Kapitel 5:

12 1 0
                                    

Nach dem Essen räumte ich mein Geschirr in die Spülmaschine und lief so schnell ich konnte aus dem Haus.
Ich schlug den Weg zu den Koppeln ein und scannte die Umgebung.
Ab und zu begrüßte ich die Pferde, wenn sie neugierig zu mir an den Zaun kamen, aber ich hielt nicht an bevor ich mein Ziel erreichte.
Eine weitläufige Anlage, die in der Mitte einen kleinen Sandplatz hatte, auf der eine große Buche stand die Schatten bot.
Um den Platz herum war Gras, auf dem eine kleine Herde stand und graste.
Etwas abseits konnte ich Mariscal entdecken.
Ich kletterte unter dem Holzzaun hindurch, der wie alle Zäune auf Sandringham weiß lackiert war und ging auf die kleine Gruppe zu.
Einige hoben neugierig den Kopf und sahen mich aus Ihren dunklen Augen freundlich an, doch keiner von Ihnen ließ sich von mir stören.
Ich kraulte ein paar von Ihnen am Rücken und ging weiter zu Mariscal, der dösend im Schatten der Buche stand.
Ich pfiff leise und sofort stellten sich seine Ohren auf und drehten sich in meine Richtung.
Bevor ich mich versah, sprang er mit einem Ruck nach vorne und gallopierte auf mich zu.
Ich grinste breit und blieb stehen, nur wenige Zentimeter von mir entfernt hielt er an und streckte seinen Kopf nach unten.
Er prustete mir ins Gesicht und schüttelte sich einmal, bevor er im Kreis um mich herumtrabte und den Kopf zur Seite warf.
"Na, hast du mich vermisst?" Lachte ich und es war eher eine Feststellung, als eine Frage.
Er blieb stehen und scharrte mit dem Vorderhuf in der Erde, bevor er sich auf der Hinterhand umdrehte und einen freudigen Bocksprung in die Luft machte.
Nur wenige Meter entfernt wirbelte er abermals herum und stampfte mit dem Huf auf.
Er hielt den Kopf hoch erhoben und sah mich aus seinen braunen Augen erwartungsvoll an.
"Willst du spielen?" Fragte ich Ihn und er schüttelte sich einmal wie zur Antwort. Ich grinste und sprang nach hinten.
Er folgte mir auf der Stelle und ich drehte mich um.
Sobald ich mich bewegte, bewegte er sich auch. Wir waren wie ein Spiegelbild.
So ging das einige Zeit, bis ich mich schließlich erschöpft auf den Boden fallen ließ und mich der Länge nach hinlegte.
"Ich kann nicht mehr!" Keuchte ich außer Atem zu Mariscal und bedeutete Ihm, sich neben mich zu legen.
Ohne zu zögern ließ er sich neben mich auf den Boden sinken und ich lehnte mich an Ihn.
Während ich Ihn kraulte schloss ich die Augen und lauschte auf die Geräusche um uns herum.
Das zwitschern und flattern der Vögel, das Rauschen in der Buche vom Wind, das Schnauben und Scharren der anderen Pferde, das leise stampfen von sich nähernden Hufen...
Ich riss die Augen auf.
Über mir sah ich den Kopf eines eleganten, weißen Tinkas.
Ich zuckte zusammen und er legte die Ohren an und schrak zurück.
Ich stand langsam auf und musterte Ihn. Er war komplett schneeweiß, nur der Bauch war schwarz und wie ich nun erkennen konnte hatte er auch einen schwarzen Fleck am Hals.
Seine hellblauen, beinahe grauen Augen blickten mich misstrauisch an und ich setzte mich wieder hin.
Ein Zeichen von mir genügte und Mariscal stand augenblicklich auf und trabte zu den anderen, die Ihn freudig empfangen.
So saß ich eine Weile da und wartete, bis der Tinker von selbst zu mir kam.
Aber er stand nur wie erstarrt da.
Eine Minute, zwei, irgendwann hörte ich auf zu zählen und schloss die Augen.
Nach einer ganzen Weile, hörte ich wie er langsam zu mir kam und die Nüstern in meine Richtung streckte.
Ich öffnete die Augen und streckte ganz langsam, um Ihn nicht zu erschrecken die Hand nach vorne.
Er zuckte mit den Ohren und meine Hand schwebte nur wenige Zentimeter vor Ihm in der Luft.
Er beäugte sie misstrauisch und überlegte, ob es sich lohnte sie zu berühren.
Schließlich kam er noch ein paar Schritte auf mich zu und berührte letztendlich doch noch meine Hand.
Ich begann Ihn am Kopf zu streicheln und er schnaubte genüsslich.
"Hey! Was soll das?" Schrie jemand und ich zuckte zusammen, im nächsten Moment jagte der Tinka über die Koppel hinweg und ich stand auf.
Ich wirbelte herum und sah, wie ein Junge nicht viel älter als ich über den Zaun kletterte und direkt auf mich zukam.

SandringhamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt