Popcornregen

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Ich saß hier und ließ meine Beine baumeln. Jeden Tag war es das selbe. Jeden Tag saß ich auf der langen Mauer, schlürfte einen Smoothie - manchmal auch ein Eis - und beobachte meinen Freund. Daan hieß er. Er war Holländer (übrigens liebe ich seinen zuckersüßen Akzent!). Von der Nähe war er noch hübscher, als früher von der Wolke. Sorry für das Gesülzte, aber ich war ja schließlich auch nur verliebt.
Wir beobachteten wieder Menschen. Man konnte so viel lernen aus der Haltung, dem Gesichtsausdruck oder der Kleidung. Wir selber waren wohl das perfekte Beispiel für Gelassenheit. Daan in knielangen Jeans und einem süß gestreiften T-Shirt. Ich ganz cool in Shorts und Top. Und mit Sonnenbrille. Es war so heiß, dass man nur mit Eis nicht nachkam.
Insgeheim glaube ich aber, dass es an Daan liegt.
"Josie?", fragte Daan. Ach genau. Einen coolen Namen trug ich auch.
"Jupp."
"Ich liebe dich." Daan küsste mich. Was hatten wir alles schon zusammen geschafft. Selbst Tatja hatte ich etwas verzaubert, damit ich bei Daan wohnen kann.

Der Film im Kino war so langweilig, dass ich irgendwann anfing Daan mit Popcorn zubeschnipsen. Doch seine Rache hatte es in sich; er kitzelte mich durch.
"Schhhhhhhh!", zischte es von vorne.
Hm.
Habt ihr schon mal versucht 'Schhhh' als Frage auszusprechen? 'Schhhh?' klingt genauso wie 'schhh.' Und entweder machst du dann eine bescheuerte Grimasse oder du spuckst dein Gegenüber an.
Ich bevorzuge die Grimasse, aber Daan musste darauf so lachen. Ich weiß nicht weswegen. Weil ich nicht wusste was 'schhhh' bedeutete oder weil ich es nicht schaffte ohne Grimasse deutlich zumachen, dass es eine Frage war.
"Daan?"
"Hm?" Doch bei diesem 'hm' (ein übrigens genauso blödes Wort wie 'schhhh') schlug er den Arm so ungünstig zur Seite, dass der XXL-Popcorneimer kippte. Genau auf meinen Schoß. Aufgepoppter Mais kullerte über meine Beine und machten sie ganz klebrig.
Hundert Punkte! Diesmal für Daan. Ha! Er lernt dazu! Ich war so stolz auf meinen Schützling, doch ungestraft darf er mir nicht davon kommen.
Ich schenkte ihm einen zuckersüßen Blick und bewarf ihn jetzt mit ganzen Händen. Er warf natürlich zurück. Und als wir schließlich viel früher als Filmende Hand in Hand raus gingen, sahen wir aus, als kämen wir aus einem Popcornregen. Die Blicke von all diesen ganzen Niemanden ruhten auf uns. Es war göttlich, ihre Blicke sagten zwar: 'okaaaay, ich will nicht in deren Haut stecken.' Doch in Wirklichkeit wusste ich, dass sie uns beneideten. Wir waren frei. Uns war nichts peinlich. Egal ob es um klebrige Hände, unerwünschte Ärzte, Kuchenpannen oder Marienkäfer ging. Und meine Gefühle schwankten schlagartig von Gelassenheit zu Coolness.
Ja.
Ich ging mit dem hübschesten Jungen der Welt.

ZuckerwattewolkenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt