„Livieee?"
Eigentlich hatte ich bis jetzt gemütlich in meinem Bett gelegen und meine Ohren von „Coldplay" beschallen lassen, aber nein, Pauline musste mir da natürlich einen Strich durch die Rechnung machen.
Genervt setzte ich die Kopfhörer ab.„Oui?"
„Spielst du mit mir Monopoly? Biiiiiiitte!", flehend sah Pauline mich an. Ich hatte zwar wirklich überhaupt keine Lust, mich von einer Sechsjährigen im Monopoly besiegen zu lassen, aber wenn Pauline mich so ansah, konnte ich schlecht nein sagen. Außerdem war heute ein besonderer Tag für sie - ihr erster an der L'école élémentaire.
„Na gut", seufzte ich also, stand auf und ließ mich von meiner kleinen Schwester in ihr Zimmer ziehen, dass sie sich mit ihrem Bruder Luc teilte. Dieser war aber nicht zu sehen.„Luc malt mit Rémi im Garten", erklärte mir Pauline auf meinen Blick hin. Das hätte ich mir denken können. Luc versuchte immer, alle glücklich zu machen und da Rémi ihm oft zu „allein" aussah, verbrachte er oft Zeit mit ihm.
Das Monopoly- Spiel lag schon aufgebaut auf dem Boden, Madame hatte also erwartet, dass ich mit ihr spielte. Das Spiel hatte Pauline zu ihrem fünften Geburtstag bekommen und seit dem versuchte sie unermüdlich Familienmitglieder zu überreden, mit ihr zu spielen.
Leider war meine kleine Schwester in diesem Spiel unbesiegbar geworden, was die Spielbereitschaft minderte, da es immer wieder erniedrigend war, vom jüngsten Familienmitglied besiegt zu werden.Auch heute hatte sich meine acht Jahre jüngere Schwester zu meinem Pech in kürzester Zeit Parkstraße und Schlossallee gekrallt, was mich nach dem zweiten Besuch pleite machte.
„Yay, ich habe gewonnen!", rief sie strahlend jenes aus, das an ihren riesigen Geldvorräten auch deutlich zu erkennen war.
„Hast du wohl", gab ich leicht mürrisch zurück, so schnell ging es normalerweise nicht. „Darf ich jetzt weiter Musik hören?", fragte ich etwas ruppig, was mir nächsten Moment auch schon wieder leid tat, da Pauline jetzt wirklich nichts für mein fehlendes Monopoly Talent konnte.Meine Schwester senkte den Kopf und brachte mir mit einem „Oui, darfst du", sogar aus Schuldbewusstsein meine Kopfhörer und räumte ohne Aufforderung ihr Spiel wieder zusammen, wofür ich sie mit einem Stück Schokolade belohnte.
Doch ich konnte nicht lange in meiner Musik versinken, da meine Mutter nicht viel später nach Hause kam und zum Essen rief.
Also legte ich meine Kopfhörer wieder zur Seite, was tat man nicht alles für die Familie.Unten am Tisch saßen schon Rémi, Luc und Pauline, Yasmine sah ich hinter mir die Treppe herunter kommen.
Maman hatte vegetarische Lasagne gekocht, was nicht nur zu einem verführerischen Duft im ganzen Haus führte, sondern auch eine Rege Diskussion, ob vegetarische Lasagne überhaupt noch Lasagne war, auslöste.„Je le dis, die Zutaten sind zu stark verändert!", beharrte Pauline, bevor Maman eingriff und die Lasagne auf den Tisch stellte.
„Wie war euer erster Schultag? Und hat alles geklappt? Ihr wart ja so lang allein zuhause!", fragte Maman uns strahlend.
Das fragte sie jeden Abend, obwohl die Zeit allein zuhause längst Alltag für uns geworden war, zusätzlich waren Yasmine und ich ja auch schon 14+ und Rémi zumindest elf.Also fingen wir an zu erzählen, Rémi von neuen Bildern, Yasmine von einem Fotografie Projekt und Pauline von ihrem Sieg im Monopoly.
Und obwohl es mich wirklich wenig interessierte was für ein tolles T-Shirt Lucˋs bester Freund heute getragen hatte und wie viele von Yasmines Klassenkameraden schon am ersten Tag krank gewesen waren, überkam mich doch ein Gefühl der Wärme, wenn ich meine Familie hier versammelt sah.
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Lavendelträume
Teen FictionWer entscheidet eigentlich, wer cool ist und wer nicht? Wer entscheidet, wer beliebt ist? Und wer ist so tief gefallen, dass er sich davon beeinflussen lässt? In der Schule haben Claire und Livie nichts miteinander zu tun, sie leben aneinander vorbe...