"Professor Snape, kann ich kurz mit Ihnen reden?"
Etwas überrascht drehte ich mich in meiner allsonntäglichen Patrouille durch die Gänge Hogwarts' um. Hinter mir stand eine scheinbar aufgeregte Schülerin der siebten Klasse. Sie hieß, soweit ich wusste, Jane Adams.
"Meinetwegen", brummte ich wenig begeistert.
"Können Sie vielleicht kurz mitkommen?", bat sie mich.
"Wofür? Wenn Sie mit mir reden wollen, dann bitte hier und jetzt." Ungeduldig versuchte ich sie abzuwimmeln. Was auch immer sie mit mir bequatschen wollte, ich wusste jetzt schon, dass es mich nicht interessieren würde.
"Also genau genommen würde ich Ihnen gerne etwas zeigen, aber dafür müssten Sie mitkommen." Sie war leiser geworden, hatte ihre zögerliche Bestimmtheit in der Stimme verloren und senkte leicht den Blick.
"Fünf Minuten, Adams", willigte ich dann doch ein. Vielleicht war ein kleiner Ausflug mit dieser eigentlich überdurchschnittlich aufgeweckten Schülerin spannender, als überdurchschnittlich doofe Schüler zurecht zu weisen. Sie lächelte kurz, dann drehte sie sich um und ging voran, ich hinterher.
"Worum geht es überhaupt?", versuchte ich wenigstens etwas zu erfahren, doch sie schüttelte nur den Kopf und bog nach rechts ab, um mich dann auf das Klo der maulenden Mürrte zu bringen.
"Wenn es darum geht, dass dieses Geistmädchen wieder das Klo geflutet hat, dann gehen Sie zu Filch, damit habe ich nichts zu tun", seufzte ich genervt. Hielt sie mich etwa für einen Hausmeister?
"Ich weiß. Darum geht es nicht, bitte, kommen Sie mit." Widerwillig folgte ich ihr in das alte Mädchenklo hinein. Der Blick, der sich mir bot, war schwer zu übertreffen. Das Klo hatte sich in eine Art Labor verwandelt. Ein groß Tisch mit ein paar Kesseln und sauberen Arbeitsflächen offenbarte sich mir. An der Wand stand ein Regal gefüllt mit Zaubertrankzutaten.
"Hierhin verschwinden also alle meine Zutaten." Halb sarkastisch, halb belustigt ging ich auf das Regal zu.
"Tut mir leid, Sir, ich hatte eine Idee und wollte sie ausprobieren. Leider war es etwas komplizierter als gedacht, aber ich glaube es hat funktioniert", erwiderte Adams sofort zerknirscht.
"Und was?" Ungeduldig wirbelte ich zu ihr herum. Sie deutete auf einen Kessel voll lila Flüssigkeit. "Muss man Ihnen wirklich alles aus der Nase ziehen? Wovon reden Sie überhaupt?", fuhr ich sie unwirsch an und begutachtete den Trank. Weder kannte ich dieses Gebräu, noch ähnelte es irgendeinem Trank.
Miss Adams, die neben mir stand, griff nach einem Messer, das in der Mitte des Tisches lag. Dann angelte sie nach einer Phiole und stach sich mit dem Messer leicht in den Finger, sodass ein paar Tropfen Blut hervorquollen. Das Blut fing sie mit der Phiole auf. Dann gab sie ein paar Tropfen von dem lila Zeug aus dem Kessel dazu. Kurz passierte nichts, dann vermischte sich beides und die Farbe wechselte kurz zwischen schwarz, blau und dann wieder rot hin und her. Es zischte fast unhörbar und die Flüssigkeit hatte sich beruhigt.
"Gift?", fragte ich überrascht und nahm ihr die Phiole ab, um sie eingehend betrachten zu können.
"Falsch, ein Gegengift", verbesserte sie mich stolz. Es machte Adams sichtlich Spaß, ihren Professor verbessern zu können.
"Adams, entweder Sie sagen etwas oder Sie lassen es ganz bleiben", schnaubte ich und hielt das Blut gegen das Licht.
"Ja, Entschuldigung. Also," Sie griff nach einer weiteren Phiole und stach sich erneut in einen anderen Finger. Während sie das Blut auffing, sagte sie: "Ich wurde von Nagini gebissen. Ihr Gift ist immer noch in meinem Körper. Es verursacht ab und zu Krampfanfälle, Ohnmacht oder schreckliche Schmerzen. Folglich enthält mein Blut Naginis Gift." Sie hob die Phiole mit ihrem frisch abgefüllten Blut hin. "Ich habe mich jahrelang mit Naginis Gift auseinander gesetzt. Dieses Gift greift die Zelle an, dringt in ihren Zellkern vor und verändert ihr Erbgut. Es ist fast wie Krebs, nur dass kein unkontrolliertes Wachstum von neuen Zellen entsteht, sondern dass die Zelle ihr geschädigtes Erbgut weiter in alle anderen Zellen verbreitet. Dabei kann es zu Krampfanfällen, Ohnmacht, Schwindel, Schmerzen und Ähnlichem führen. Um dieses Gift aufzuhalten braucht es also ein Gegengift, welches die Weitergabe an die nächsten Zellen verhindert. Ich habe lange überlegt, wie man das erreichen kann, deshalb musste ich sehr viel ausprobieren und ihre Zutaten stehlen, was mir leid tut. Die letzen Wochen bin ich meinem Ziel näher gekommen." Sie deute auf den Trank. "Es war Glück, dass ich verstand, wie das Gegengift wirkt, doch jetzt konnte ich diesen Trank herstellen. Sobald es mit dem Gift in Berührung kommt, passiert Folgendes: Die mit Gift geschädigten Zellen werden eingeschlossen und von den gesunden abgeschirmt, dadurch kann sich das Gift nicht mehr verteilen. Ich konnte noch nicht viel testen, aber," Sie tropfte wieder ein wenig Gegengift in ihr Blut. "Im Reagenzglas funktioniert es soweit schon ganz gut." Sie endete, indem sie mir die Reaktion im Glas zeigte, wie sie sich beruhigte und schlussendlich normal aussehendes Blut übrig blieb. Sprachlos starrte ich darauf. Es dauerte einige Zeit, bis ich realisierte, was sie geschaffte hatte und was das bedeutete. Immer noch ungläubig nahm ich ihr das behandelte Blut ab und schüttelte es leicht. Jetzt hatte ich zwei Phiolen in der Hand. Ich verglich sie. Beide sahen exakt gleich aus.
"Haben Sie das Ergebnis schon auf restliches Gift getestet?", fragte ich stockend und konnte meinen Blick nicht vom Blut lassen.
"Nein, Sir, ich weiß nicht wie." Fast automatisch griff ich links neben mich. Tatsächlich traf meine Hand einen Kessel. Sie hatte eins zu eins meine Tischordnung übernommen. Fast schon blind konnte ich die nötigen Sachen zusammensammeln. Im Regal fand ich den Rest, mischte alles richtig zusammen und ließ es kurz aufkochen.
"Adams, darf ich fragen, wie viel Gift von Nagini in ihren Körper gelangt ist?", fragte ich sie nebenbei und beendete meine Arbeit. Dann fügte ich beiden Phiolen mit Blut jeweils drei Tropfen meines Trankes hinzu. Anstatt zu antworten entledigte sie sich ihres Umhangs und dem sich darunter befundenen Pullover, sodass sie nur noch in Bluse und Krawatte vor mir stand. Ihr gesamter linker Arm war von Bissspuren und Narben überzogen, die unter ihrer Bluse verschwanden.
"Ungefähr bis hier." Sie zeigte auf ihr Schlüsselbein und knöpfte die ersten drei Knöpfe der Bluse auf. Ich konnte sehen, dass sich die Narben noch ein gutes Stück über ihren Oberkörper zogen und auf Höhe des Schlüsselbeins aufhörten. Ich verglich ihre Narben gedanklich mit meinen. Etwa ähnlich viel Gift müsste in ihren Körper gelangt sein wie bei mir. Ein Aufblitzen der beiden Phiolen vor mir riss meinen Blick von ihr weg. Kritisch betrachtete ich das Gemisch. Es war leicht orange, also waren noch wenige Giftstoffe auffindbar.
"Respekt, viel Gift ist nicht mehr vorhanden."
"Danke." Sie knöpfte ihre Bluse wieder zu und trat neben mich.
"Ich würde meinen Trank gerne weiterentwickeln und testen können", setzte sie zögerlich an.
"Sie wollen also, dass ich Sie unterstütze?" Etwas überheblich sah ich auf sie herab.
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Der etwas andere 𝓛𝓲𝓮𝓫𝓮𝓼𝓽𝓻𝓪𝓷𝓴
FanficNaginis Bisse bereiten Severus Snape, auch nachdem sie aus unerklärlichen Gründen verheilt sind, immer noch Probleme. Das Gift macht jedoch nicht nur ihm zu schaffen. Einer seiner Schülerinnen geht es genauso. Gemeinsam machen sie sich auf die Such...