10 | Claire

68 22 7
                                    

Nie wieder

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Nie wieder.
Nie wieder, das hatte ich mir geschworen, würde ich ein alkoholhaltiges Getränk auch nur von der Ferne ansehen.
Der gestrige Abend war einfach nur schrecklich gewesen. Zum Glück hatte mein Körper wohl noch genug Krisen-Alarm-System übrig, um mich davon abzuhalten, mehr als ein Glas zu trinken, aber das machte den Abend nicht besser.

Auch dieses Glas führte dazu, dass mir schlecht wurde und auch dazu, dass sich in meinem Kopf etwas verschob. Ich hätte mich nicht direkt als betrunken beschrieben, aber es hatte sich unangenehm angefühlt, als hätte mein Gehirn beschlossen, fröhlich dabei zuzusehen, wie alles ein bisschen aus den Fugen geriet.

Aber das war nicht das schlimmste.
Das schlimmste war die Atmosphäre.
Desirée, die Jungs, die ich nicht kannte, die betrunkenen Personen.
Der Geruch nach Erbrochenen.
Es war so unerklärlich unangenehm gewesen, am liebsten wäre ich gegangen.
Aber wer war ich denn, dass ich nicht dabei blieb, wenn meine Freundinnen Spaß hatten?

Der nächste Tag hatte alles etwas besser gemacht.
Schule hatte mir nie besonders gut gefallen, aber jetzt war sie eine gute Ablenkung gewesen.
Und gerade hatte ich Gesangsunterricht gehabt, das hatte mir richtig gute Laune gemacht.

Obwohl die Gesangsstunde nun nach hinten verlegt worden war und einem den Abend nun ziemlich versaute, war die Zeit gemeinsam mit Rose und meiner Lehrerin doch immer schön.
Endlich mal etwas, dass gut lief.

Summend lief ich die Straße entlang, bis ich unser Haus erreichte. Im Takt meiner Melodie trampelte ich das Treppenhaus hinauf, sperrte die Tür auf und trällerte in die Wohnung: „Bin wieder da!"
„Wie schön, Claire!", ich erkannte die Stimme, der blonden Frau, die auf mich zukam sofort.
Marie.

Hinter der Frau tauchte mein Vater auf.
Mit einem schiefen Grinsen auf dem Gesicht, irgendwie glücklicher als sonst.
Glücklicher als als er nur mich gehabt hatte.
War ihm Marie schon so wichtig?

Mein Vater machte eine einladende Geste.
„Magst du... nicht mit uns... essen?
Ich wollte dir Marie schon lange vorstellen."
Marie kam mit ausgebreiteten Armen auf mich zu.

Ich bekam Würgreize.

„Ne sorry, eures Pseudo-schöne-Familie-Spiel könnt ihr gerne ohne mich spielen."
Ich knallte die Tür zu und rannte die Treppe herunter.
Die traurigen Rufe meines Vaters hörte ich nicht.

Ich keuchte, als ich unten auf der Straße ankam und Tränen liefen mir über das Gesicht.
Was jetzt?
Da ich nicht wie letzten Abend in einer grässlichen Bar landen wollte, verließ ich die Stadt so schnell wie möglich.

Je näher ich dem Stadtrand kam, desto dunkler wurde es auf den Straßen.
Die Straßenlaternen wurden weniger, die Häuser schöner.
Von hier war es nicht mehr weit bis zu dem Ort, den mein Körper ganz allein gefunden hatte.

Ich blickte an den geschmückten Hausfassaden hoch und fragte mich unwillkürlich ob Livie hier wohnte.
Hatte ihre Familie so viel Geld?
Hatte sie Geschwister?
Warum wusste ich so wenig über sie?
Und warum wollte ich so viel wissen?

Das Lavendelfeld war stockdunkel und jagte mir sofort einen kleinen Schauer über den Rücken.
Und hier wollte ich schlafen?
Ich schüttelte über mich selbst den Kopf.
Aber besser als zuhause.

Schnell lief ich durch das Lavendelfeld und auf den großen Baum zu, der einsam die Mitte des Feldes zierte.
Ich wusste nicht wieso, aber unterbewusst war dieser zu meinem Lieblingsort auf dem Feld geworden und wenn ich irgendwo schlief, dann hier.

Viel hatte ich nicht mitgenommen, innerlich verfluchte ich mich für meinen überstürzten Aufbruch.
Aber jetzt würde ich nicht mehr zurückkommen. Dafür war ich zu stolz.

Ich schob improvisatorisch ein paar Zweige und Blätter zusammen, um ein Kissen zu erhalten.
Es war ein Blätter-Zweige-Haufen.
Trotzdem legte ich mich vorsichtig darauf ab und deckte mich mit meiner Strickjacke zu.

Zum Glück wurde es um diese Jahreszeit nicht sehr kalt nachts.
Ich blickte über das Feld. Ein bisschen gruselig war es schon.
Aber ich war vierzehn.
Entschlossen wand ich meinen Kopf dem Sternenhimmel zu.

Die Nacht war ganz klar und über meinemKopf funkelte der Himmel nur so von Sternen.
Ein Grinsen zierte mein Gesicht und eine kindliche Aufregung erfüllte mich.
Schlafen unterm Sternenhimmel war doch immer wunderschön.

Ich blickte wieder hinauf ins Himmelszelt, das von den vielen Sternen fast einzubrechen drohte.
Die Milchstraße konnte ich erkennen und auch den großen Wagen sah ich.
Ob Livie wohl mehr Sternzeichen kannte?

Ich hatte mir nie Gedanken über das Weltall gemacht. Es war halt da, aber ich lebte hier und jetzt, auf diesem Planeten.
Und wenn ich genauer über das nachdachte, was uns unser Physiklehrer erzählte. wurde mir bloß schwindelig von der Unendlichkeit des Universums.

Aber jetzt, wo ich in den Himmel hinaufblickte, kam mir das alles doch faszinierend vor.
Ob Livie wohl mehr darüber wusste?
Ob sie wohl auch gerade den Sternenhimmel betrachtete?
Wie es wohl wäre, wenn sie jetzt neben mir läge?

Warum, verdammt nochmal, dachte ich darüber nach?

Warum, verdammt nochmal, dachte ich darüber nach?

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.
LavendelträumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt