit dieser Farbbombe zu tun." sagte ich und wusste nicht ob ich auf diesen Herr Ludwig wütend war. Ich entschied mich dafür, ihn später zu kontaktieren um ihn über die Ausmasse seiner Schnitzeljagd aufzuklären.

Später in der Notaufnahme sass ich im Wartebereich. Dann kam mir plötzlich die Idee, jetzt den Ludwig anzurufen. Ich googelte die Nummer und gab sie ein.

Das Gespräch ( P= Philipp, K = Karsten Ludwig):

P: Gute Nacht Herr Ludwig. Mein Name ist Philipp Stehling. Können sie sich an meinen Freund und mich erinnern? Er wurde von einer ihrer Farbbomben getroffen.

K: Ach so. Sie sind es. Hallo. Was kann ich denn um diese Uhrzeit für sie tun?

P: Wie ich schon erwähnt habe, hat mein Freund heute eine ihrer Farbbomben abbekommen. Ich bitte sie dringlichst diese Farbbomben aus ihrer Schnitzeljagd zu entfernen. Wir sitzen gerade deswegen in der Notaufnahme.

K: Bitte? Das tut mir unglaublich leid. Ich hatte wirklich nicht geahnt, wie gefährlich die Teile sind. Ich werde meine Schnitzeljagd morgen schliessen und erst wieder aufmachen, wenn ich anstatt Farbbomben Federn eingebaut habe, versprochen.

P: Ich wünsche ihnen noch eine gute Nacht. Ich werde auflegen müssen.

K: Ich wünsche ebenfalls noch eine gute Nacht und richten sie ihrem Kumpel eine herzliche Entschuldigung und Gute Besserung von mir aus.

P: Werde ich machen. Gute Nacht.

Ich legte auf. Dann kam mir plötzlich Thomas von einer Krankenschwester begleitet entgegen. „Was ist denn nun?" fragte ich. „Werde ne Nacht bleiben müssen." antwortete mein Freund. Ich erzählte ihm kurz vom Telefonat und richtete ihm die Entschuldigung und den Genesungswunsch vom Ludwig aus.
Als ich später zuhause angekommen war, liess ich mich todmüde in mein Kissen fallen und schlief direkt ein.

Thomas Schmidt und Philipp Stehling StoriesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt