42 - Windfrische

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Er sah, wie die Augen seiner Freundin zu leuchten begonnen hatten, während sie von einfachen chemischen Vorgängen gesprochen hatte. Ihre Begeisterung dafür war fast greifbar.

Er wollte mehr dazu sagen, doch Annas Handy vibrierte und sie nahm es und meinte: „Du darfst bleiben. Zu Papa musst du auch nicht ziehen. Aber sie will sehen, dass dir die Chance etwas bedeutet, weil du die Lehrstelle bekommst. Sie hat sich für dich verbürgt. Wenn du es verkackst, steht ihr Ruf ebenfalls auf dem Spiel."

Jetzt zuckte Überraschung über Alinas Züge und sie fragte: „Ich hab die Stelle?"

„Hast du. Glückwunsch", sagte Anna und legte das Telefon grinsend weg, weil Alina aufgesprungen war und vor Freude auf und ab hüpfte.

„Ich hab eine Lehrstelle! Ich werde die beste Auszubildende, die Mamas Chefs je gesehen haben! Ich hab mich schon Klos putzen sehen. Im Klowagen auf der Kirmes", quietschte Annas Schwester und seine Freundin nickte.

„Dann mach was draus. Kirmes-Klofrau ist nämlich ein Knochenjob. Keine Drogen", stellte Anna fest und Alina seufzte.

„Du bist echt doof. Ich freu mich und du hältst mir gleich wieder den Anti-Drogen-Vortrag. Hab ich doch gesagt, dass das nur nochmal ein Ausrutscher war", erklärte Lina und setzte sich erneut, um zu schmollen.

Er sah, wie Anna die Augen verdrehte, weil ihre Schwester höchstunwillig dreinsah. Er musste ihr ja Recht geben. Mit Drogen konnte man sich viel verbauen. Davon abgesehen, dass man seinem Körper nichts Gutes dabei tat. Aber er verstand auch Alina. Sie hatte sich gefreut, dass sie die Lehrstelle trotz ihres Misserfolges bekam und diese Freude wurde durch Annas Äußerung getrübt.

„Hey, keine schlechte Stimmung. Du hast einen Ausbildungsplatz", sagte er und Alinas Augen huschten zu ihm, ehe sie nickte und sie ihr Brötchen zerkrümelte.

Wie Anna. Die macht das auch gerade', dachte er automatisch und bemerkte, dass seine Freundin es bereute, ihrer Schwester die Freude verdorben zu haben.

„Wie läuft es sonst so daheim? Mit Hartmut?", fragte seine Liebste und Alina zuckte mit den Schultern.

„Keine Ahnung. Normal halt. Was du wüsstest, wenn du mal zuhause vorbeischauen würdest, statt mich immer nur zu maßregeln", sagte sie bissig und Anna seufzte.

„Ich bin mir nicht sicher, ob ich daheim noch wirklich erwünscht bin. Immerhin hab ich heute zum ersten Mal wieder mit Mama gesprochen. Über dich. Davon abgesehen hat sie mir in dem Jahr, seit sie mich zu Flo abgeschoben hat, lediglich ein paar Nachrichten geschickt. Zu Weihnachten, zum Geburtstag, zum Abi und ach ja – jetzt. Wegen dir. Ansonsten bin ich praktisch nicht mehr existent. Außerdem glaube ich, dass auch Hartmut nicht begeistert wäre, falls ich auftauchen würde. Ich entschuldige mich trotzdem für das ewige Maßregeln. Ist nicht böse gemeint. Was heißt normal?", erkundigte sich Anna und er wusste, worauf sie anspielte.

Anders als die restlichen Anwesenden, die seine Freundin verwirrt ansahen, während Alina seufzte und erklärte: „So wie immer halt. Er macht weiterhin blöde Sprüche und klebt überall seine beschissenen Zettel hin, um mich darauf hinzuweisen, dass ich ‚Dreck' bin. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob er damit mich meint oder das Ding, auf den er das Post-it klebt. Steht ja nur das eine Wort drauf. Woher soll ich das wissen?"

Anna nickte und fragte: „Nur Sprüche, oder?"

Nun zeigte sich auch Verwirrung auf Alinas Gesicht und das irritierte wiederum ihn, als diese nachhakte: „Ja, was sonst? Wieso fragst du mich das jedes Mal, wenn wir uns sehen oder sprechen? Du tust ja gerade so als ... Moment! Ananas? Damals als Hartmut und ich gestritten haben, da, als Flo auch da war, da hast du dich dazwischen geschoben und hast mich nach oben in mein Zimmer geschickt. Ich bin hochgelaufen und hab meine Kopfhörer aufgesetzt und die Musik aufgedreht, weil ich nicht mitbekommen wollte, wie ihr euch streitet. Aber dann hab ich mich entschieden, abzuhauen. Ich kam wieder dazu, als du mit gepackter Tasche vor ihm gestanden hast. Du hast ihm gesagt: ‚Wenn ich höre, dass du auch nur einmal Alina anfasst, gilt mein Versprechen'. Ich dachte, du sprichst von Ohrfeigen. Du hast Schläge gemeint, oder? Sag mir sofort, dass du gemeint hast, er soll mich nicht schlagen!"

Mein Name ist Anna!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt